Getäuscht - Thriller
mich ebenfalls töten? Mach dich nicht lächerlich.«
»Jamie, hör auf!«, sagte sie.
»Hör du damit auf!«
Prudence zielte mit der Pistole auf ihren Mann. »Ich sagte, hör auf.«
Meadows stieß Jonathan zur Seite und griff nach der Waffe. Ein weiterer Schuss löste sich, und Meadows sank auf die Knie. »Prudence...«, sagte er mit zitternder Stimme, ohne vorwurfsvoll zu klingen, als wäre er Opfer eines unerwarteten Unfalls. »Du hast auf mich geschossen.«
»Jamie?«, fragte sie.
Meadows brach zusammen. Aus seinem Mundwinkel rann ein Blutfaden. Jonathan kniete sich neben ihn und drehte ihn auf den Rücken. Zuerst vergewisserte er sich, dass die Atemwege frei waren. Dann öffnete er Meadows' Hemd und sah ein sauberes Einschussloch knapp drei Zentimeter über dem Brustbein, aus dem unaufhörlich Blut sickerte. Falls die Kugel nicht direkt die Herzwand beschädigt hatte, hatte sie zumindest eine Hauptschlagader getroffen. »Hol mir Handtücher«, wies er Prudence an. »Und ruf einen Rettungswagen.«
Prudence starrte fassungslos auf ihren Mann. »Ich habe nicht geschossen«, sagte sie. »Das ist unmöglich.« Sie warf Jonathan einen gehetzten Blick zu. »Tu doch was!«
»Ruf einen Rettungswagen.«
Prudence rannte in die Küche und wählte die Notrufnummer.
Jonathan zog die Decke vom Ottomanen und wischte damit die Blutlache auf. Dann steckte er den Zeigefinger in die Eintrittswunde und tastete nach der beschädigten Arterie.
»Seltsam«, sagte Jamie und versuchte, den Kopf zu heben. »Es tut gar nicht weh. Ich kann überhaupt nichts fühlen. Die Kugel muss das Rückgrat verletzt haben.«
»Es ist eine ziemlich glitschige Angelegenheit«, sagte Jonathan, der sich mit dem Zeigefinger durch die Muskelfasern bis zur Brusthöhle kämpfte. »Versuchen wir's mal auf dieser Seite.«
»Hast du's?«
»Noch nicht ganz.« Jonathan beugte sich tief zu Meadows hinunter und kniff die Augen zusammen. »Halt durch. In ein paar Sekunden hast du's überstanden.«
Plötzlich begann Meadows am ganzen Körper zu zucken. Er bäumte sich auf. Dunkelrotes Arterienblut floss aus seinem Mund. »Jonathan ... hilf mir ...«
»Leg dich hin, Jamie. Wir können es schaffen.« Jonathan legte Meadows behutsam zurück auf den Boden, atmete tief durch und tastete weiter blind nach der beschädigten Arterie.
»Was soll nur aus den Mädchen werden«, flüsterte Meadows. »Sie sind noch so jung.«
»Vergiss die Mädchen. Du musst jetzt an dich selbst denken. Halt durch. Wir bringen dich schnellstmöglich ins Krankenhaus. Hörst du?«
»Ja, aber ...« Meadows' Satz blieb unvollendet.
»Bleib bei mir!« Jonathan tastete mit dem Finger und fühlte einen Blutstrahl. Er zwängte den Finger tiefer und entdeckte endlich die Ursache für die inneren Blutungen. »Ich hab's!«, rief er. »Halt ganz still.«
»Gott sei Dank«, flüsterte Meadows und begegnete Jonathans Blick. »Du bist ein echter Kumpel, Ransom. Es stimmt also.«
»Was?«
»Die magischen Hände. Du hast sie wirklich.« Unvermittelt begann er zu röcheln und sank leblos in sich zusammen.
Jonathan sah, wie die Pupillen seines Freundes sich weiteten und alle Farbe aus seinem Gesicht wich. Er wusste, was diese dramatische Veränderung bedeutete. Schockiert zog er den Finger aus der Wunde und richtete sich auf. Unverwandt starrte er auf die leblose Gestalt vor sich.
Prudence kam ins Wohnzimmer zurück und erstarrte. »Was ist passiert? Wie geht es ihm? Jamie?«
»Er ist tot.«
»Was? Aber der Rettungswagen ist unterwegs. Er soll in drei Minuten hier sein. Jamie darf nicht sterben!« Prudence legte die Waffe auf den Beistelltisch, fiel neben ihrem Mann auf die Knie und legte die Hand auf seine Wange. »Jamie«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Bitte nicht. Du musst nur noch ein klein wenig durchhalten. Der Rettungswagen ist gleich hier. Division wird bestimmt Verständnis dafür haben. Du bist mein Mann. Sie müssen mich verstehen.«
»Es tut mir leid«, sagte Jonathan.
»Das kann nicht sein! Er kann nicht tot sein! Ich wollte nicht ... Es war ein Unfall!«
Totenstille breitete sich im Zimmer aus. Die Luft roch nach Schießpulver.
»Es ist deine Schuld«, sagte Prudence nach einer Weile. Tränen standen in ihren Augen, aber ihre Stimme war vollkommen ausdruckslos. »Du hast ihn getötet. Du und deine Emma.«
»Nein«, sagte Jonathan müde.
Mit einem Satz sprang sie auf und griff nach ihrer Pistole.
Jonathan reagierte instinktiv. Im Lichtschein sah man einen silbernen Blitz;
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