Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Getäuscht - Thriller

Titel: Getäuscht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
dann war ein dumpfer Stoß zu hören, und Prudence schnappte nach Luft. Jonathan nahm die Pistole an sich und trat einen Schritt zurück.
    Prudence starrte entgeistert auf den Brieföffner, den Jonathan ihr durch die Hand gerammt hatte, sodass sie am Tisch festgenagelt war. Kein Laut drang aus ihrem Mund. Ihre Blicke trafen sich. In einiger Entfernung konnten sie die Sirenen des Rettungswagens hören, der rasch näher kam.
    »Jenny«, rief Prudence mit beängstigend ruhiger Stimme nach ihrer ältesten Tochter, die oben schlief. »Wach auf! Hier unten ist ein Einbrecher! Er hat Daddy erschossen.«
    Jonathan stürmte durch die Hintertür aus dem Haus.
    Fünf Minuten später jagte er in Jamie Meadows' Jaguar über die A4 aus London.

28.
 
    Die Telephone Information Unit der Londoner Metropolitan Police, kurz TIU, wurde in Polizeikreisen nur »das Aquarium« genannt. Das Aquarium befand sich in einem Kellergeschoss unterhalb eines Regierungsgebäudes in Whitehall. Das stattliche rote Backsteingebäude vermittelte den Eindruck, als wäre es im siebzehnten Jahrhundert von einem Schüler Inigo Jones' erbaut worden, doch das Aquarium im Kellergeschoss stammte zweifellos aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert. Statt roter Backsteinwände sah man hier nur funkelnden Stahl, und anstelle von Mörtel und Zement fanden sich hier Fiberglaskabel. Über Tausende von Kilometern verliefen die Kabelstränge durch die Wände und unter dem Fußbodenbelag zu den Arbeitsbereichen, die durch Stellwände abgetrennt waren, sowie zu den Untersuchungsräumen und den schalldichten Konferenzzimmern, die sich über die Fläche eines Fußballfeldes verteilten. Die Aufgabe der TIU bestand vor allem darin, die Telefonate und E-Mails von mehr als fünftausend als verdächtig eingestuften Privatpersonen zu überwachen.
    Kate Ford eilte über den Gang, der von einem bis zum anderen Ende des Aquariums führte. Eine schalldichte Glasscheibe trennte den Gang vom Arbeitsbereich. Alle zwanzig Meter kam Kate an einer Glastür vorbei, hinter der eine Treppe vom Hochgang zu den Arbeitsräumen hinunterführte. Es war bereits nach 23.00 Uhr, aber im Aquarium herrschte noch immer Hochbetrieb. Im digitalen Zeitalter gab es hier keine Unterscheidung zwischen Tag und Nacht.
    Am dritten Treppenabgang blieb Kate stehen, zog ihre ID-Karte durch das Lesegerät, wartete, bis das grüne Licht aufleuchtete, und drückte den linken Daumen auf den biometrischen Scanner. Paradoxerweise wurden die Sicherheitsüberprüfungen schärfer, sobald man das Gebäude betreten hatte. Kate stieg die Treppe hinunter. Der Arbeitsbereich war so riesig, dass die Flure zwischen den abgetrennten Arbeitsnischen und den Räumen eigene Namen hatten. Kate ging über Flure mit Namen Belgravia und Covent Garden und erreichte schließlich Pimlico.
    Tony Shaffer mit einem Keyboard auf den Knien an seinem Schreibtisch und tippte etwas in seinen Computer. »Oh, hallo«, sagte er, als er Kate bemerkte. »Ich bin gleich fertig.«
    »Beeil dich«, sagte Kate und rollte einen unbenutzten Stuhl zu Shaffers Arbeitsplatz.
    Shaffer war jung, unrasiert und hatte dichtes schwarzes Haar. »Ich habe mich schon um dein Anliegen gekümmert«, sagte er.
    »Hast du irgendwas rausgefunden?«
    »Leider nein.«
    Kate runzelte die Stirn. Nach ihrem Besuch im Dorchester hatte sie Shaffer angerufen und gebeten, die IP-Adresse und den Wohnort jener Frau ausfindig zu machen, die Russell gestern Morgen die Videobotschaft geschickt hatte. »Keine Angaben zu Russells Namen und Adresse?«
    »Doch, das war nicht das Problem«, sagte Shaffer ausweichend, was Kate noch nervöser machte. »Robert Russell war ordnungsgemäß bei der britischen Telekom registriert. Ich habe die Nummern aller Telefon- und Kabelanschlüsse aus seinem Apartment in One Hyde Park. Theoretisch muss ich nur die Anrufe zurückverfolgen, die auf diese Nummern eingegangen sind.«
    »Warum ziehst du dann so ein Gesicht?«
    »Die Informationen über die Anrufe sind gesperrt worden. Ich komme nicht an sie ran.«
    »Das verstehe ich nicht. Ich habe heute Morgen selbst mit Five gesprochen. Sie haben Russells Anschlüsse wochenlang angezapft und besitzen sogar eine Aufzeichnung sämtlicher eingegangenen Anrufe.«
    »Genau da liegt der Hund begraben. Five hat das Telefonnetzwerk aus diesem Teil der Stadt mit einem Spezialfilter versehen. Sie zapfen sozusagen Telekommunikationsverbindungen in Mayfair an, unabhängig davon, ob sie die Genehmigung haben oder nicht. Ihre

Weitere Kostenlose Bücher