Geteilter Tod - Norman, H: Geteilter Tod - Caged
nächsten steht, das ist ja klar.«
»Das ist ja klar«, wiederholte Grace.
Und konnte sich selbst wieder einmal nicht ausstehen.
74
Ludo Birkin war Mitte dreißig, hatte Übergewicht, ein aufgeschwemmtes Gesicht und einen Flaum aus fuchsrotem Haar auf dem Schädel. Er war zuvorkommend und meinte es aller Wahrscheinlichkeit nach gut, hatte den Detectives aber nicht mehr zu bieten als das, was er bereits bei seinem Telefonanruf von sich gegeben hatte.
»Ich bin in dem Moment einfach davon ausgegangen, dass der Fahrer André Duprez war«, erzählte er Sam und Beth in seinem Wohnzimmer, »aber es war dunkel, und ich hatte keinen Grund, genauer hinzuschauen.« Bedauern schwang in seiner Stimme, die wegen einer Mandelentzündung ein wenig krächzte. »Ich nehme aber an, dass es mir aufgefallen wäre, wenn eine Frau am Steuer gesessen hätte. Aber mit völliger Sicherheit ausschließen kann ich es nicht.«
Birkins Wohnung war ähnlich groß wie die von Duprez, aber sein Geschmack - sofern er die Wohnung selbst eingerichtet und dekoriert hatte - wirkte extravaganter wegen der grell bunten Stoffe und der seltsam geformten Sessel, die Sam so unbequem fand, als säße er auf mit Gummi bespanntem Stahl.
»Sie haben gesagt, Sie hätten den Wagen gegen dreiundzwanzig Uhr gesehen«, sagte Sam. »Könnten Sie im Hinblick auf die Zeit etwas genauer sein?«
Birkin sah plötzlich so aus, als wäre ihm unbehaglich zumute. »Wenn ich mir überlege, wie bedeutsam das für Ihre Ermittlungen werden könnte, desto unsicherer bin ich mir.«
»Sie meinen also, es könnte auch früher gewesen sein?«, fragte Beth. »Oder später?«
»Es könnte durchaus ein bisschen später gewesen sein, vielleicht halb zwölf oder so. Wenn ich regelmäßig fernsehen würde, könnte ich mich vielleicht erinnern, ob ich zu der Zeit irgendeinen Film oder die Nachrichten gesehen habe, aber ich schalte das verdammte Ding ja nur selten ein.« Er presste seine Lippen, die in dem runden Gesicht ohnehin schmal wirkten, so fest zusammen, dass sie kaum noch zu sehen waren. »Es tut mir schrecklich leid um den armen André Duprez und seine Freundin.«
»Kannten Sie Elizabeth Price?«, hakte Sam nach.
Birkin schüttelte den Kopf. »Duprez habe ich im Grunde auch nicht gekannt. Man hat sich mal guten Morgen gesagt oder hat sich im Fahrstuhl übers Wetter unterhalten, Sie wissen schon, Smalltalk, mehr aber auch nicht. Ich habe ihn aber einige Male mit Elizabeth gesehen. Sie war eine attraktive Frau.« Er räusperte sich, verfiel dann in Schweigen.
Sam wartete einen Moment.
»Könnte da noch jemand mit ihm im Wagen gewesen sein?«, fragte er dann.
»Das ist auch schwer zu sagen«, erwiderte Birkin. »Ich dachte in dem Moment, dass er - der Fahrer - allein war, aber ich würde keinen Eid darauf leisten, weil es ja dunkel gewesen ist.« Er zuckte mit den Achseln. »Es könnte durchaus sein, dass hinten jemand drinsaß, der sich geduckt hat oder so.«
»War zu dem Zeitpunkt sonst noch irgendjemand da unten?«, fragte Beth.
»Nicht, dass es mir aufgefallen wäre. Die Schranke der Tiefgarage arbeitet über ein Kartensystem, wenn man reinfährt, und geht automatisch auf, wenn man herausfährt. Da ist kein Wächter.«
Und wie sie bereits wussten, auch keine funktionierende Kamera.
Sam holte die Fotos hervor und zeigte sie Birkin.
»Erkennen Sie eine dieser Personen?«
Birkin ließ sich Zeit. »Nein.« Er stutzte. »Wollen Sie wissen, ob einer von denen der Fahrer gewesen sein könnte?«
»Meinen Sie, es könnte einer von denen gewesen sein?«, stellte Sam die Gegenfrage.
»Kann ich nicht sagen. Auch nicht, wie ich nicht mit Sicherheit sagen kann, dass der Mann hinter dem Steuer Duprez war.« Birkin schüttelte den Kopf. »Ich wollte, ich könnte Ihnen mehr helfen.«
Die Detectives bedankten sich und gingen.
Die große Hoffnung, endlich Glück zu haben, war zerbrochen.
»Am Ende hilft es uns vielleicht doch noch irgendwie«, sagte Sam, als sie wieder im Wagen saßen.
»Tja, aber im Moment bringt es uns keinen Schritt weiter, oder doch?«, erkundigte sich Beth.
»Überhaupt nicht«, seufzte Sam.
Es war noch nicht einmal Mittagszeit, und bisher stand nur eines fest:
Die Zeit lief ihnen davon.
75
Grace war im Krankenhaus geblieben, da es ihr überhaupt nicht gefiel, wie Martinez aussah. Ebenso wenig behagte ihr der Ausdruck auf den Gesichtern der beiden Krankenschwestern.
Um kurz nach vierzehn Uhr rief sie Sam auf seinem Mobiltelefon an.
»Ich muss
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