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Geteiltes Geheimnis

Geteiltes Geheimnis

Titel: Geteiltes Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. Marie Adeline
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erneut. »Sie sehen … lindísima in diesem Kleid aus, Señorita Dauphine.«
    Ich schenkte Ernesto ein nervöses Lächeln und blickte zum neonbeleuchteten Eingang des Tangoclubs. Nur sehr wenige Menschen waren in der schmalen, abgeschiedenen Straße an diesem Abend unterwegs. »Sie holen mich dann wieder ab … hinterher?«
    Mit seiner weiß behandschuhten Hand bedeutete er mir weiterzugehen. Alles wird gut. Alles wird gut . Langsam bewegte ich mich auf die traurige Musik zu, die aus dem dunklen Club nach draußen wehte.
    Ein Türsteher mit freundlichem Gesicht, ebenfalls in Handschuhen, öffnete die samtenen Vorhänge, die vor dem Eingang hingen. »Wir haben Sie bereits erwartet, Dauphine.«
    Oh mein Gott . Ich glitt hinein. Mir war schummrig zumute. Ein Dutzend Paare drehte sich um und sah mir entgegen. Als ob sie mich erwartet hätten … Ich wurde um die kleinen Tische herum zu einem Sofa an der hinteren Wand geführt.
    Nachdem ich Platz genommen hatte, stellte eine lebhafte Kellnerin in weißem Tutu und schwarz-weiß-geringelten Strümpfen einen pinkfarbenen Drink vor mich hin. »Wir fangen gleich an«, sagte sie mit leicht französischem Akzent. »Kann ich Ihnen sonst noch etwas bringen?«
    Bevor ich antworten konnte, stimmte eine kleine, schwach beleuchtete Band auf der rechten Seite der Bühne eine Ballade an. Die Musiker trugen Augenbinden, ihre Köpfe nickten im Takt zum Spiel ihrer Instrumente. Warum waren ihre Augen verdeckt? Das Publikum wandte die Aufmerksamkeit der Band und dem einsamen Spot zu, der nun die Bühne erhellte. Ich sank tiefer in meine samtene Couch und hoffte, dass ich mich mit Zusehen würde begnügen können. Ich spürte, wie mein Herz gegen das Mieder schlug, so sehr, dass ich sicher war, auch meine Umgebung könnte es hören. Dann erklang eine leise, heisere Stimme.
    Eine atemberaubende Frau in einem Kleid, das genauso aussah wie meines, nur schwarz, bewegte sich von der Außenseite der Bühne ins Scheinwerferlicht. Ihre Hände umfingen das Mikrofon, ihre Lippen glitzerten rubinrot. Sie sang ein spanisches Lied, und der Text war offensichtlich traurig. Mit geschlossenen Augen erzählte sie, glaube ich, von einem Mädchen, von deren Herzen und ein paar zerbrochenen Träumen. Eines der Paare in der vordersten Reihe stand auf. Sie fielen einander in die Arme und beugten sich tief hinab, um sodann die vertrauten Tangodrehungen vorzunehmen – jeder unterstützte dabei den anderen, ein Bein ragte hervor, trat hierhin und dorthin, kein Licht schien zwischen ihnen hindurch. Eine andere Frau in einem engen blauen Kleid, dessen Beinschlitz bis zur Taille reichte, zog ihren in Smoking gekleideten Partner auf die Tanzfläche. Ihr Tanz entfachte eine Welle der Begeisterung bei den anderen Paaren. Schon bald war die Sängerin von einem Dutzend Körper umgeben, die sich im Kreise zur Musik bewegten. Dann sah sie mich an, richtete ihre Leidenschaft auf … auf mich?
    Im Lied ging es um Vergänglichkeit, um eine Frau, die bedauerte, ihr Leben nicht gelebt zu haben. Oder vielleicht auch nur zur Hälfte gelebt zu haben. Mein Spanisch reichte nicht aus, um es genau zu verstehen.
    Die Sängerin war faszinierend. Ich wand mich auf dem Sofa, war nicht sicher, wie ich ihrem Blick begegnen sollte. Sie schien mich in aller Öffentlichkeit verführen zu wollen. Oder vielleicht war das einfach nur die Natur des Tangos? Ich fühlte mich durch ihre Aufmerksamkeit abwechselnd verzaubert und verlegen. Deshalb war ich erleichtert, als eine sonnengebräunte Hand mir bedeutete, mich zu erheben.»Va a aceptar este paso?«
    Die Hand gehörte einem großen Mann mit kurzen, schwarzen Locken und wunderschönen, schwarzen Augen. Er lächelte und zeigte dabei eine Reihe perfekter, weißer Zähne, die sich deutlich von seiner olivfarbenen, glatten Haut absetzten. Ich hatte das Gefühl, dass meine Knie sich in Pudding verwandeln würden, sobald ich aufstand.
    »Ich fürchte, ich kann nicht tanzen«, sagte ich so bestimmt, aber höflich, wie ich konnte, ohne lauter als die Sängerin zu werden.
    »No importa«, antwortete er immer noch lächelnd und fügte hinzu: »Geben Sie sich mir einfach nur hin, der Rest kommt von selbst. Wir werden schon für Sie sorgen.«
    Wir? Er zog mich auf die Füße, seine breite Brust war überwältigend, das schwarze Hemd spannte über seinem vollkommenen Oberkörper. Die schlanken Tänzerbeine steckten in perfekt sitzenden schwarzen Hosen. Gib dich ihm hin, Dauphine. Hier geht es um

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