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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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anderes.
    »Ich bin siebzig«, sagte er schließlich. »Siebzig Jahre alt und noch gut in Schuss.«
    »Old Will ist kein Horcher«, wisperte Roar.
    »Was du nicht sagst. Hat er dich eben
Hübscher
genannt?«
    Roar nickte, während er weiterkaute. »Kann man es ihm verdenken?«
    Aria ließ ihre Augen über sein ebenmäßiges Gesicht wandern. »Nein, das kann man wirklich nicht«, bestätigte sie, obwohl
hübsch
nicht ganz auf Roars dunklen Typ passte.
    »Du wirst also tätowiert«, bemerkte er schließlich. »Wie wäre es, wenn ich für dich bürge?«
    »Ich dachte, Perry … Peregrine würde das übernehmen.«
    »Perry wird begründen, warum du die Zeichnung bekommst, und die Zeremonie leiten, aber das ist nur ein Teil davon. Der Teil, den nur ein Kriegsherr übernehmen kann.«
    Die stämmige Frau, die Roar gegenübersaß, beugte sich vor. »Jemand mit dem gleichen Sinn wie du muss einen Eid ablegen, dass dein Gehör auch wirklich besonders ausgeprägt ist. Falls du eine Horcherin bist, kann das nur ein anderer Horcher bezeugen.«
    Aria lächelte, als ihr auffiel, wie stark die Frau das Wort
falls
betonte. »Ich
bin
eine Horcherin, also müsste das ein anderer Horcher übernehmen.«
    Die Frau musterte sie aus honigfarbenen Augen. Dann schien sie innerlich einen Entschluss zu fassen, denn ihre zusammengekniffenen Lippen wurden weicher. »Ich bin Molly.«
    »Molly ist unsere Heilerin und Bears Frau«, stellte Roar sie vor. »Allerdings wesentlich entschlossener als der große Mann, stimmt’s, Molly?« Dann wandte er sich wieder Aria zu. »Ich sollte derjenige sein, der für dich bürgt, meinst du nicht? Ich bin perfekt dafür geeignet. Schließlich habe ich dir alles beigebracht.«
    Aria schüttelte den Kopf und versuchte, nicht zu lächeln. Roar war wirklich die perfekte Wahl. Er hatte ihr tatsächlich alles beigebracht, was sie über Geräusche wusste – und über Messer. »Alles außer Bescheidenheit.«
    Er verzog das Gesicht. »Wer braucht die schon?«
    »Ach, ich weiß nicht. Du vielleicht, mein Hübscher.«
    »Blödsinn«, schnaubte Roar und machte sich wieder über seine Schüssel her.
    Aria zwang sich ebenfalls, mit dem Essen fortzufahren. Der Eintopf war eine schmackhafte Kreation aus Gerste und frischem Weißfisch, aber mehr als ein paar Löffel bekam sie nicht hinunter. Die Leute um sie herum tuschelten nicht nur über sie, sondern starrten sie auch an und verfolgten jede ihrer Bewegungen.
    Schließlich legte sie den Löffel weg, streckte die Hand unter den Tisch und tätschelte Fleas Kopf. Der Hund blinzelte zu ihr hinauf und rückte näher. Er hatte einen intelligenten Gesichtsausdruck, den man bei Hunden in den Welten vergeblich suchte. Sie hatte nicht gewusst, dass Tiere eine so ausgeprägte Persönlichkeit besaßen. Das war nur ein weiterer der zahllosen Unterschiede zwischen ihrem alten und ihrem neuen Leben. Sie fragte sich, ob die Tiden Fleas Beispiel folgen und ihre Meinung über sie ebenfalls ändern würden.
    Aria blickte auf, als das Geplapper im Saal plötzlich erstarb. Perry trat durch die Tür, in Begleitung von drei jungen Männern. Zwei von ihnen, groß und blond, ähnelten ihm in ihrer muskulösen Statur – Hyde und Hayden, vermutete Aria. Der Dritte lief ein paar Schritte hinter ihnen und war einen Kopf kleiner. Das musste Straggler sein. Sie alle traten wie Seher auf: Bogen über der Schulter, die Haltung aufrecht, die Augen überall.
    Perry entdeckte Aria sofort. Er nickte kurz – eine unverfängliche Begrüßung unter Verbündeten –, aber diese Geste sorgte dafür, dass ihr der Atem stockte. Sie sehnte sich nach mehr. Dann setzte er sich gemeinsam mit den Brüdern an einen Tisch bei der Tür und verschwand in einem Meer aus Köpfen. Wenige Sekunden später drangen erneut gehässige Stimmen an Arias Ohr.
    »Sie sieht nicht real aus. Ich wette, sie würde nicht mal bluten, wenn man ihr einen Schnitt verpasst.«
    »Wir können’s ja mal versuchen. Nur ein kleiner Kratzer, um herauszufinden, ob es stimmt.«
    Aria folgte der Richtung, aus der die Stimme kam. Brookes blaue Augen schienen sie förmlich zu durchbohren. Aria berührte Roars Handgelenk, dankbar für seine einzigartige Fähigkeit: Er konnte Gedanken durch Berührungen hören. Allerdings hatte diese Eigenschaft sie kaum überrascht, denn das Smarteye, das sie ihr ganzes Leben getragen hatte, funktionierte auf ähnliche Weise – man hörte Gedankenmuster durch Körperkontakt.
    Das ist Perrys Mädchen, oder?
, fragte sie ihn

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