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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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Natürlich wussten das die Sechs, denn sie wussten fast alles voneinander. Mit vereinten Kräften nahmen sie Twig aufs Korn und frotzelten, nach dem Frosch wäre ein Mädchen wahrscheinlich eine Enttäuschung, aber sie würden ihm auf jeden Fall bei der Suche nach einem Prinzen helfen.
    Perry hörte zu, grinste über ein paar der Sticheleien und war zum ersten Mal seit zwei Tagen fast wieder er selbst. Nach einer Weile wurde es erneut still, bis auf das rhythmische Schnarchen von einigen seiner Männer. Er schaute sich um. Der Regen hatte aufgehört. Manche schliefen, andere atmeten gleichmäßig und waren wachsam. Niemand sprach, dennoch hörte Perry sie ganz deutlich. Er begriff, warum sie ihm auf Schritt und Tritt folgten und warum sie jetzt bei ihm saßen, obwohl sie es nicht mussten.
    Was immer man ihnen in Aussicht gestellt hätte, sie wären nicht gegangen. Sie würden zu ihm stehen.

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Aria
| Kapitel Achtzehn
    »Heute haben wir ein besseres Tempo vorgelegt.« Aria wrang sich das Haar aus und rückte näher ans Feuer. Der Frühling war angebrochen, und mit ihm kamen Tage, an denen es unablässig regnete. Sie hatten das Dorf vor drei Tagen verlassen, und inzwischen war Aria wieder einigermaßen bei Kräften. »Meinst du nicht auch, dass wir Boden gutgemacht haben?«
    Roar lehnte gegen seinen Umhängebeutel, die Füße übereinandergelegt, und wippte mit den Zehen zu einem Rhythmus, den Aria nicht hören konnte. »Ja.«
    »Und wir haben ein schönes Feuer entfacht. Wie gut, dass wir trockenes Holz gefunden haben!«
    Roar warf Aria einen Blick zu und zog eine Augenbraue hoch.
    Aria wurde bewusst, dass sie ihn nicht angeschaut, sondern durch ihn hindurchgesehen hatte.
    »Weißt du, was noch schlimmer ist als eine stumme Aria? Eine Aria, die Small Talk macht.«
    Aria nahm einen Ast und stocherte im Feuer herum. »Ich will dich doch nur verschonen.«
    Sie waren fast den ganzen Tag schweigend gewandert, trotz Roars Versuchen, sich zu unterhalten. Er wollte mit ihr besprechen, wie sie sich verhalten sollten, sobald sie bei den Hörnern ankamen. Wie sollten sie an Informationen über die Blaue Stille gelangen, wie über Livs Rückkehr zu den Tiden verhandeln? Aber Aria hatte nichts besprechen wollen. Sie musste sich darauf konzentrieren, vorwärtszukommen, musste sich antreiben, sobald sie den Drang verspürte, umzukehren. Denn wenn sie erst einmal anfing zu reden, würde sie Roar vermutlich ihr ganzes Herz ausschütten.
    Sie machte sich Sorgen um Talon, und sie vermisste Perry. Weder an der einen noch an der anderen Tatsache ließ sich etwas ändern; sie konnte nur versuchen, so schnell wie möglich zu den Hörnern zu gelangen. Doch nun hatte sie wegen ihres langen Schweigens ein schlechtes Gewissen und versuchte es wiedergutzumachen – wenn auch wenig überzeugend.
    Roar runzelte die Stirn. »Du willst mich
verschonen

    »Ja. Im Augenblick würde ich nämlich nur wirres Zeug reden. Ich bin erschöpft, und trotzdem kann ich kaum still sitzen. Und ich habe das Gefühl, dass wir unbedingt weitermüssen.«
    »Wir können in der Nacht weitergehen«, schlug er vor.
    »Nein. Wir müssen uns ausruhen. Siehst du? Ich rede tatsächlich wirres Zeug.«
    Roar beobachtete sie einen Moment. Dann schaute er nachdenklich in die Äste über ihnen. »Habe ich dir schon erzählt, wie Perry zum ersten Mal Luster probiert hat?«
    »Nein.« Aria hatte den ganzen Winter hindurch Geschichten über Perry, Roar und Liv gehört, aber diese kannte sie noch nicht.
    »Wir drei waren am Strand. Du weißt ja selbst, was Luster mit einem macht. Wie einem dieses Zeug jede Hemmung nimmt. Jedenfalls hat Perry ein bisschen über die Stränge geschlagen. Er beschloss, sich nackt auszuziehen und schwimmen zu gehen. Am helllichten Tag, wohlgemerkt.«
    Aria grinste. »Nein, das glaube ich nicht.«
    »Doch. Während er jauchzend in den Wellen planschte, versteckte Liv seine Kleider und hielt es für einen guten Zeitpunkt, alle Mädchen des Stammes hinunter an den Strand zu holen.«
    Aria lachte. »Roar, die ist ja noch schlimmer als du!«
    »Du meinst, netter.«
    »Mir graut davor, euch beide zusammen zu erleben. Was hat Perry gemacht?«
    »Er ist die Küste entlanggeschwommen, und wir haben ihn erst am nächsten Morgen wiedergesehen.« Roar kratzte sich am Kinn und grinste. »Er erzählte uns, er habe sich mit Seetang bedeckt und sei nachts ins Dorf geschlichen.«
    »Du meinst, er hat einen … einen
Rock aus Seetang
getragen?« Aria lachte.

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