Gevatter Tod
meinst, deshalb die Rippenstöße, das Zwinkern und all die Bemerkungen wie: ›Nun, Sohn, eines Tages wird das alles dir gehören?‹ Ich gebe mir große Mühe, sie zu überhören. Ich möchte noch gar nicht heiraten«, fuhr er fort und verdrängte ein Erinnerungsbild der Prinzessin. »Und dich erst recht nicht. Womit ich dich keineswegs beleidigen will.«
»Ich würde dich nicht einmal heiraten, wenn du der einzige Mann auf der ganzen Scheibenwelt wärst«, erwiderte Ysabell zuckersüß.
Diese Worte verletzten Mort. Es war eine Sache, die feste Absicht zu verkünden, niemanden zu heiraten – und eine ganze andere, nicht geheiratet werden zu wollen.
»Wenigstens sehe ich nicht so aus, als hätte ich jahrelang in einem Kleiderschrank gehockt und von morgens bis abends Pfannkuchen gegessen«, sagte er, als sie auf Tods schwarzen Rasen traten.
»Wenigstens gehe ich so, als gäbe es in meinen Beinen nur jeweils ein Knie«, erwiderte Ysabell.
»Meine Augen sehen nicht wie zwei krikerige Spiegeleier aus.«
Ysabell nickte. »Andererseits… Meine Ohren erwecken nicht den Eindruck, als seien sie an einem abgestorbenen Baum gewachsen. Übrigens: Was bedeutet krikerig?«
»Damit meine ich Eier, wie sie Albert brät.«
»Mit öligem, gallertartigem Eiweiß, in dem klebrige Dinge stecken?«
»Ja.«
»Ein gutes Wort«, sagte Ysabell anerkennend. »Wie dem auch sei: Mein Haar, wenn du gestattest, sieht nicht wie etwas aus, womit man ein Klo reinigt.«
»Mag sein. Dafür weist meins kaum Ähnlichkeit mit einem regennassen Igel auf.«
»Nimm bitte zur Kenntnis, daß meine Brust nicht wie ein Toastständer wirkt, den jemand in eine feuchte Papiertüte gestopft hat.«
Mort warf einen kurzen Blick auf den oberen Abschnitt von Ysabells Kleid. Er enthielt genug Speck, um das Räucherfach in Alberts Speisekammer zu füllen. Wahrscheinlich blieb sogar noch etwas übrig. Der Junge verzichtete auf einen Kommentar.
»Meine Augenbrauen sehen nicht wie zwei kopulierende Seidenraupen aus«, sagte er statt dessen.
»Zugegeben. Aber ich möchte darauf hinweisen, daß meine Beine ein Schwein in einer kleinen Gassen aufhalten könnten.«
»Wie bitte?«
»Sie sind nicht krumm«, erklärte Ysabell.
»Oh.«
Sie schlenderten an den Lilienbeeten vorbei und schwiegen eine Zeitlang, auf stummer Suche nach neuen Metaphern. Schließlich wandte sich Ysabell zu Mort um und streckte die Hand aus. Er ergriff sie dankbar.
»Genug damit?« fragte das Mädchen.
»Ich denke schon.«
»Gut. Ich nehme an, wir sollten wirklich nicht heiraten. Schon aus Rücksicht auf die Kinder.«
Mort nickte.
Sie nahmen auf einer steinernen Bank Platz, die zwischen zwei sorgfältig beschnittenen Hecken stand. In diesem Teil des Gartens hatte Tod einen kleinen Teich angelegt. Gespeist wurde er von eiskaltem Wasser, das ein marmorner Löwe spuckte. Dicke weiße Karpfen lauerten in der Tiefe, tauchten manchmal zwischen den Seerosen auf und sahen sich neugierig um.
»Wir hätten Brotkrumen mitbringen sollen«, sagte Mort galant und wählte damit ein streitsicheres Thema.
»Mein Vater kommt nie hierher«, erwiderte Ysabell und beobachtete die Fische. »Er hat das alles geschaffen, damit ich mich hier zu Hause fühle.«
»Offenbar klappte es nicht ganz, oder?«
»Es ist nicht echt«, stellte das Mädchen fest. »Hier ist nichts echt. Man könnte von einer irrealen Realität sprechen, wenn du verstehst, was ich meine. Oder von einer unwirklichen Wirklichkeit. Weißt du, mein Vater verhält sich gern wie ein Mensch. Derzeit gibt er sich ziemlich große Mühe, wie dir sicher nicht entgangen ist. Ich glaube, du hast erheblichen Einfluß auf ihn. Einmal hat er sogar versucht, das Banjospielen zu erlernen.«
»Ich stelle mir ihn eher an einer Orgel vor.«
»Er kam nicht damit zurecht«, sagte Ysabell. »Er ist einfach nicht kreativ genug. Er kann nichts Neues schaffen.«
»Eben hast du erzählt, er habe den Teich angelegt. Ich vermute, vorher war er nicht da.«
»Es ist nur eine Kopie. Irgendwann hat er irgendwo einen solchen Teich gesehen, und daraufhin erweiterte er seinen Garten.«
Mort rutschte voller Unbehagen hin und her. Ein kleines Insekt kroch ihm am Bein hoch.
»Wie traurig«, sagte er und hoffte, daß sein Tonfall den Umständen einigermaßen gerecht wurde.
»Ja.«
Ysabell griff nach einigen kleinen Steinen und warf sie geistesabwesend ins Wasser.
»Sind meine Augenbrauen wirklich so schlimm?« fragte sie.
»Mhm«, machte Mort. »Ich fürchte,
Weitere Kostenlose Bücher