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Gevatter Tod

Gevatter Tod

Titel: Gevatter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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verschwand unter der Kapuze und kam einige Sekunden später wieder zum Vorschein. Leer.
    NEIN. UND NUN DIE GELBE FLASCHE MIT DEN WESPEN.
    »Frühlingsfrische. Ein Schluck gefällig?«
    JA. ANSCHLIESSEND DIE BLAUE FLASCHE MIT DEN GOLDENEN FLECKEN.
    »Äh, Haumichum?«
    JA. UND DANN DAS ZWEITE REGAL.
    »Welche Flasche hast du im Sinn?«
    ALLE.
    Der Fremde stand völlig gerade, leerte die Gläser mit ihrem Inhalt aus Sirup und verschiedenen Obstteilen wie im Akkord.
    Das ist Stil, dachte der Wirt begeistert. Wenn's so weitergeht, lege ich mir eine rote Jacke zu und stelle kleine Schalen mit Erdnüssen und Essiggurken auf die Theke. Vielleicht hänge ich sogar ein paar Spiegel auf und ersetze das Sägemehl. Er griff nach einem biernassen Lappen und begann gutgelaunt damit, den Tresen zu polieren. Unglücklicherweise verwischte er einige Tropfen Frühlingsfrische, die einen bunten Striemen auf dem Holz bildeten und sich sofort durch den Lack fraßen. Der letzte Stammkunde setzte seinen Hut auf, brummte etwas Unverständliches und ging.
    ICH VERSTEHE DAS NICHT, sagte der Fremde.
    »Bitte?«
    IRGEND ETWAS MÜSSTE DOCH GESCHEHEN, ODER?
    »Wie viele Gläser hast du getrunken?«
    SIEBENUNDVIERZIG.
    »Nun, dann kann praktisch alles passieren«, sagte der Wirt. Er kannte seinen Job und wußte, was von ihm erwartet wurde, wenn jemand allein und spät in der Nacht – beziehungsweise früh am Morgen – trank. Er hob seine Schürze, säuberte damit ein Glas und fragte: »Deine bessere Hälfte hat dich rausgeworfen, stimmt's?«
    WIE MEINST DU DAS?
    »Du ertränkst deinen Kummer, nicht wahr?«
    ICH HABE KEINEN KUMMER.
    »Nein, natürlich nicht. Vergiß meine letzten Worte einfach.« Nachdenklich rieb er das Glas. »Weißt du, manchmal hilft es, mit jemandem zu reden.«
    Der Fremde schwieg einige Sekunden lang und dachte nach. Schließlich erwiderte er: DU MÖCHTEST MIT MIR SPRECHEN?
    »Ja, natürlich. Ich bin ein guter Zuhörer.«
    NOCH NIE HAT JEMAND DEN WUNSCH GEÄUSSERT, SICH MIT MIR ZU UNTERHALTEN.
    »Wie schade.«
    MAN LÄDT MICH AUCH NIE ZU PARTIES EIN.
    »Ts, ts.«
    ALLE HASSEN MICH. ALLE. ICH HABE KEINEN EINZIGEN FREUND.
    »Jeder braucht einen Freund«, sagte der Wirt weise.
    ICH GLAUBE…
    »Ja?«
    ICH GLAUBE, ICH KÖNNTE MICH MIT DER GRÜNEN FLASCHE ANFREUNDEN.
    Der Wirt schob die achteckige Flasche über den Tresen. Tod griff danach und hielt sie über sein Glas. Ölige Flüssigkeit zischte leise.
    DU BETRUNKEN SEI ICH GLAUBST, NICHT WAHR?
    »Ich bediene jeden, der noch auf beiden Beinen stehen kann«, erwiderte der Wirt.
    UND DASCH ISCHT AUCH VÖLLIG RICHTIG. ABER ICH…
    Der Fremde zögerte, während ein rhetorischer Zeigefinger zur Decke deutete.
    WORÜBER SPRACHEN WIR GERADE?
    »Du glaubst, ich nähme an, du seiest betrunken.«
    AH. JA. ABER ICH KANN JEDERZEIT NÜCHTERN WERDEN. DIES ISCHT EIN EXPERIMENT. ICH WÜRDE JETZT GERN NOCH EINMAL MIT DER ORANGEFARBENEN FLASCHE EKSCHPERIMENTIEREN.
    Der Wirt seufzte und sah auf die Uhr. Zweifellos verdiente er eine Menge Geld, zumal der Fremde nicht geneigt zu sein schien, um die Zeche zu feilschen oder das Wechselgeld zu zählen. Andererseits: Es wurde allmählich spät – so spät, daß es früh wurde. Hinzu kam eine seltsame Aura des Unbekannten, die Besorgnis in ihm weckte. Viele seiner Gäste tranken so, als gäbe es kein Morgen, aber jetzt hielt er es zum erstenmal für möglich, daß sie recht hatten.
    ICH MEINE, WASCH HÄLT DIE ZUKUNFT SCHON FÜR MICH BEREIT? HAT SCHIE IRGENDEINE BEDEUTUNG FÜR MICH? WO ISCHT DER SINN DESCH GANZEN?
    »Keine Ahnung, Kumpel. Ich schlage vor, du schläfst ein paar Stunden. Dann fühlst du dich bestimmt besser.«
    ICH SCHOLL SCHLAFEN? OH, ICH SCHLAFE NICHT. ICH KOMME NIE ZUR RUHE. MUSCH DAUERND DIE SCHENSCHE SCHWINGEN.
    »Jeder braucht seinen Schlaf. Selbst ich«, betonte der Wirt.
    ALLE HASSEN MICH, WEISCHT DU.
    »Ja, das hast du schon erwähnt. Übrigens: Es ist schon fast drei.«
    Der Fremde drehte sich um, wankte und starrte durch den leeren Schankraum.
    DIE ANDEREN LEUTE SCHIND GEGANGEN, stellte er fest. WIR BEIDE SCHIND DIE LETZTEN.
    Der Wirt hob die Klappe der Theke und trat an den Unbekannten heran.
    ICH HABE KEINEN EINZIGEN FREUND. SELBST KATZEN HALTEN MICH NUR FÜR AMÜSANT.
    Ruckartig streckte er die Hand aus und griff nach einer Flasche mit Wulstlingschnaps. Er nahm einen Schluck, während ihn der Wirt in Richtung Tür dirigierte und sich fragte, wie ein so dünner Mann derart schwer sein konnte.
    WIE ICH EBEN SCHON SAGTE: ICH

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