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Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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bitterernsten Arbeits- und Weltmenschen, die beruflich zum Teil in Hongkong, Chicago, Rio ein- und ausgingen, wie diese unechten, aber so sympathischen Kinder damit fertig würden. Nein, nein, nur nebenbei wollte ich das, nur seitlich. Ich wollte ihnen zeigen, wie sorgsam Hans durch hohe Holzzäune Wildruhezonen ermöglichte, um brütende Vögel und Jungtiere vor verbotenerweise frei laufenden Hunden zu schützen, wie gelb weiter draußen die Wiesen waren von Hahnenfuß und Löwenzahn. Fragen wollte ich sie, ob sie noch genau wüßten, welches die Kuh- und welches die Butterblumen sind. Sie sollten sehen, wie weiß getupft der Boden ist von Bärlauchblüten und gesprenkelt von Waldmeistersternen oder andersherum. Auch sollte es sich dann später um das Barbarische handeln, um das schräge, wuchtige Abendlicht, das ganz zerknirscht macht und zermalmt.
    Dann, am 16. Mai, war es soweit.
    Eins konnte ich voraussagen. Magdalena Zock würde sich ein Kochbuch übers Picknicken kaufen und die Galeristin einen Tropenanzug.Wie recht ich damit hatte! Die reizende, gelegentlich über die Stränge schlagende Iris trug um den Hals ein Tüchlein mit Leopardenmuster und einen Leinenhelm. Ich hörte, wie sie, gerade als der Weißdorn- und Ebereschengeruch mächtig über uns hereinbrach, Sabine ausführlich von einer Frau Müllmann erzählte, einer Parfümerieinhaberin, die irrsinnig teure Kosmetika verkaufe, für jeden Zentimeter des Körpers eine andere Essenz, im Schaufenster dazu Reklametafeln von fünfzehnjährigen Schönheiten. Sie selbst, Frau Müllmann aber, Gott sei’s geklagt, welke an allen Fronten dahin. Jeder frage sich natürlich: Warum nutzt das Zeug nicht wenigstens ein klein bißchen bei ihr selbst? »Sie hat sich operieren lassen. Davon ist es nur schlimmer geworden. Sabine, tun Sie so etwas niemals, und wenn Sie noch so viele Gründe haben. Die Müllmann, die Arme, ist durch die Entstellung richtig scheu geworden, dreht sich beim Verkaufen immer halb weg!«
    So etwa die Galeristin, alle Büsche und Greisenhäuptchen am Wegesrand haben es mitgehört.
    Sabine schien gekränkt zu sein. Ich sah, wie sie sich steif machte. Sie solle das nicht persönlich nehmen, meinte die Libelle. Sie hatte Sabine von der Seite gemustert und feixte vor sich hin. Es gehe ihr mehr um Jeanette. Endlich habe sie der entlockt, wie alt sie sei. Na? Wie bitte? Ach was!: Dreiundfünfzig! Es sei ihr so rausgerutscht, obschon es niemand merken solle. Schon dreiundfünfzig! Blattschuß! Keinen Tag jünger. Genau das habe sie Bäder gegenüber kürzlich geschätzt. Es erkläre nämlich vieles an dieser seltsamen Person. Wie gut, daß man nun viel mehr Verständnis für sie aufbringen könne. Es sei ein schwieriges Alter, und dann der Mann Frauenarzt und jünger als sie und sie ohne Kinder von ihm! Es werde ganz sicher nicht mehr lange gutgehen mit den beiden. Hoffentlich kämen sie ohne Katastrophe davon. Dieser Jeanette sei jede Kurzschlußhandlung zuzutrauen. Sie sei ja völlig aufgekratzt, jetzt, wo sich Hans angekündigthabe! Sabine starrte zornig auf die Wollgrasmeere und blieb dann einfach stehen.
    Die tolle Frau Iris! Einmal hat sie bei uns geholfen, den Tisch zu decken. Da sah es aus, als würden uns Messer und Gabeln Fratzen schneiden.
    Es war trocken, wolkig, ab und zu traf mich ein winziger Regentropfen im Augenwinkel. Jetzt kam schon die Zeit der gelben Sumpfiris. Ein Pferd lag tot auf der Seite. Da stand es plötzlich auf, war gescheckt und jung. Ich merkte bald, daß ich den leichtesten Schritt hatte. Ich bin ja das Wandern gewohnt. Aber ich verstellte mich, stellte mich gebrechlich. Mit diesen Leuten hier kannte ich die Gegend gar nicht richtig wieder.
    »Was gibt es dazu zu sagen? Ein Picknick im Naturschutzgebiet von Herrn Scheffer! Eine hübsche Idee Ihrer Frau Mutter! Und was war? Die Zockschen Kinder – den Ältesten haben sie ja wohl, wie es sich gehört, für ein Jahr eisern nach Nordamerika geschickt – liefen mit viereckigen Mützen auf dem Kopf herum, wie sie die alten Männer in chinesischen Bergregionen tragen. Der Vater hat sie von einer Geschäftsreise mitgebracht. Eins stieß manchmal Pfeiftöne auf seiner Blockflöte aus, das Kind Sylvchen ritt zwischendurch auf einem niedrigen Pferd vorbei. Kurz, wir lebten, mit den unerläßlich lichtsteigernden, kleinen dramatischen Verfinsterungen weiter auf unserer Insel der Seligen. Nur fehlte allen schmerzlich der Wichtigste. Ihnen, Sabine, nicht weniger als den anderen.

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