Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
Vom Netzwerk:
blieben die beiden in ununterbrochenem Augenkontakt. Sie schienen sich wechselseitig zu vergöttern. Die Welt, die um sie herum lärmend auf- und abschwoll, nahmen sie nicht wahr, der Klitzekleine und die Dicke. Mein Gott, dachte Herr Brück, was für Kobolde! Aber es gelingt ihr, das Taschentierchen nicht zu zermalmen. Wie kleine Schiffe auf großem Meer, so schwimmen ihre kindlichen Patschhände auf der riesigen Körpermasse und zarter als Schäfchenwolken über dem Tier.
Rätsel
    Was ist ein Kar, eine Kartreppe, ein Karling, eine Karschwelle? Wo am besten zu besichtigen? Allgäu? Dhaulagiri? Kilikischer Taurus?
Rätsel
    Was hat Herr Brück, der sich inzwischen den TV-Nachrichten unerbittlich verweigert, nicht erfahren, wenn ihm am 1. März 2010 seine Tageszeitung nicht zugestellt wurde (sein Radio nutzt er nur für Begleitmusik)?
    Und Herrn Gadow, dem Biochemiker, nebenberuflich Kammerjäger (im Scherz nennt er sich fälschlich »Stadtkämmerer«): Kann jemand sagen, was ihm entgangen sein wird, wenn er vom14.2. bis 1. 3. 2015 mit seiner Frau die tropische Vegetation Singapurs und Malaysias besucht und sich in der Zeit nicht um internationale Nachrichten kümmert?
Liebe Herta,
    Dir darf ich das ja schreiben. Mir ist heute so komisch. Ich habe auf einem Zeitungskalender die Namen Jodokus (13.12.) und Sturmius (16.12.) gelesen und sehr gelacht, erst recht, als ich blätterte und Trudpert (16.4.) und Opportuna (22.4.) entdeckte. Aber dann fiel mir ein, daß sie ja in Wirklichkeit selbst das Glockenläuten abschaffen wollen wegen Störung der Anrainer. Ich höre es doch so gern, es ist wie das Wehen von großen und kleinen Glockenblumen im Wind. Und ihre Kinder stecken sie, sobald sie auf der Welt sind, in gepanzerte Anzüge, in Stiefel und Sturzhelme.
    Mir ist plötzlich ganz komisch geworden.
    Deine Ruth
    P.S. Gestern um 21 Uhr bin ich auf dem Fahrrad in meine Lieblingskneipe gefahren. Ich kenne nur die eine, aber ich nenne sie Lieblingskneipe. Es überkam mich so. Nach nur einem Glas Wein und drei Oliven fühlte ich mich schon betrunken und bin nur mit Mühe nach Hause gekommen. Ist das wohl schlimm? Ob mir jemand was reingeschüttet hat?
    D.R.
Kummer in Sankt Petersburg
    Ein einziges Mal hatte der junge Komponist Hannes Keller (ein großer Verehrer der Opern Boris Godunow und Chowantschina des russischen Komponisten Modest Petrowitsch Mussorgsky, dessen Familie durch die Aufhebung der Leibeigenschaft ihr Vermögen verloren hatte, so daß der Musiker zu seinem Unglück zum Militär mußte, erzählt Keller gern) auf Einladung des Goethe-Instituts in Petersburg zu tun. Bunt standen Kirchen und zumAnstrich ausgewählte Paläste im Vorfrühlingsstaub. Zusammen mit einigen anderen Künstlern wurde ihm ein kleiner, auffallend bleicher Führer zugeteilt, noch sehr jung und überaus eifrig. Fast, als ginge es um sein Leben, so ausgiebig und schnell redete er zu den Objekten, die sie ansahen. Das erregte bei einigen der Künstler Unwillen. »Es schränkt unsere Freiheit ein«, sagten sie erbost untereinander.
    Der schmächtige Führer wandte sich am dritten Tag leise an Keller und fragte ihn, ob er etwas falsch mache. Er sei erst vor wenigen Tagen ohne finanzielle Rücklagen aus dem fernsten Sibirien gekommen, ganz neu in Sankt Petersburg. Dies hier sei seine Chance und Bewährungsprobe. Was er wisse, habe er in großer Eile aus Büchern, ohne es vorher in der Wirklichkeit gesehen zu haben, auswendig gelernt. Ob er, Herr Keller, merke, daß er, der Führer, genauso verblüfft über die Sehenswürdigkeiten sei wie die Gruppe?
Freude in Moskau
    Auf dem Triumphplatz in Moskau kam es dagegen zu einem Augenblick, in dem zwei Polizisten einen Demonstranten (für die Einhaltung der Verfassung) erst zu Boden drückten, dann aber mit einem Ruck hochrissen, um ihn mit dem Schlagstock zu verprügeln. Der junge Mann sieht, anders als wir auf dem Zeitungsfoto, noch nicht das Gesicht über ihm, nicht die tiefe, erwartungsvolle Wonne im Gesicht desjenigen, der gerade mit dem Stock gegen seinen gebeugten Kopf ausholt.
Katja gibt nicht auf
    Berlin. Die Studentin Katja, die bei der geplanten Eroberung des Biologiestudenten, der mit seinem Zopf in ihrem Haus wohnt und schon Familienvater ist, auf unerwartete Schwierigkeiten stößt, hat es zunächst mit noch fixer als gewöhnlich wechselnder Haarfarbe versucht und ihren bisherigen Freund, einen jungenAnwalt, der wegen Zeitknappheit sowieso oftmals in der Kanzlei übernachten muß, eine Weile

Weitere Kostenlose Bücher