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Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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muß?
Tiefschwarzes Morsloch hoch Amerika
    Na? Frau Fendel, Herr Gadow, Herr Brück und Katja, Herr Herzer, Sabine, Frau Zock und so fort? Wer klopft und drückt da noch so spät und wüst gegen die Scheibe, Herr Finnland, Frau Elsa und Sie, noch immer nachsichtiger Freund Henri? Wer ist’s?
    Die wilde Nacht, Rachen tiefschwarz und »Morsloch hoch Amerika«, sonst nichts.
Frau Wäns?
    Ist das nicht Frau Wäns, die gestern abend die frischen Teebeutel, statt sie in die Kanne zu hängen, in den Abfalleimer geworfen hat? Luise Wäns heute morgen in ihrem Bett, Luise, die nicht gleich weiß, welche Jahreszeit da draußen zugange ist, Luise, die beim Aufwachen zu ihrer Überraschung heftig wünscht, mit dem ganzen Körper eine bestimmte Wegkurve zu nehmen, schnellen Schritts, runde neunzig Grad, aus dem Wäldchen heraus und dann, zwischen die Weiden gezwängt, geradeaus und raus, zwischen die feurig grünen Weiden mit den Löwenzahnfettaugen drauf, so weit das Auge nur reicht?Dann aber will sie sich wieder aufzählen, was an den Wegrändern weiß blühen müßte, wenn es nach ihr ginge: Wiesenkerbel, weiße Taubnessel, Weißdorn, weiße Heckenrose, weißer Klee, Sternmiere und kurz darauf ihre Lieblinge, die vieltausend, womöglich Millionen Greisenhäuptchen des Löwenzahns. Beinahe ist es ja schöner, die Namen zu sagen, als die Pflanzen in der Gegenwart anzusehen. Mitten in der Landschaft wurde man oft von einer unverständlichen Unruhe befallen, o doch, das sollte man sich ruhig eingestehen. In der Erinnerung aber, beim Ausmalen und Aufzählen, kommt die Friedlichkeit. Im Juli dann der Waldweiher mit vielen Seerosen, immer mehr beim Hinsehen. Im Gedränge stoßen sie schließlich mit senkrechten Schnauzen aus dem Teich. Auf dem freien Feld sind große Flächen mit rötlichen Grasschwaden bedeckt. Braune Tiere, vielleicht kleine Bisons, grasen darin. In Wahrheit? Nur rostige Sauerampferstrünke. Trotzdem fällt man jedes Mal, und gern, wieder darauf herein.
    Die Freude packte Frau Wäns mit starker Faust. Was sind die vernünftigen Gründe im Vergleich, die Bestandteile, die man aufzählen kann? Die Freude war nur ausgelöst worden von alldem und nun losgelassen und herrschte durch und durch, unumschränkt, und brauchte keine Gründe mehr für sich.
    Schon recht, aber: »blühen«, Frau Wäns, »blühen«? Die Greisenhäuptchen?
    Und dann Holunder und Jasmin! Eine weißrote Wildrose ist eines Tages hoch in einen abgestorbenen Baum geklettert. Im kniehohen Gras gingen drei Schafe mit zwei hellbraunen Lämmern herum. Und die Schimmel erst! Dicht über den zottigen Weiden wiegt sich der Schein vom Hahnenfuß. Was ist das nur, was ich da sehe, fragt sich Frau Wäns, ich sehe es an und fühle, daß etwas Zusätzliches gezeigt wird. Niemand könnte wohl wissen, was. Ach, wenn das nur schon die Ewigkeit wäre, der Einbruch, der Anbruch der Ewigkeit! Aber nein, zwischendurch mußleider noch das Sterben sein und erledigt werden. Und doch: Die Natur ist die einzige, die Gott die Treue hält. Dann wieder der Wind, der Schatten über die leuchtenden Körper scheucht. Dieses Vibrieren und die Schräge der Dinge im Sturm, das ist doch das eigentliche Leben!
    Schon recht, aber »blühen«, Frau Wäns, »blühen«? Die Greisenhäuptchen?
Rätsel (hoher Schwierigkeitsgrad)
    Warum das alles?
    Hilfe: siehe Anmerkung Nr. 903.
    Auch sollte man sich bescheiden und froh sein, wenn von fünf Freunden, die am Morgen auseinanderfahren, alle fünf am Abend heil und bei Trost in ihrer Wohnung angekommen sind.
Wehrlose Wegränder
    Und doch erbost sich der Hobbyfotograf Finnland trotz seiner frischen Internetliebe angesichts der Verwüstung von Scheffers ehemaligem Naturschutzgebiet. Wäre er nur nicht, liebschaftsmäßig abgelenkt, so lange fortgeblieben! Finnland hat jetzt innerhalb zweier Wochentage mit zwölf Personen der entsprechenden Ämter telefoniert, mit Männern und Frauen. Kein einziger erklärte sich für zuständig, alle waren ahnungslos oder verstellten sich. Über Hans Scheffer vom Naturschutzreferat konnte keiner mehr Auskunft geben. Der war offenbar zum Phantom geworden. Statt dessen verwies man ihn behaglich an den nächsten »Fachmann«. Und so immer fort. Es gab ja gar keinen mehr. Und so immer fort die Annullierung der Wegränder und Teiche. Der wilde Förster, den Scheffer mit Mühe zügelte, als er noch zuständig war, baggert und schabt mittlerweile außer Rand und Band, erfährt Finnland schließlich von der dreizehnten

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