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Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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verschmäht hatte?
Die Macht der Musik
    Mein Gott, hat der Bursche eine steife Haltung, erst neunzehn, aber wie korsettiert, dachte Katja, als der Pianist zu seinem Flügel auf der kahlen Bühne ging. Dann saß er da, nach kurzer Zeit ganz zusammengekrümmt, versunken, verkrochen ins Instrument. Er suchte und fand darin Bach, Mozart, Beethoven, Schubert: Note um Note besetzte er den bisher ungekennzeichneten Raum, warf die Töne zur flüchtigen Seelenveredlung, feilend, bohrend mit vollen Händen den atemlos lauschenden Leuten hin.
    Injizierend. Während die Zuhörer sich nicht rührten und es gar nicht zu bemerken schienen vor tiefem Erstaunen, wurde er selbst ihr Instrument, beauftragt, alles zu artikulieren an ihrer Statt, stellvertretend aus ihrer stummen, formlosen Kraft heraus. Da vergaß Katja vollständig – dabei saß der Grund doch leibhaftig neben ihr, niemand anders als, endlich erobert, Hans Keller, Komponist Keller mit seinen Aufführungen vor schütterem Publikum –, weshalb sie überhaupt und ursprünglich in das Konzert gegangen war.
    Als hätte er diese Entwicklung geahnt, überreichte er noch am selben Abend der Zwiespältigen eine CD mit Schuberts Streichquartett d-moll »Der Tod und das Mädchen«.
    Katja, die das Stück nicht kannte, nahm es persönlich.
Riffel-, auch Rillenfirn
    Nur zur Kontrolle gefragt: Welcher Erosionserscheinung verdankt der Nevado Alpamayo, ermittelt als schönster Berg der Welt in der Cordillera Blanca von Peru, seine betörende Gestalt?
Die dreizehnte Wanderung
    Mein Zittern vor langer Zeit bei uns im Tristanweg, ich habe es nicht vergessen, habe es, jetzt weiß ich’s, damals unwissentlich geprobt für diese Stunden im Waldcafégarten, in dem wir, Hans und ich, bei einer Zigarette sitzen, dort, wo Anada ihn vor etwas mehr als einem Jahr extra kränkte durch ihre Aufmerksamkeit für den Mann, der auf seinem schwarzen Barockroß zwischen die Tische geritten war und ein Hörnchen Eis verlangte. Was für ein hochmütiges Bild!
    Jetzt schwebe ich in einer Glücksschläfrigkeit, schweife frei hin und her in einem fest begrenzten Zeitraum. Er begann, kurz nachdem Hans vor gut zwei Wochen am Morgen in die Küche gerufen hatte: »Sabine! Luise! Heute ist der 27. September. Was fällt euch zu dem Datum ein?« Oder hat er »Luise! Sabine!« gerufen? In dieser Reihenfolge? Er wartete unsere Antwort nicht ab, obschon zumindest ich sie gewußt hätte. »Heute vor genau einem Jahr hat uns unser kaltschnäuziges Schätzchen verlassen.« Die Stimme? Munter, dummerweise etwas unecht krächzend.
    Und genau heute, zu diesem denkwürdigen Jubiläum, könne sie uns verkünden, daß sie in einer Woche die verpatzte Hochzeitsreise nachholen werde, nur unwesentlich abgeändert! Nicht eine, sondern vierzehn Tage lang und nicht entweder nach Rom oder Wien, sondern sowohl als auch und außerdem allein: Es istein sehr trockenes Entgegnen von Sabine gewesen, nachdem sie der Stimme ihres Mannes eine Weile nachgehorcht und für die Attacke tief Luft geholt hatte. Daraufhin wurde es ein bißchen still bei uns.
    »Du mußt das doch, ich weiß nicht recht, schon länger geplant haben?« gab Hans schließlich in kindlicher Verblüffung von sich.
    »Richtig. Urlaub kriegt man in normalen Beschäftigungsverhältnissen nicht von heute auf morgen, meine beiden superkaltschnäuzigen Schätzchen«, lachte Sabine in ihrer neuen bösen Art und war weg zu ihrer Bank. In diesen Minuten fiel mir etwas an Hans schärfer auf als sonst. Sein Gesicht bewegt sich zwischen den vier Jahreszeiten und ihren Witterungen, wie die Landschaft hier draußen, manchmal schwankt es sehr schnell vom Frühling zum Winter oder springt vom Frühling zum Herbst.
    Was wohl die beiden dann im Spuk und Zorn, so will ich es ganz geheim für mich ausspinnen (großartig, »Spuk und Zorn«), ausspinnen und spekulieren, im Teufelsspuk der anschließenden Nacht und in den nächsten Tagen dazu besprochen haben? Es ging mich nichts an. Ich war nur untätige Zuschauerin und achtete nicht, achtete wirklich kaum darauf, ob ihr Umgang miteinander vor der Abreise herzlicher oder kühler ausfiel.
    Mich grub von diesem Moment an ganz anderes um. Die Entscheidung war gefallen und der Punkt gekommen, wo ich, wie ich die ganze Zeit nach dem Überfall geplant und ersehnt, mir aufgespart und geschworen hatte, mit niemandem sonst als mit Hans, und wegen meiner angeblichen Unsicherheit beim Ausschreiten zu Recht an seinem Arm, endlich, nach so langer

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