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Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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an seinem Beruf. Die Schwester hat in aller Stille geheiratet. Sie lebt mit Herrn Brück und einem gelben Hund aus dem Tierheim zusammen. Die schöne Liebe! Für Herrn Brück ist es der Vorgeschmack des Göttlichen, das die Welt als Gegenlicht durchscheint.
    Ihm, Dillburg, kommt es so vor, als hätte er sogar diesen Hinweis auf das Unendliche immer als zehrendes Ungenügen auch der größten Schönheit geahnt.
Rätsel
    Was ist, nach Pascal, für den Menschen das, was das Laufen für das Pferd ist?
    Lösung: »Leugnen, Glauben und viel Zweifeln.«
Andererseits
    Andererseits, sagt sich Dillburg auf dem Weg zu einem Sterbenden, ist vielleicht die wilde Welt selbst der große Gott, die rohe Welt, die mit unendlicher Wüstheit und Pracht vor dem Grauen des Sektierertums schützt.
Rätselhafte Kostümierung
    Auf welchen tropischen Vogel trifft die folgende Beschreibung zu: »Meist schwarzer Mantel. Über weißem Wimpel, Weihel und Schleier die aus ledernen Reifen und sich überkreuzenden Bügeln bestehende Krone«?
    Lösung: Es handelt sich um die Gewandung einer gewissen nordischen Heiligen aus dem 14. Jahrhundert. Jedenfalls wird sie meist so dargestellt. Brigitta von Schweden ist ihr Name, ihr Feiertag der 8.10., getreulich bis auf den heutigen Tag.
Verdacht
    Ob Frau Wäns in Wirklichkeit nur deshalb nicht mehr wandert da draußen, weil sie, sogar in Begleitung, fürchtet, er oder sie käme wieder von hinten herangeschlichen, derjenige, der ihr dann auf den Kopf schlagen wird? Ob sie die Dolden von Kerbel oder Kümmel bestaunt: immerzu könnte es nun ja sein. Oder ist es jetzt auch bei ihr so wie bei Frau Fendel und Katjas Mutter, die nicht mehr ins Grüne kucken wollen. Vor allem nicht allein. Etwas ängstigt sie dabei, sie grausen sich vor dem Unsichtbaren, das neuerdings und anders als jemals früher aus Garten und Wiese, Gebüsch und Landschaft kriecht.
Potzblitz
    Elsa: »Schläfst du?«
    Freund: »Wenn man mich nur ließe!«
    Elsa: »Ich weiß es von Sabine, jetzt Sabine Scheffel oder Scheffer, der Tochter von Frau Wäns. Der hat es die Galeristin Iris erzählt, diese Iris Steinert mit dem Silberblick, du erinnerst dich, die Steinert, diese Katze, die sofort alles körperlich ausdrücken, aber sich andererseits immer verstellen muß: Die geschiedene, von ihrem Schwarzen aber auch schon wieder getrennte, jetzt unversehens mollige Frau Herzer spielt neuerdings Blitzschach!«
    Freund. »Blitzschach? Donnerwetter! Jeanette Herzer, die heikle Kuh? Eine von denen, die ihrem Mann, wenn sie älter werden, täglich eine frisch erkrankte Körperstelle melden? Als würde ihr Leib dadurch eine Schatulle voller Karfunkelsteine? Dieser Typus? Wirklich Blitzschach, wirklich die Herzer?«
    Elsa: »Ja, Blitzschach, wie wild angeblich, immerzu Blitzschach. Alles andere, sagt sie, sei ihr zu langweilig.«
    Freund: »Gute Nacht, Elsa.«
    Elsa: »Nein, Henri!«
    Freund: »Nein?«
    Elsa: »Du hast nicht gefragt: Mit wem?!«
    Freund: »Mit wem?«
    Elsa: »Mit Herzer.«
    Freund: »Mit ihrem Exmann?«
    Elsa: »Falsch. Mit Jeanette Herzer.«
    Freund: »Blitzwunderlich! Jetzt gute Nacht?«
    Elsa: »Ich kann sie nicht abschütteln, die ganze Meute nicht.«
    Freund (um sie abzulenken): »Welcher Vogel hat die größte Flügelspannweite von allen?«
    Elsa: »Sie arbeiten in mir drinnen, sie summen, sie fressen sich durch mich hindurch. Hilf mir doch.«
    Freund (verschlafen lachend): »Warum hast du bloß mit derHeilturnerei angefangen, statt gleich Romane abzuliefern! Aus Geldgier?«
    In derselben Nacht aber hörte Frau Fendel im Haus das immer wüstere Gewittern eines Mannes, dann das Weinen und Kreischen der Frau, schließlich die Schreie der kleinen Mädchen in höchster Not. Die Kinder! Gerade das schneidet mir ins Herz, sagte sich Frau Fendel. Sie stand vor Schrecken steif neben ihrem Bett. Und doch! War da nicht auch eine verschwiegene Freude in einer Herzensecke, daß endlich eine scharfe Störung in die ewigen Familienabläufe kam?
    Elsas Freund aber, der, um endlich Ruhe zu haben, wie öfter schnarchend den tief Schlafenden markierte, Henri, der an Elsa deren Phantasie und Gedächtniskraft liebt und fürchtet, fragte sich, ob es sich zwischen ihnen beiden auch so verhielt wie in den meisten Familien: Man benötigt irgendeine Person von außerhalb, Mann oder Frau, auf der man alles Böse und alle Bosheit abladen kann. Ohne eine solche Figur gibt es keinen Frieden innerhalb.
    Elsa, wie im Schlaf murmelnd: »Doronicum grandiflorum:

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