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Gewagt - Gewonnen

Gewagt - Gewonnen

Titel: Gewagt - Gewonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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tagaus, tagein mußte sie den „Ausstellungskunden“ die Sachlage erklären. Sie kam sich schon beinahe wie ein Automat vor, weil sie immer dasselbe zu sagen hatte: „Sie müssen wissen: Ausstellungstrimmen ist etwas für sich. Ich muß den Hund zweimal in Arbeit nehmen. Heute ist das erste Mal, und dann müssen Sie ein paar Tage vor der Ausstellung noch einmal kommen.“
    Sie verdiente jetzt sehr gut. Sie brachte Geld auf ihr Bankkonto und kaufte sich das eine und andere Kleidungsstück. Aber trotz der guten Einnahmen war sie froh, als das Ausstellungstrimmen endlich vorüber war und sie etwas aufatmen konnte. Jetzt durfte sie doch wenigstens ein paar Stunden täglich Privatmensch sein. Astrid war müde und überanstrengt.
    Sie wunderte sich oft, daß Jörgen sich gar nicht mehr sehen ließ, brachte es aber auch nicht über sich, mit Hein darüber zu reden.
    Eines Tages läutete wieder das Telefon. Ob sie einen großen Ziehhund trimmen könne? Rasse? Tja, es sei wohl eine Kreuzung: der Vater war ein Grönlandhund, die Mutter ein Riesenschnauzer. Er hatte den struppigen Pelz der Mutter geerbt und mußte unbedingt getrimmt werden.
    Gewiß. Der Grönländer Riesenschnauzer sollte getrimmt werden! Übermorgen um neun Uhr. Nein, vor zwei Uhr konnte er kaum fertig sein, wenn er so groß war.
    Das Tier kam, und Astrid, die an Überraschungen gewöhnt war, ging doch beinahe die Puste aus, als sie es erblickte. Der Besitzer lächelte entschuldigend.
    „Ja – der Hund ist ja wirklich etwas groß“, räumte er verlegen ein.
    Nächstens werde ich einen Eisbären zu trimmen haben, dachte Astrid. Nur mit Hilfe des Besitzers konnte sie das riesige Tier auf den Trimmtisch bekommen. Es knurrte drohend.
    „Bösartig?“ fragte Astrid.
    „Nun – ein Schoßhund ist er ja nicht gerade. Aber wenn Sie energisch mit ihm reden, brauchen Sie keine Angst vor ihm zu haben.“
    „Vor Hunden habe ich niemals Angst“, erwiderte Astrid. „Holen Sie also Ihren Schoßhund um zwei Uhr ab.“
    Als sie beim Bauch angelangt war, entdeckte sie den Grund der Gereiztheit des Tieres. Es hatte Milch. Entweder hatte es Junge daheim, oder sie waren ihm gerade fortgenommen worden.
    Es ist unverantwortlich, eine Hündin in diesem Zustand zum Trimmen zu schicken, dachte Astrid. Natürlich ist sie übernervös. Sie sprach nett und freundlich mit ihr, und das Riesentier – Sonja hieß es – beruhigte sich langsam. Schließlich kapitulierte es völlig, legte den Kopf in Astrids Hand und blickte sie fromm an.
    „Brave Sonja“, sagte Astrid und kraulte ihr den Nacken.
    Da klopfte es an die Tür, und Sonja knurrte. Astrid beruhigte die Hündin, während die Tür sich öffnete. Dann aber hatte sie nicht einmal mehr Zeit festzustellen, daß der Besucher Jörgen war, denn nun entwickelte sich alles in atemberaubendem Tempo:
    Timian stürmte auf Astrid los, entdeckte den fremden Hund, bellte laut. – Sonja erblickte das kleine Knäuel, spürte den Geruch des männlichen Artgenossen – das Fell auf ihrem Nacken sträubte sich, sie zeigte die Zähne, knurrte, schnappte nach Timian. Astrid wollte sie am Nackenfell packen und versuchen, sie zu beruhigen, aber nun war Sonja in Hitze geraten, und in der nächsten Sekunde schlossen sich die beiden mächtigen Kiefer um Astrids Arm.
    Sie schrie laut auf. Ein messerscharfer Schmerz jagte durch ihren Körper.
    Timian verkroch sich erschrocken in einer Ecke, Jörgen aber sprang blitzschnell zu und packte Sonja im Nacken. Selbst erschrocken über das, was sie getan hatte, öffnete sie den Rachen. Blut quoll aus Astrids Arm.
    „Ich glaube fast…“, flüsterte Astrid, konnte aber den Satz nicht mehr beenden. Ganz weiß im Gesicht, glitt sie zu Boden. Jörgen überlegte eine Sekunde und sah sich um. Gott sei Dank! Dort an der Wand stand ein Schrank mit Medikamenten. In Astrids Werkstatt fehlte nichts.
    Er kniete neben Astrid nieder, reinigte die Wunde mit Jod und machte einen Verband.
    Astrid schlug die Augen auf.
    „Astrid… meine kleine Astrid…!“
    „Du… Jörgen? – Ich glaube, Sonja hat mich gebissen…“
    „Ja, sie hat dich gebissen. – Jetzt will ich schnell nach einem Auto telefonieren. Glaubst du, daß du gehen kannst?“
    Er hob sie auf, und sie schlang den Arm um seinen Hals. Da entdeckte sie den weißen Verband.
    „Wie fein du mich verbunden hast!“ sagte sie mit bebenden Lippen.
    „Du mußt sofort auf die nächste Unfallstation!“
    „Aber Sonja…?“
    „Die verdammte Töle! Mit der rechne

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