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Gewagt - Gewonnen

Gewagt - Gewonnen

Titel: Gewagt - Gewonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Kind, ich wollte dich ja nicht erschrecken. Schau, es ist nicht immer leicht, ein Mensch zu sein. Du wirst das verstehen… wenn du etwas älter geworden bist…“
    Astrid versuchte aufzustehen, aber er hinderte sie daran.
    „Nur noch einen Augenblick! Höre mich an! Ich bin kein skrupelloser Verführer, das darfst du nicht denken! Ich bin ein ganz gewöhnlicher schwacher Mensch. - Und ich brauche dich. Du sollst wissen, daß ich die Absicht hatte, dich zu bitten, meine Frau zu werden; aber ich sehe jetzt ein, daß… Nein! Wir wollen darüber nicht mehr reden. Es ist vorbei, und du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Kannst du vergessen, Astrid? Kannst du mir vergeben? Und kannst du vergessen, daß der törichte alte Mann einen Augenblick die Besinnung verlor…?“
    Die arme kleine Astrid! Sie war einundzwanzig Jahre alt und unerfahrener als die meisten jungen Mädchen in diesem Alter. Sie war nur verängstigt und erschrocken und verstand sehr wenig. Aber eine junge, zornige Stimme klang ihr die ganze Zeit im Ohr: „Er hat ebensowenig väterliche Gefühle für dich wie ich. Ich kann dir nur raten: Nimm dich vor ihm in acht! – Wie gefällt es dir, von einem Herrn ein solches Geschenk zu erhalten?“
    Astrid machte ihre Hände frei und nahm die Armbanduhr ab.
    „Ich will die Uhr nicht haben…“
    Harder legte seine Hand behutsam unter Astrids Kinn und beugte ihren Kopf ein wenig zurück, so daß sie ihm in die Augen blicken mußte.
    „Sei lieb, Astrid! Behalte die Uhr! Ich schenke sie dir jetzt zum zweiten Male, und ich gelobe dir: Solange du die Uhr trägst, werde ich an diese Stunde denken und wissen, daß du mir vertraust – trotz allem. Du kannst dich auf mich verlassen. Willst du mir dein Vertrauen schenken? Dann beweise es, indem du die Uhr behältst.“
    Astrid blickte ihm fest in die Augen, und auf einmal war sie wieder ganz ruhig. Alle Angst wich von ihr, denn Harders Gesicht war milde und etwas müde wie nach einer großen Anstrengung.
    Astrid streckte ihren Arm aus, ohne etwas zu sagen. Er befestigte die Uhr aufs neue am Handgelenk und küßte leicht ihre Hand.
    „Ich möchte gern nach Hause“, sagte Astrid mit leiser, etwas spröder Stimme.
    „Ich werde dem Chauffeur Bescheid sagen, daß er uns fährt.“
    „Sie brauchen nicht mitzukommen.“
    „Doch. Erlauben Sie mir das. Ich möchte Sie doch sicher nach Hause bringen. Und jetzt können Sie sich auf mich verlassen, ich gebe Ihnen mein Ehrenwort. Von diesem Augenblick an können Sie sich immer auf mich verlassen. Wollen Sie das?“
    Sie standen einander gegenüber, und Astrid sah ihm ernsthaft ins Gesicht. Sie nickte.
    „Und ich darf Sie wieder treffen? Bei Ihnen und Ihrer Mutter und Hein vorbeikommen?“
    „Ja.“
    „Danke, Astrid. – Dann lasse ich den Wagen vorfahren.“

Das ist unverantwortlich
     
     
    Frau Liberg wunderte sich über ihre Tochter.
    Astrid war nach dem Besuch auf Harders Gut so merkwürdig still gewesen. Sie hatte nur kurz „O ja!“ geantwortet, als die Mutter sie gefragt hatte, ob es nett gewesen wäre. Und als Harder ein paar Tage später vorsprach, war Astrid so beschäftigt, daß sie nicht einmal Zeit hatte, mit ihnen zusammen eine Tasse Kaffee zu trinken.
    Astrid hatte aber auch wirklich erstaunlich viel zu tun. Binnen kurzem sollte in Oslo eine Hundeausstellung stattfinden, und mindestens jeder zweite Hund in der Stadt sollte plötzlich von Astrid getrimmt werden. Das Telefon klingelte laufend, und Astrid arbeitete bis spät in den Abend hinein.
    Ihre Gedanken aber schweiften oft von der Arbeit ab. Was mochte Jörgen Trahne wohl treiben? fragte sie sich immer wieder. Weshalb rief er nicht an? Weshalb kam er nicht?
    Sie war beschämt, und sie war ärgerlich, und sie fühlte sich schrecklich verlassen. Zuerst hatte sie so viel erlebt: mit Per Mostvedt, mit Harder, mit Jörgen. Und jetzt? Per war verlobt, Harder gegenüber hatte sie ihre Unbefangenheit verloren, und Jörgen? Jörgen hatte sich unbeherrscht gezeigt und war seitdem verschwunden.
    Sie war Jörgen nicht mehr böse. Je mehr sie über alles nachdachte, desto mehr schwand ihr Zorn. Jörgen hatte ja recht gehabt. Und sie selbst war blind gewesen.
    Astrid bedauerte sich manchmal selbst. War sie vor kurzem noch reichlich naiv gewesen, so stürmten jetzt die Lebenserfahrungen nur so auf sie ein. Das Schicksal ging wirklich nicht sanft mit ihr um.
    So schwirrten die Gedanken in Astrids kleinem Kopf herum, während ihre Hände fleißig schafften. Und

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