Gewalt ist eine Loesung
führte, dass mich mein Vorgesetzter auf diese Sache ansprach. Was sollte ich tun? Mich etwa fotografieren lassen?
Ich log ihn an. Ein behördlicher Irrläufer … ich sei vergangene Woche schon dort gewesen … was mir spontan einfiel. Mein Vorgesetzter schüttelte den Kopf, zerknüllte das Schreiben und nuschelte dabei ein verärgertes »Immer diese Bürokraten« in den Oberlippenbart. Eine weitere Aufforderung erhielt ich nicht mehr. Ich behielt meinen alten Dienstausweis und falls erforderlich, benutzte ich einfach diesen. Im gesamten Bielefelder Präsidium existierte kein offizielles Foto von mir. Was sich später noch als richtige Entscheidung herausstellen sollte.
Nun war ich also angekommen in meiner Heimatstadt. Ob ich das wollte oder nicht – ich musste mich endgültig mit der Frage auseinandersetzen: Fußball oder Karriere? Mit Frank führte ich ein langes, offenes Gespräch über dieses Problem. Die ganze Angelegenheit wurde auf einen Schlag richtig heiß. In Bielefeld konnte ich mir nichts mehr leisten. Im Grunde durfte ich nicht einmal mehr mit meinen Jungs im Stadion im selben Block oder an einem Bierstand stehen. Auch der Besuch von einschlägig bekannten Kneipen und Bars war heikel. Ich hatte schon Bammel genug, in Zukunft irgendwann im Dienst den Beamten der Hundertschaft zu begegnen, von denen mindestens ein Dutzend wusste, dass ich zur Blue Army gehörte. Und die, die es noch nicht wussten, hatten mich bestimmt schon auf der »falschen« Seite gesehen. Und dann diese zahllosen Überwachungsvideos, auf denen ich hätte identifiziert werden können.
Bis dahin war ja alles gut gegangen. Aber was, wenn sich der SKB Volkerts nun richtig an meine Fersen heften würde? Schon jetzt konnte ich spüren, dass Volkerts den Druck auf mich erhöht hatte. Erst vor Kurzem hatte er mich wieder in die Zange genommen. Nach einem Spiel der Arminia war es auf dem Bielefelder Klosterplatz zu einer größeren Schlägerei zwischen unserer Fußball-Bande und 15 Türken gekommen. Und nur eine halbe Stunde später stand bereits Volkerts vor mir. Ich aß gerade eine Thunfisch-Pizza – das Essen danach – und schon stellte er mich zur Rede. Er wollte wissen, was da gerade passiert war. Ich wusste selbstverständlich von nichts: »Ich bin gerade von zu Hause gekommen. Und jetzt esse ich erst mal eine Pizza. Wieso, was ist denn passiert?«, lautete meine lapidare Erklärung.
Volkerts explodierte: »Lüg mich nicht an! Du bist doch schon den ganzen Abend hier.« Ich verneinte und versicherte, zwischendurch zu Hause gewesen zu sein. Und fragte etwas provokativ: »Was ist denn los?« Seine Wut steigerte sich noch mehr. Da saß ihm dieser junge Polizist gegenüber – von dem er mit Bestimmtheit wusste, dass er an dem Zwischenfall beteiligt war – und kaute gelangweilt auf seiner Pizza herum und stellte auch noch blöde Fragen. »Ich kann es nicht leiden, belogen zu werden. Ich weiß doch, dass du bei der Schlägerei dabei warst.«
»Welche Schlägerei?« … Nun ja, wir kamen mit dem Gespräch nicht voran und er wurde immer aggressiver. »Ich habe nie etwas über dich geschrieben, weil du bis jetzt nicht in Bielefeld deinen Dienst versehen hast. Aber damit ist jetzt Schluss! Wir beide arbeiten für dieselbe Behörde und von dir kommt einfach gar nichts.«
Ich verstand nicht, was er mir eigentlich sagen wollte. »Was meinst du damit?«, fragte ich leicht verärgert. »15 Leute aus der Hooligan-Szene arbeiten in Bielefeld als Türsteher. Das ist doch genau die Clique, mit der du befreundet bist! Du könntest ruhig mal einen Bericht darüber anfertigen. Wie kommen sie an ihre Aufträge ran? Werden an der Tür Waffen eingesetzt? Wie sieht es mit Drogenhandel aus? Du bist doch ein Polizist, verdammt noch mal! Dann verhalte dich auch mal so und sei endlich kooperativer!« Sein Vortrag war abgeschlossen. Was faselte der Typ? Sollte ich etwa meine eigenen Jungs bespitzeln? Wusste dieser Superbeamte nicht, was Freundschaft und Ehre bedeuteten?
Ich versuchte, mich rauszuwinden: »Gerd, davon weiß ich doch nichts. Ich rede mit den Jungs über Fußball, über Frauen, über Autos. Aber doch nicht so was. Die wissen doch alle, dass ich bei der Polizei bin. Glaubst du im Ernst, die würden mir irgendetwas Belastendes erzählen?« Ich machte eine Pause und dachte darüber nach, was ich gerade gesagt hatte. Ja, das würden sie! Volkerts ahnte es – ich wusste es.
Er schaute mir starr in die Augen. »Von dir kommt gar nichts!« Er
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