Gewalt
erfahren«. Und dann gibt es das Museum für Phallologie in Reykjavik, »eine Sammlung von über 100 Penissen und Penisteilen von nahezu allen in Island vorkommenden Land- und Meeressäugetieren«.
Das Museum jedoch, in dem ich am wenigsten gern einen ganzen Tag verbringen würde, ist das Museo della Tortura e di Criminologie Medievale im italienischen San Gimignano. [325] Eine hilfreiche Beschreibung unter www.tripadvisor.com lautet: »Der Eintritt kostet € 8 , 00 . Recht viel für ungefähr ein Dutzend kleine Räume, in denen insgesamt nicht mehr als 100 bis 150 Gegenstände zu sehen sind. Wer aber das Makabre liebt, sollte es sich nicht entgehen lassen. In den stimmungsvoll beleuchteten Räumen mit ihren steinernen Mauern sind Originale und Nachbauten von Folter- und Hinrichtungsinstrumenten ausgestellt. Alle Objekte sind mit ausgezeichneten Beschreibungen auf Italienisch, Französisch und Englisch versehen. Diese lassen kein Detail aus: Sie erklären, für welche Körperöffnung das Instrument bestimmt war, welche Extremität es ausrenken sollte, wer der übliche Kunde war und wie das Opfer litt und/oder starb.«
Nach meiner Überzeugung werden selbst diejenigen, die gegenüber den Gräueltaten der neueren Geschichte abgestumpft sind, in dieser Ausstellung mittelalterlicher Grausamkeit noch etwas Schockierendes finden. Da ist die Judaskrippe, die bei der Spanischen Inquisition in Gebrauch war: Das nackte Opfer wurde an Händen und Füßen gefesselt, an einem eisernen, um die Taille geschlungenen Gürtel aufgehängt und dann auf einen scharfen Keil hinuntergelassen, der in Anus oder Vagina eindrang. Entspannte das Opfer seine Muskulatur, wurde das Gewebe von der Spitze gedehnt und zerrissen. Die Jungfrau von Nürnberg war eine Form der eisernen Jungfrau, deren Spitzen sorgfältig so angeordnet waren, dass sie die lebenswichtigen Organe des Opfers nicht durchbohrten und so sein Leiden nicht vorzeitig beendeten. Eine Reihe von Kupferstichen zeigt, wie Menschen an den Fußgelenken aufgehängt und vom Schritt nach unten in zwei Hälften gesägt wurden; wie man in der Ausstellung erfährt, war diese Hinrichtungsmethode in ganz Europa für Verbrechen wie Aufstand, Hexerei und militärischen Ungehorsam in Gebrauch. Die Birne ist ein zweigeteilter hölzerner Kolben mit Spitzen am Ende; sie wurde in Mund, Anus oder Vagina geschoben und dann mit einem Schraubmechanismus gespreizt, so dass das Opfer von innen zerrissen wurde; mit ihr bestrafte man Sodomie, Ehebruch, Inzest, Ketzerei, Gotteslästerung und die »sexuelle Vereinigung mit Satan«. Die Katzenpranke, auch Spanischer Kitzler genannt, war eine Anordnung aus Haken, mit denen das Fleisch des Opfers zerrissen und zerfetzt wurde. Schandmasken waren wie ein Schweine- oder Eselskopf geformt und wurden dem Opfer aufgesetzt; dies diente einerseits der öffentlichen Demütigung und erzeugte andererseits Schmerzen, weil im Inneren eine Messerschneide oder eine Spitze in Nase oder Mund gedrückt wurde, um das Wimmern zu unterdrücken. Die Ketzergabel hatte an jedem Ende zwei scharfe Spitzen; das eine Ende wurde dem Opfer unter den Unterkiefer gesteckt, das andere an das untere Ende des Halses; sobald die Muskeln ermüdeten, stach der Delinquent sich selbst an beiden Stellen.
Die Gerätschaften im Museo della Tortura sind keine Raritäten. Ähnliche Sammlungen mittelalterlicher Folterinstrumente findet man auch in San Marino, Amsterdam, München, Prag, Mailand und im Londoner Tower. Abbildungen von buchstäblich Hunderten verschiedener Foltermethoden kann man in Bildbänden wie
Inquisition
oder
Torment in Art
betrachten, aus dem für Abbildung 4 - 1 einige Beispiele entnommen sind. [326]
Abbildung 4 – 1 :
Folter in Europa im Mittelalter und der Frühen Neuzeit
Natürlich ist Folter kein Thema der Vergangenheit. Sie wurde in der Neuzeit von Polizeistaaten angewandt, außerdem vom Mob bei Lynchjustiz und ethnischen Säuberungen und von demokratischen Regierungen im Rahmen polizeilicher Vernehmungen und der Vorbeugung gegen Aufruhr, wobei die Folter in der Regierungszeit von George W. Bush nach den Angriffen vom 11 . September am berüchtigtsten ist. Doch die vereinzelten, heimlichen und allgemein angeprangerten Ausbrüche der Folter in jüngster Zeit können nicht mit den Jahrhunderten institutionalisierten Sadismus im Mittelalter verglichen werden. Folter im Mittelalter wurde nicht versteckt, geleugnet oder schöngeredet. Sie war keine bloße Taktik, mit der
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