Gewitter der Liebe
»Ross wird deine Gastfreundschaft sicher genauso zu schätzen wissen wie ich, aber er setzt sicherlich alles daran, wieder ein eigenes Haus zu errichten. Ich mochte unser Häuschen und habe sehr gerne darin gelebt, aber es war aus Holz wie die meisten Gebäude dieser Stadt, und so wird Ross bestimmt gründlich darüber nachdenken, welche Baumaterialien er beim nächsten Mal wählt.«
»Julia, auch bei einem Backsteinhaus kann ein Feuer verheerend sein, aber es muss danach nicht wieder komplett aufgebaut werden. Lilly meinte neulich …« Er stockte. »Aber das interessiert dich sicher nicht.«
Sie gab sich kühl. »Rede nur weiter, es stört mich nicht.«
»Also, sie meinte, dass sie für ihren eigenen Saloon auch ein solides Haus bauen lassen wolle. Sie muss dann zwar noch länger darauf sparen, doch dafür lohne es sich.«
»Am besten, sie baut in einem der Außenbezirke, wo die ganzen Bordelle entstanden sind.« Ihre Stimme klang verärgert. »In dieser Umgebung fühlt sie sich bestimmt sehr wohl.«
»Julia, geh nicht so hart mit ihr ins Gericht. Sie ist keines dieser billigen Freudenmädchen, ihr Ziel ist es, Geschäftsfrau zu werden. Ob uns die Art, mit der sie den größten Teil ihres Geldes verdient, gefällt, spielt keine Rolle, es ist ihre Entscheidung.«
Julia wäre lieber gewesen, wenn Nathan nicht so nett von Lilly gesprochen hätte, doch sie musste wohl oder übel seine Meinung akzeptieren. »Sie muss wissen, was sie tut.«
»Ich finde es sehr schade, dass ihr euch entzweit habt – und das nur wegen Ross.«
»Nur? Sie gönnt ihn mir nicht, das ist es!«
Wieder war Nathan versucht, darauf hinzuweisen, dass Lilly möglicherweise nicht gelogen hatte, aber um keinen Streit vom Zaun zu brechen, hielt er es für vorteilhafter, zu schweigen.
14
Drei weitere Wochen vergingen, bis Ross sich zurückmeldete. Eines Tages stand er plötzlich in Nathans Geschäft und sagte: »Ich komme grade von meinem Haus … beziehungsweise von dem verbrannten Grundstück, auf dem mein Haus einst gestanden hat.«
Nathan begrüßte ihn verhalten. »Es waren wieder diese verfluchten Brandstifter, aber sei unbesorgt, Julia und dem Jungen ist nichts passiert, sie leben jetzt bei mir.«
»Das dachte ich mir, deshalb führte mein Weg direkt zu dir. Wo ist Julia?«
»Hinten im Büro. Sie war nach dem Feuer sehr verstört, und es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder fing. Sie bestand darauf, sofort wieder zu arbeiten, dabei hätte ich lieber gesehen, wenn sie sich vorher etwas erholt hätte.«
Ohne Nathan weiter zu beachten, schob Ross den Vorhang zwischen den Verkaufsregalen beiseite und betrat den kleinen Flur, der zum Büro führte.
Julia hatte gerade den Kleinen gestillt und wieder in sein Körbchen gelegt, als sich die Tür öffnete. Sie glaubte, es sei Nathan, und schaute sich nicht um, als sie sagte: »Mit der Buchhaltung für diesen Monat bin ich in einer halben Stunde fertig.«
»Wie erfreulich.«
Sie wirbelte herum, und als sie Ross erkannte, flog sie ihm mit einem Aufschrei entgegen und warf sich in seine Arme. »Oh, ich habe so lange auf dich gewartet, Liebster. Ich habe Schreckliches durchgemacht und jeden Tag gebetet, dass du heimkommen würdest.«
Er küsste sie lange und ausgiebig, dann schob er sie etwas von sich und sagte: »Ich habe bereits gesehen, was geschehen ist. Wie konnte das nur passieren?«
»Es war nicht meine Schuld. Sie kamen mitten in der Nacht und steckten jedes Haus in der Straße in Brand.«
»Natürlich ist es nicht deine Schuld, Dummerchen.«
»Aber alles, wofür du gearbeitet hast, ist vernichtet worden.« Ihre Stimme klang verzweifelt. »Ich konnte nichts außer mir und unserem Sohn retten.«
Er strich ihr mit seiner rauen Hand über das Haar. »Beruhige dich, du hast das Richtige getan.«
»Unser nächstes Haus sollte aus Stein sein. Was meinst du?«
Sein Gesicht verfinsterte sich. »Dafür muss ich noch lange auf den Goldfeldern arbeiten, Julia.«
»Hast du … wieder nichts gefunden?«, fragte sie zaghaft, und er hob vage die Schultern.
»Nicht der Rede wert, wird mir kaum einhundert Dollar einbringen.«
Sie ließ sich ihre Enttäuschung nicht anmerken, sondern setzte ein zuversichtliches Lächeln auf. »Solange dürfen wir bei Nathan wohnen.«
Er nahm seinen Hut ab und legte ihn auf den Schreibtisch. »Das gefällt mir nicht, aber es lässt sich wohl kaum ändern. Du bist schmal geworden«, stellte er fest.
»Das kommt von der Aufregung in den vergangenen Wochen.
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