Gewitter der Liebe
gelassen hatte, stillte sie Joseph und bettete ihn danach dicht neben sich. Vor Erschöpfung fielen ihr schließlich die Augen zu; sie schlief tief und traumlos bis in den nächsten Morgen.
* * *
Als sie die Augen wieder aufschlug, brauchte sie einige Sekunden, um sich zu erinnern, was in der Nacht geschehen war und wo sie sich befand. Josephs Decke und ihrem Nachthemd haftete zudem ein leichter Geruch nach bitterem Rauch an, der die grausame Erinnerung vollends zurückbrachte.
Lautlos erhob sich Julia, um das schlafende Baby nicht zu wecken, und sah erschrocken an sich herunter. Das weiße Nachthemd wies hässliche Rußflecken auf und ihre Füße waren schmutzig.
Nathan hatte dafür gesorgt, dass auf dem Waschtisch eine große Schüssel warmes Wasser stand; Seife, saubere Handtücher sowie eine Frisiergarnitur lagen ebenfalls bereit. Auf einem Sessel fand Julia Unterwäsche und ein hübsches modernes Kleid aus leichter Baumwolle, davor ein Paar Schuhe – der gute Nathan hatte wirklich an alles gedacht.
Sie wusch sich ausgiebig, bis ihre Haut gerötet war; trotzdem glaubte sie, noch immer nach Rauch zu riechen. Joseph wurde wach, und sie stillte und wickelte ihn wie in Trance. Danach legte sie ihn wieder in das große Bett, deckte ihn sorgfältig zu und verließ das Zimmer.
Auf dem Flur stieß sie auf Nathan, der auf dem Weg zu ihrem Zimmer gewesen war. Mit einem Blick erfasste er, dass Julia noch immer völlig verstört war und ihr Blick flackerte.
»Komm mit, ich habe den Frühstückstisch bereits gedeckt.«
»Ich habe keinen Hunger …«
Er nahm ihren Arm. »Sei vernünftig, du musst etwas essen. Die Geschehnisse der vergangenen Nacht lassen sich nicht so schnell abschütteln, dafür habe ich größtes Verständnis. Aber dein Leben muss weitergehen – schon wegen Joseph.«
Willenlos ließ sie sich in Nathans gemütliches Esszimmer führen; der runde Tisch war liebevoll gedeckt. Mechanisch setzte sie sich, als Nathan einen Stuhl für sie zurechtrückte.
Sie starrte auf das Geschirr vor sich und murmelte mehr zu sich selbst: »Ich habe alles verloren … Ross und ich haben alles verloren …«
»Nicht alles. Du hast dein Leben und das deines Kindes gerettet, das war das Kostbarste, was es zu retten gab.« Er goss Julia Kaffee ein, schob den Brotkorb, Butter und Marmelade zu ihr hinüber. »Ich wage mir gar nicht auszumalen, was geschehen wäre, wenn das Feuer nicht rechtzeitig bemerkt worden wäre und man dich nicht geweckt hätte.«
Langsam hob sie den Kopf. »Wo sind die anderen Leute untergekommen, die vergangene Nacht ebenfalls ihr Hab und Gut verloren haben?«
»Bei Bekannten oder in den Hotels und Pensionen der Stadt.«
Zögernd griff sie nach ihrer Tasse und nahm einen Schluck. Der Kaffee war frisch aufgebrüht und stark, sodass Julias Lebensgeister wieder etwas erwachten. »Wieso warst du sofort zur Stelle?«
»Virgil und Flynn weckten mich, weil sie gehört hatten, wo es brannte. Auf das Schlimmste gefasst, fuhr ich sofort dorthin, weil ich wusste, dass sich dort euer Haus befindet … befand. Julia, das Grundstück gehört Ross, er kann jederzeit ein neues Haus darauf errichten, wenn er es will.«
Sie schluckte trocken. »Das würde bedeuten, er müsste es von seinen weiteren Goldfunden bezahlen anstatt …« Sie beendete den Satz nicht, denn Nathan wieder von ihrem Wunsch nach einer Hochzeit mit Ross zu erzählen, wagte sie nicht, weil sie seine Reaktion kannte.
»Warte erst einmal, was Ross dazu meint, wenn er heimkommt.«
»Er wird hellauf begeistert sein«, versetzte sie mit einem Anflug von Galgenhumor. »Vielleicht macht er mir sogar Vorwürfe, weil ich nicht besser aufgepasst habe.«
Hart stellte Nathan seine Tasse auf den Teller zurück. »Du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen; dich trifft keinerlei Schuld, denn es war wie üblich Brandstiftung. Etwas anderes wäre es gewesen, wenn du den Kamin zu stark eingeheizt oder vergessen hättest, eine Kerze vor dem Schlafengehen zu löschen. Übrigens – das Kleid steht dir gut und passt wie angegossen.«
Ihre Antwort war ein lahmes Lächeln.
»Ich habe in aller Herrgottsfrühe den Besitzer des Konfektionsgeschäftes nebenan aus dem Schlaf geholt, damit er dir fürs Erste eine bescheidene Garderobe zusammenstellt. Ich hoffe, wir haben deinen Geschmack getroffen.«
»Die Sachen sind sehr hübsch, danke. Du musst deswegen schon sehr früh aufgestanden sein.«
»Keine Ursache«, gab er lächelnd zurück. »Dafür sind Freunde
Weitere Kostenlose Bücher