Gewitter über Emilienlund: Mittsommerglück (German Edition)
Konsequenzen nachzudenken. Sollte Grey davon erfahren, dass sie mit seinem Freund über ihn gesprochen hatte, war sie vermutlich ihren Job los. Doch was machte das jetzt noch für einen Unterschied?
“Also gut, wir haben miteinander getanzt, alles war ganz wunderbar, und dann …” Sie hob die Achseln. “Ich weiß auch nicht. Seltsam, jetzt, wo ich darüber nachdenke, fallen mir diese Kinder ein, die er gesehen hat. Plötzlich war er wie ausgewechselt, und dann hat er mich von sich gestoßen. Glauben Sie mir, ich habe nicht die leiseste Idee, was eigentlich geschehen ist.”
Nachdenklich nickte Henrik. “Danke, dass Sie so offen zu mir waren. Ich weiß das wirklich zu schätzen.” Er schenkte Annie ein aufmunterndes Lächeln. “Und machen Sie sich bloß keine Gedanken um Ihren Job, Annie. Es gibt da einige Dinge in Greys Vergangenheit, die er bisher noch nicht verarbeiten konnte. Aber ich kenne ihn. Sie hätten keinen faireren Chef bekommen können, das können Sie mir glauben.”
Damit verabschiedete er sich von ihr, wartete aber noch, bis sie das Haus betreten hatte, ehe er ging. Schwer atmend lehnte Annie sich mit dem Rücken gegen die Tür. Was für ein Abend!
Sie fühlte sich grauenvoll. Dabei hatte es so schön begonnen. Für ein paar Minuten hatte sie tatsächlich geglaubt, dass Grey und sie … Nein, das war lächerlich. Hatte sie nicht noch vor ein paar Tagen am Telefon zu Jenna gesagt, dass sie sich auf keinen Fall mit Grey einlassen würde? Und doch bekam sie jedes Mal, wenn sie ihn sah, weiche Knie. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für ein ungetrübtes Arbeitsverhältnis.
Worauf Henrik wohl angespielt hatte, als er Dinge erwähnte, die Grey bisher nicht hatte verarbeiten können? Seine Vergangenheit – das konnte alles und nichts bedeuten. Jeder Mensch hatte irgendwo in seiner Vergangenheit mindestens einen dunklen Punkt, den er am liebsten vergessen würde. Annie fragte sich, was dieser dunkle Punkt bei Grey sein mochte.
Es geht dich nichts an, rief sie sich zur Ordnung. Steck deine Nase nicht in fremde Angelegenheiten. Damit handelst du dir nur Ärger ein, sonst nichts.
Und doch wünschte sie sich, mehr über Grey zu wissen. Sie schloss die Augen. Wie gern würde sie ihm helfen …
Abrupt stieß sie sich von der Tür ab. Hör auf! Hör sofort damit auf! Er ist dein Chef, begreif das endlich!
Annie wälzte sich unruhig hin und her. Stunden waren vergangen, seit sie sich zu Bett gelegt hatte. Und obwohl sie sich müde und zerschlagen fühlte, konnte sie kein Auge zutun. Doch das lag nicht allein an dem Gewitter, das über das Land zog.
Sie grübelte darüber nach, was während des Festes vorgefallen war, das Greys plötzlichen Stimmungsumschwung erklären konnte. Aber sosehr sie sich auch den Kopf darüber zermarterte, ihr fiel einfach kein Grund ein. Außer vielleicht … Da waren diese Kinder gewesen. Als Grey sie gesehen hatte, war seine Stimmung umgeschlagen. Oder hatte sie sich das bloß eingebildet? Sie wusste es nicht, allerdings fiel ihr auch kein Grund ein, wie das zusammenhängen konnte.
Seufzend tastete sie nach dem Schalter ihrer Nachttischlampe und setzte sich im Bett auf. Dann barg sie das Gesicht in den Händen. Ob Grey bemerkt hatte, was seine körperliche Nähe in ihr ausgelöst hatte? Allein der Gedanke war ihr furchtbar unangenehm. Aber, um Himmels willen, es schien die einzige logische Erklärung zu sein.
Und das Schlimmste daran war, dass sie sich tatsächlich stark zu ihm hingezogen fühlte. Das Wissen, dass er sich direkt im benachbarten Zimmer befand, ließ ihren Puls in die Höhe schnellen. Und dann diese Bilder, die ungewollt vor ihrem geistigen Auge aufblitzten. Grey in der Hütte, mit nacktem Oberkörper, nur mit knappen Shorts bekleidet. Der Anblick seines muskulösen Rückens …
Was war bloß mit ihr los? In ihrem bisherigen Leben hatte Sex immer nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt. Was hatte Grey nur mit ihr angestellt, dass ihr ununterbrochen lüsterne Gedanken durch den Kopf spukten?
An Schlaf war jedenfalls nicht mehr zu denken. Zudem verspürte Annie einen brennenden Durst. Und vielleicht würde ein Schluck kalter Milch ihr helfen, endlich zur Ruhe zu kommen. Sie stand auf und streifte sich Morgenrock und Hausschuhe über. Dann verließ sie ihr Zimmer und schloss die Tür so leise wie möglich, um niemanden aufzuwecken.
Auf Zehenspitzen betrat sie die Küche, öffnete den Kühlschrank und nahm die Milch heraus.
“Sie können wohl
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