Gewitter über Emilienlund: Mittsommerglück (German Edition)
es auch ein wenig rustikaler mögen, hätte ich noch einen echten Geheimtipp.”
Annie war begeistert. “Worauf warten wir noch? Ich lasse mich selbstverständlich überraschen.”
Das kleine Lokal, in das Grey sie führte, gefiel ihr auf Anhieb. Es war eng und eher rustikal eingerichtet, doch die ganze Atmosphäre war äußerst einladend. Die Bedienung begrüßte sie überschwänglich und wies Ihnen einen der besten Plätze im ganzen Restaurant zu.
“Übrigens, hier wird das köstlichste Smörgåsbord in ganz Stockholm serviert. Ich hoffe also, Sie haben wirklich genug Appetit mitgebracht.”
Annie staunte nicht schlecht, als das Essen serviert wurde. Es gab tatsächlich von allem etwas, und davon reichlich. Senfhering, Lachs mit Dillkartoffeln, verschiedene Salate. Schon bei der Hauptspeise, gegrilltem Rindsfilet mit Kartoffelgratin und einer köstlichen hellen Kräutersauce, fühlte sie sich, als ob sie keinen weiteren Bissen mehr herunterbekommen könnte.
“Und, was sagen Sie?”
“Hervorragend”, antwortete sie und knabberte an einem Stück Käse. “Ich platze wahrscheinlich, wenn ich noch einen einzigen Happen zu mir nehme.”
Mit gespielter Empörung schaute Grey sie an. “Das soll doch hoffentlich nicht heißen, dass Sie auf den krönenden Abschluss dieses Festmahls verzichten wollen?”
Da Annie lange Zeit in Schweden gelebt hatte, wusste sie, was nun zwangsläufig folgen musste: ein Stück Mandeltårta.
Obwohl der Kuchen köstlich war, schob Annie das letzte Stück nur noch mit der Gabel auf dem Teller hin und her. Grey hob eine Braue. “Was ist? Schmeckt es Ihnen nicht?”
“Oh doch, natürlich. Aber ich fürchte, ich schaffe beim besten Willen nichts mehr. Ich hoffe, der Koch ist nicht allzu beleidigt, wenn ich den Rest zurückgehen lasse.”
“Na, so wie ich Björn kenne, wird er Ihnen noch einmal verzeihen.”
Sein warmes Lächeln ließ Annies Herz schneller schlagen. “Nun, es war ein aufregender Tag”, meinte sie, nur um irgendetwas zu sagen. Sie hoffte, dass Grey ihr ihre Aufregung nicht allzu sehr anmerkte.
“Ja”, stimmte er zu. “Und ein äußerst erfolgreicher dazu. Ich finde, darauf sollten wir anstoßen, was meinen Sie?” Ohne ihre Antwort abzuwarten, winkte er den Kellner heran. “Wir hätten gerne ein Flasche von Ihrem besten Champagner.”
“Das ist doch nicht nötig”, protestierte Annie, doch insgeheim freute sie sich unbändig. Dabei ging es ihr weniger um den Champagner als darum, dass die Dinge zwischen Grey und ihr endlich wieder im Lot zu sein schienen.
Er zwinkerte ihr zu. “Und ob das nötig ist. Sie haben sich eine kleine Anerkennung redlich verdient.”
Noch niemals zuvor in ihrem Leben hatte Annie Champagner getrunken. Die perlenden Bläschen kitzelten ihr auf der Zunge, doch davon abgesehen war sie fast ein wenig enttäuscht. “Das schmeckt ja wie Sekt.” Die Worte waren ihr einfach so herausgerutscht. Als Grey zu lachen begann, schoss ihr das Blut in die Wangen. “Nun, natürlich wusste ich schon, wie Champagner schmeckt, es ist nur …” Resignierend hob sie die Schultern und seufzte. “Okay, ich gebe zu, ich wusste es nicht. Zufrieden?”
“Entschuldigen Sie bitte, Annie, ich lache nicht über Sie. Um ehrlich zu sein, ich finde Ihre Bemerkung sogar erfrischend ehrlich. Sie haben absolut recht – Champagner wird völlig überbewertet.”
“Finden Sie? Oder versuchen Sie nur, mich zu trösten?”
Grey war ein hervorragender Unterhalter, sodass Annie völlig die Zeit vergaß. Erst als der Wirt sie dezent darauf hinwies, dass das Lokal in wenigen Minuten schließen würde, wurde ihr klar, wie spät es eigentlich schon war.
“Du liebe Güte! Ich würde sagen, es ist höchste Zeit, dass ich Sie ins Bett bringe”, meinte Grey lachend, als sie ihn darauf hinwies. “Wir sollten wirklich aufbrechen, ehe Björn kurzen Prozess macht und uns vor die Tür setzt.”
Beim Aufstehen merkte Annie, dass sie offenbar etwas zu viel getrunken hatte. Sie musste sich an der Rückenlehne ihres Stuhles festklammern, um nicht umzufallen.
“Lassen Sie mich Ihnen helfen”, sagte Grey, der ihre missliche Lage sofort bemerkt hatte. Er hakte sich bei ihr unter, sodass Annie sich auf ihn stützen konnte.
Unter normalen Umständen wäre sie in einer Situation wie dieser wohl vor Scham im Boden versunken. Doch die Umstände waren alles andere als gewöhnlich. Zum einen war ihr Blutalkoholspiegel, obwohl sie nur ein paar Gläser Champagner getrunken hatte,
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