Gewitter über Emilienlund: Mittsommerglück (German Edition)
Cardassian sagte, hatte Hand und Fuß. Wenn Mackenzie es darauf anlegte, sie zu überbieten, gab es nichts, was O’Brannagh Industries dem entgegenzusetzen hatte. Es sei denn …
“Mr. Bergström”, sagte sie, von einer spontanen Idee getrieben. “Wäre es möglich, Sie kurz unter vier Augen zu sprechen?”
Alle drei Männer waren erstaunt über Annies ungewöhnliche Bitte. Grey musterte sie verblüfft, während Cardassians Blick unverhohlen feindselig war. Schließlich zuckte Bergström die Achseln. “Warum nicht.”
Annies Herz klopfte wie verrückt, als sie Olaf Bergström in das angrenzende Hotelzimmer folgte. Sie ging auf das Fenster zu und warf einen kurzen Blick hinaus. Der Ausblick war herrlich. Annie sah den großen Fluss, der sich zwischen Bäumen und Sträuchern, die am Ufer aufragten, entlangschlängelte, und das gewaltige Bergpanorama im Hintergrund. Doch jetzt war keine Zeit, sich an der Natur zu erfreuen, sie war hier, um O’Brannagh Industries vor dem sicheren Ruin zu bewahren – und um Grey zu beweisen, dass es kein Fehler gewesen war, sie einzustellen.
Sie drehte sich um. Ihre Handinnenflächen waren feucht, und ihre Knie waren so schwach, dass sie sich am liebsten hingesetzt hätte – doch sie beherrschte sich.
“Nun, Miss Fielding, was kann ich für Sie tun?”
Noch einmal atmete Annie tief durch, dann begann sie mit den Ausführungen, die sie sich in Gedanken bereits zurechtgelegt hatte. “Mr. Bergström, wie ich weiß, haben Sie es vor allen Dingen Mr. O’Brannaghs großzügiger Unterstützung zu verdanken, dass wir heute hier stehen.”
Bergström nickte. “Das stimmt. Aus diesem Grunde hatte ich Mr. O’Brannagh auch die Gelegenheit geboten, das erste Angebot auf mein Patent abzugeben.” Er seufzte. “Natürlich wäre es mir am liebsten, den Vertrag mit O’Brannagh Industries abzuschließen, aber Sie werden sicherlich auch verstehen, dass ich nichts zu verschenken habe. Sollten Mr. Cardassians Auftraggeber also tatsächlich bereit sein, ihr Angebot um fünfundzwanzig Prozent zu erhöhen, dann sehe ich mich leider gezwungen, bei Mackenzie zu unterzeichnen.”
Annie schluckte. Es war an der Zeit, ihr letztes Ass aus dem Ärmel zu ziehen – und sie konnte nur hoffen, dass ihre Argumente Eindruck auf Bergström machen würden. “Mr. Bergström”, begann sie, überrascht darüber, wie ruhig ihre Stimme klang. “Haben Sie Verwandte in Sjönderby?”
“Ja, natürlich”, erwiderte er überrascht. “Meine ganze Familie lebt in der Umgebung – allerdings kann ich nicht ganz nachvollziehen, worauf Ihre Frage abzielt, Miss Fielding.”
“Nun, ich frage mich, ob Sie schon einmal darüber nachgedacht haben, was ein Bankrott von O’Brannagh Industries für die gesamte Region bedeuten könnte. Ihnen dürfte klar sein, dass das Unternehmen bereits zu viel Zeit und Geld investiert hat, um im Falle eines Nichtzustandekommens des Vertrages für Ihr Patent ohne schwere Folgen davonzukommen.”
Bergström runzelte die Stirn. “Um ehrlich zu sein, darüber habe ich bisher noch nicht nachgedacht. Mein Bruder Karl arbeitet bei O’Brannagh Industries. Natürlich wäre es eine Katastrophe, wenn er seinen Job verlieren würde.”
“Außerdem möchte ich Sie wissen lassen, dass es nicht Mr. O’Brannaghs Schuld ist, dass Interna nach außen gelangt sind. Mr. Cardassian ist durch Bestechung und Spionage an die Informationen bezüglich der Verhandlungen zwischen Ihnen und Mr. O’Brannagh gelangt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie derartig hinterhältige Machenschaften tatsächlich unterstützen wollen. Deshalb möchte ich Sie bitten, sich über die Konsequenzen Ihres Handelns Gedanken zu machen, ehe Sie Ihre Entscheidung treffen …”
Schweigend und ohne eine Miene zu verziehen betraten Grey und Annie Seite an Seite den Fahrstuhl.
“Welche Etage?”, fragte der Liftboy.
“Parterre, bitte.”
Fast lautlos schlossen sich die Türen. Unwillkürlich wanderte Annies Blick zu dem Spiegel, der in die seitliche Aufzugwand eingelassen war. Grey sah in seinem eleganten Anzug fantastisch aus. Doch sie selbst machte, das musste sie zugeben, an diesem Tag ebenfalls eine recht gute Figur. Das neue sandfarbene Kostüm stand ihr ausgezeichnet, verlieh ihrem Haar einen goldenen Schimmer und ließ das Braun ihrer Augen leuchten.
Ein helles Klingeln verkündete die Ankunft des Fahrstuhls im Erdgeschoss. Die Türen glitten auseinander, und Grey und Annie durchquerten zügig das
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