Gewitter über Emilienlund: Mittsommerglück (German Edition)
konnte nicht mehr zwischen der Stimme seines Herzens und der seines Verstandes unterscheiden. Wie sollte er denn vernünftig bleiben, wenn er sich aus tiefstem Herzen wünschte, erneut mit Annie zu schlafen? Er wollte diese Frau, ja, er wollte sie um jeden Preis. Der Duft ihres seidigen Haares, die Wärme, die ihr Körper ausstrahlte, und ihr heißer Atem betörten seine Sinne. Er hatte versucht, sie abzuweisen, doch als sie ihn jetzt küsste, erlahmte sein Widerstand vollends. Wie sollte er eine solche Frau zurückweisen?
Heftig erwiderte er ihre leidenschaftlichen Küsse, und ehe er sich versah, lagen sie auf dem Bett. Zärtlich streichelte er jede Stelle ihres Körpers, und schließlich war sein Verstand völlig ausgeschaltet, und Grey folgte nur noch der Stimme seines Herzens.
Annie räkelte sich genüsslich mit geschlossenen Augen auf dem breiten Doppelbett. Sie spürte die wärmenden Strahlen der Sonne auf ihrer Haut, roch den würzigen Duft von Greys Aftershave, das dem weichen Kissen anhaftete, auf dem sie lag.
Und dann war sie mit einem Mal hellwach. Die Erinnerungen an den vergangenen Abend waren nur bruchstückhaft, aber dennoch anschaulich genug, um ihr die Röte ins Gesicht steigen zu lassen. Verflixt, sie hatte es wieder getan! Sie hatte erneut mit Grey geschlafen! Was hatte sie sich dabei bloß gedacht?
Der Platz neben ihr war verwaist. Offenbar war Grey vor ihr erwacht und hatte sich diskret auf sein eigenes Zimmer zurückgezogen. Ein Gefühl der Ernüchterung machte sich in ihr breit. Wahrscheinlich bereute er zutiefst, was zwischen ihnen vorgefallen war.
Desillusioniert fuhr Annie sich mit der Hand über die Augen. Sie war so ein elender Dummkopf gewesen. Man hatte ihr eine große Chance geboten, und sie hatte alles ruiniert! Hätte sie doch bloß die Finger vom Champagner gelassen!
Sie rollte sich vom Bett und sammelte ihre auf dem Boden verstreuten Kleidungsstücke ein. Zu ihrer Verwunderung stellte sie fest, dass auch einige Dinge von Grey darunterlagen. War er so überstürzt davongelaufen, dass er keine Zeit gehabt hatte, seine Sachen mitzunehmen? Schwer vorstellbar.
Erst jetzt fiel ihr das prasselnde Geräusch auf, das durch die geschlossene Badezimmertür drang. Es klang fast wie … Konnte es sein, dass …?
Nein. Sie schüttelte den Kopf. Grey stand ganz bestimmt nicht unter der Dusche. Er würde ganz sicher nicht …
Die Tür öffnete sich, und Grey trat mit tropfnassem Haar aus dem Bad. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er Annie erblickte. “Guten Morgen, Schlafmütze.”
Dann kam er zu ihr hinüber und hauchte ihr einen sanften Kuss auf die Lippen, der ihr Herz wild flattern ließ. Ich muss träumen, dachte sie verwirrt. Ganz sicher wird jeden Moment der Wecker klingeln, und ich wache in meinem Zimmer in Emilienlund auf.
Doch nichts dergleichen geschah, und nach einer Weile begriff sie, dass dies keineswegs nur ein schöner Traum war. Denn die Gefühle, die Grey in ihr auslöste, als er sie zart mit den Fingerspitzen liebkoste, konnten unmöglich nur ihrer Fantasie entspringen.
11. KAPITEL
U nglaublich – fantastisch – einfach wunderbar! Grey fielen eine Menge Worte ein, um das zu beschreiben, was er für Annie Fielding empfand. Für ein paar Sekunden nahm er den Blick von der Straße, um ihr sanftes Antlitz zu betrachten. Kaum eine halbe Stunde, nachdem sie von Stockholm aufgebrochen waren, war Annie eingeschlafen. Er fand, dass sie aussah wie ein Engel. Die Züge entspannt, das Haar fiel ihr wie ein Schleier vors Gesicht.
Nur unter Aufbringung all seiner Willenskraft konnte er sich davon abhalten, sie zu berühren. Er wollte sie nicht aufwecken, nicht den Ausdruck vollkommenen Friedens zerstören, den der Schlaf ihr verliehen hatte.
Er lächelte. Sie war wunderschön. Vielleicht nicht im klassischen Sinne, nein, doch in seinen Augen war sie die vollkommene Frau. Nicht nur äußerlich, sondern auch was ihre Persönlichkeit betraf.
Doch was würde nun aus ihnen werden?
Diese Frage warf einen Schatten auf sein Gesicht. Am liebsten wollte er gar nicht darüber nachdenken, doch in nicht einmal einer halben Stunde würden sie Sjönderby erreichen. Und spätestens dann musste er eine Entscheidung treffen.
Eines stand fest, er konnte den Gedanken, ohne Annie zu sein, nicht ertragen. Mehr als einmal hatte er sich gefragt, was er eigentlich von ihr wollte. Freundschaft, einen Flirt, eine lockere Affäre? Doch inzwischen war ihm klar, dass da mehr war, viel
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