Gewitter über Emilienlund: Mittsommerglück (German Edition)
hoch genug, um einige mentale Sperren aus dem Weg zu räumen, und zum anderen war da Greys verwirrende Nähe, die alle möglichen Gefühle in ihr auslösten.
“Es tut mir leid.” Sie begann zu kichern und konnte, einmal damit angefangen, überhaupt nicht mehr aufhören. “Wirklich, ich weiß gar nicht, was mit mir los ist.”
“Oh, aber ich”, erklärte Grey schmunzelnd und führte sie, nachdem er die Rechnung beglichen hatte, aus dem Restaurant. “Sie haben eine Schwips.”
“Das kann nicht sein”, platzte es aus ihr heraus. “Ich hatte in meinem ganzen Leben noch keinen Schwips.”
“Nun, seien Sie sich versichert, heute
haben
Sie eine Schwips. Wie sagt man so schön? Einmal ist immer das erste Mal.” Er winkte ein Taxi heran und bugsierte sie herein. Als sein Arm ihre Brüste streifte, durchzuckte Annie eine Welle des Verlangens.
Schlagartig fühlte sie sich völlig nüchtern.
Während das Taxi in Richtung Hotel aufbrach, musterte sie Grey verstohlen von der Seite. Warum eigentlich nicht?, dachte sie und war erschrocken über ihre eigenen Gedanken. Sie wollte ihn, begehrte ihn schon, seit sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Und sie ahnte, dass es ihm ganz ähnlich erging.
Was sprach also dagegen, wenn sie einfach …?
Sie wusste, dass es vermutlich nur der Champagner war, der sie so übermütig werden ließ. Doch in diesem Moment kümmerten die Gründe sie herzlich wenig. Das Taxi hielt vor dem Hotel, und Grey bezahlte den Fahrer. Annie wartete darauf, dass er sich wieder bei ihr unterhakte. Sie war bei Weitem nicht mehr so unsicher auf den Beinen wie noch bei ihrer Abfahrt, doch sie genoss seine Nähe viel zu sehr, um darauf zu verzichten.
Ihre Zimmer lagen direkt nebeneinander. Als Annie versuchte, ihre Tür aufzuschließen, landete der Schlüssel klimpernd auf dem weichen bordeauxroten Teppich. Wieder begann sie zu kichern, ohne dass sie etwas dagegen hätte unternehmen können.
“Warten Sie, ich helfen Ihnen”, bot Grey, ganz Gentleman, an. Er griff nach dem Schlüssel und öffnete die Tür für Annie. “So, da wären wir.”
Er machte Anstalten, sich abzuwenden, doch Annie versperrte ihm den Weg. Bemüht lasziv lehnte sie sich gegen den Türrahmen. “Sie wollen doch nicht etwa schon gehen?”, fragte sie mit rauchiger Stimme. “Der Abend ist doch noch jung.”
Lächelnd trat Grey einen Schritt zurück. “Ich weiß das Angebot wirklich zu schätzen, aber ich halte das für keine gute Idee. Sie haben zu viel Champagner getrunken, um noch zu wissen, was Sie tun …”
“Nun, warum lassen Sie das nicht einfach meine Sorge sein?”
“Weil Sie im Augenblick einfach nicht … nicht Sie selbst sind, Annie.” Triumphierend bemerkte sie das leichte Zittern in seiner Stimme. “Wirklich, es ist besser, wenn ich jetzt gehe.”
Doch sie war nicht bereit, so leicht aufzugeben. Deshalb setzte sie alles auf eine Karte, trat direkt auf ihn zu und küsste ihn stürmisch.
Greys Augen weiteten sich vor Überraschung. Für einen Moment war er zu überrumpelt, um irgendwie zu reagieren, dann versuchte er, sich sanft von Annie loszumachen, aber sie schlang die Arme um seinen Nacken und küsste ihn umso leidenschaftlicher.
Und dann spürte sie, wie sein anfänglicher Widerstand erlahmte. Seine Hände legten sich um ihre Taille, und er begann, ihren Kuss mit hitziger Begeisterung zu erwidern. Taumelnd bewegten sie sich rückwärts, ohne sich voneinander zu lösen. Annie hatte das Gefühl, lichterloh in Flammen zu stehen. Als sie das Bett erreichten, ließen sie sich einfach darauf fallen.
Nichts schien mehr wichtig zu sein. Alles, was zählte, waren Greys Küsse, die eine glühende Feuerspur auf Annies Haut zu hinterlassen schienen. Für den Bruchteil einer Sekunde begehrte die vernünftige, die realistische Annie auf, die sie tief in den hintersten Winkel ihres Unterbewusstseins verbannt hatte. Es ist Wahnsinn, was du da tust, schrie sie ihr zu.
Doch es kümmerte sie nicht. Wie konnte etwas falsch sein, das sich so verdammt richtig anfühlte?
Das war ihr letzter klarer Gedanke, ehe sie sich vollends von ihren Gefühlen überwältigen ließ.
Du lässt dich schon wieder auf sie ein, hörte Grey eine mahnende innere Stimme. Du tust es schon wieder. Warum machst du den gleichen Fehler zweimal?
Aber wie konnte es ein Fehler sein. Wie konnte etwas, das man sich so sehr wünschte, das man unbedingt
wollte,
falsch sein?
Greys Gedanken rasten. Er wusste nicht mehr, was falsch und richtig war,
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