Gewitterstille - Kriminalroman
ja Braun und seine Intuition. Er fand die Vernehmung nicht rund. Irgendwas stört ihn an Asmus’ Aussage. Ich meine, der war am Ende echt mit den Nerven runter und hat hinsichtlich der Diebstähle die Hosen bedingungslos runtergelassen, aber beim Mord bleibt er stur.«
»Na ja, es geht schließlich bei dem Mord auch um viel mehr. Weiß Petra Kessler schon, dass ihr gegebenenfalls einen Schlüssel ausprobieren wollt?«
»Noch nicht. Ich habe ihr eine Rückrufbitte auf dem AB hinterlassen. Erst einmal abwarten, was wir morgen tatsächlich finden. Wenn du willst, kannst du sie aber gern vorwarnen. Denn wenn der Schlüssel tatsächlich im Schließfach ist, werden wir entweder ihre Genehmigung oder einen Gerichtsbeschluss brauchen, um das Haus damit zu öffnen. Du kannst also gern einmal vorfühlen.« »Das mache ich vielleicht. Dann kann ich gleich versuchen, rauszukriegen, was für neue Nachbarn ich bekomme. Sie will das Haus nämlich verkaufen.«
»Das sind doch gute Nachrichten für dich – oder? Du magst die Kessler doch sowieso nicht.«
»Nicht wirklich. Ich hoffe, es zieht nebenan eine nette junge Familie ein, die keine Hausschweine im Garten züchtet.«
»Wenn du nette Nachbarn willst, sollte ich vielleicht darüber nachdenken, dort einzuziehen.«
»Tolle Idee! Nee, im Ernst, ich werde mal sehen, ob ich schon etwas über meine potenziellen neuen Nachbarn in Erfahrung bringen kann.«
»Wann sehen wir uns übrigens, Anna? Ich würde dich sehr gern zum Essen einladen! Was hältst du davon, wenn du mich Freitagabend abholst? Natürlich würde ich dich lieber abholen, aber ich darf leider im Moment nicht Auto fahren wegen der Schmerzmittel, ohne die ich wahrscheinlich an die Decke gehen würde.«
»Ich muss schauen, ob ich einen Babysitter bekomme.«
»Wenn nicht, komme ich auch gern mit einem Taxi bei dir vorgefahren, und wir bestellen etwas beim Chinesen?«
Anna zögerte. »Mal sehen«, sagte sie schließlich.
»Wie, mal sehen? Was heißt hier: mal sehen? Ich biete dir an, mich schwer verletzt zu dir auf den Weg zu machen, und du sagst: mal sehen?«
Anna wusste nicht, weshalb sie so verhalten reagierte. Es war etwas zwischen ihr und Bendt, was sie nicht länger leugnen wollte, und trotzdem fühlte sie sich unsicher.
»Wie gesagt: Ich schau, ob ich einen Babysitter bekomme, okay? Ich melde mich morgen.«
41. Kapitel
P etra Kessler war weder nebenan im Haus noch aufdem Handy erreichbar. Die Beamten hatten inzwischen wirklich einen am Hamburger Hauptbahnhof deponierten Schlüssel zutage gefördert, der so schnell wie möglich am Schloss des Nachbarhauses ausprobiert werden sollte. Allerdings hatte Petra Kessler für diesen Tag auch Besichtigungstermine wegen des Hausverkaufs vereinbart. Anna wollte nicht, dass ihre potenziellen neuen Nachbarn durch die Präsenz der Kripo gleich abgeschreckt wurden. Es musste ja nicht unbedingt sofort jeder mit der Nase darauf gestoßen werden, dass es sich bei dem Kaufobjekt um das Haus der ermordeten Luise Möbius handelte. Sie nahm das Telefon zur Hand und wählte die Nummer, die sie im Internet unter dem Eintrag Christoph Kessler in Berlin gefunden hatte. Nachdem sie Petra schon seit ein paar Tagen nicht mehr gesehen hatte, vermutete sie, sie in Berlin erreichen zu können.
Das Freizeichen ertönte fünfmal, und Anna wollte fast schon wieder auflegen, als endlich abgenommen wurde.
»Bei Kessler!?«, meldete sich eine gehetzt klingende Frauenstimme.
»Anna Lorenz, guten Tag.«
»Rufen Sie wegen des Flügels oder einem der Autos an?«
»Bitte?«
»Flügel oder Auto?« Die Stimme klang höflich, aber ungeduldig.
»Ich verstehe nicht – weder noch! Ich suche Frau Kessler.«
»Entschuldigung«, sagte die Frau jetzt freundlicher. »Herr Kessler hat Inserate geschaltet, weil der Flügel und zwei Autos verkauft werden sollen, und jetzt klingelt es hier unentwegt wegen der Termine.«
»Verstehe. Darf ich Frau Kessler sprechen?«
»Sie ist im Moment nicht im Hause. Kann ich ihr etwas ausrichten?«
»Ja, gern, das heißt, wann erwarten Sie sie denn zurück?«
»Heute gar nicht mehr. Sie ist in Hamburg, soweit ich weiß. Sie müssten es mobil versuchen, wenn es dringend ist.«
»Ja, gut.«
Anna überlegte kurz und entschied, dass es sinnvoll wäre, wenigstens Petra Kesslers Mann zu informieren. Außerdem verspürte sie eine gewisse Neugier, einmal mit dem Mann zu sprechen, der angeblich einen so engen Draht zu der alten Frau Möbius gehabt hatte und gleichzeitig
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