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Gewitterstille

Gewitterstille

Titel: Gewitterstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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aussah, in ihrem Rollstuhl nicht hatte kommen hören.
    »Gott, hast du mich erschreckt«, zischte sie sie an. »Musst du hier so rumschleichen?«
    »Ich schleiche nicht«, gab Sophie zurück und ließ den Blick über ihre reglosen Beine streifen. »Außerdem kann ich ja nicht ahnen, dass du hier mitten in der Nacht im Stockdunkeln durchs Wohnzimmer geisterst.«
    »Ich habe bis eben gearbeitet«, entschuldigte Anna sich gähnend. »Aber was machst du um diese Uhrzeit überhaupt noch hier?«
    »Ich kann bei der Hitze nicht schlafen«, antwortete Sophie, »und mein Kühlschrank ist leer.«
    »Diebin!« rief Anna scherzhaft und klappte ihren Laptop zu.
    »Du hast wieder nach der Dose gesucht, oder? Hat sich denn deine Nachtschicht wenigstens gelohnt?«
    »Leider nicht.« Anna gähnte erneut. »Ich glaube, es hat keinen Sinn.«
    »Mit Sicherheit nicht. Du solltest aufhören, einem Phantom hinterherzujagen. Das ist doch totale Zeitver schwendung. Lass uns lieber gucken, was mir dein Kühlschrank so zu bieten hat.«
    Obwohl Anna eigentlich dringend ins Bett musste, entschloss sie sich, Sophie bei ihrem nächtlichen Imbiss Gesellschaft zu leisten. Sie hatten sich ein Tablett zurechtgemacht und waren auf die Terrasse hinausgegangen, wo sie jetzt beim Schein eines Windlichts beisammensaßen, während es um sie herum schon langsam hell wurde. In den Sträuchern zirpten leise die Grillen. Obwohl Anna sich in dem Haus mit dem kleinen, gepflegten Garten wohlfühlte, dachte sie oft wehmütig an ihr Haus am Priwall in unmittelbarer Nähe des Jachthafens zurück. Sie hatte es so sehr geliebt, vom Garten aus auf das Wasser der Trave und die dahinter liegende Travemünder Altstadt zu schauen, dem Schreien der Möwen und Hupen der Schiffssirenen zuzuhören und bei Tag die Boote zu beobachten, die vorbeischipperten.
    Während sie Sophie beim Essen zusah, stellte Anna fest, dass auch sie hungrig war, und griff nach einer Scheibe Schinken und einem Stück Ciabatta, das Sophie auf dem Terrassentisch bereitgelegt hatte. Anna schenkte ihnen ein Glas Weißwein ein und nahm einen kräftigen Schluck.
    »Georg liebt dich, glaube ich«, stellte Sophie derart unvermittelt fest, dass Anna, die gerade wieder in ihr Brot gebissen hatte, sich verschluckte und husten musste. Sophie schob sich scheinbar ungerührt ein Stück Parmesan in den Mund.
    »Mal ehrlich!«, sagte sie kauend. »Gerade neulich, als ihr euch über Samstag gestritten habt, hast du da überhaupt gemerkt, wie er dich angesehen hat, während du ihm einen Vortrag über Zuverlässigkeit gehalten hast? Echt wie in einer Seifenoper. Ich meine, Georg ist reich, sieht super aus und ist der Vater deiner Tochter. Ich verstehe absolut nicht, dass ihr es euch so schwer macht und nicht zusammenlebt.«
    Anna dachte nach. Sophie war nicht unbedingt die Person, mit der sie ihr Gefühlsleben ausdiskutieren wollte. Auf der anderen Seite zeigte sich Sophie ihr gegenüber meist sehr verschlossen, und Anna hoffte, vielleicht mehr über Sophie erfahren zu können, wenn sie etwas von sich selbst preisgab.
    »Diese Sache mit Georg und mir kann nicht funktionieren. Wir sind Freunde, das ist alles.«
    »Klar«, antwortete Sophie gedehnt. »Das sieht man an Emily.«
    Anna lehnte sich in ihrem Gartenstuhl zurück, zog die Beine an den Körper und sah Sophie tadelnd an.
    »Du bist ziemlich frech. Ich hab dir das mit mir und Georg doch schon mal erklärt. Emily war ein Unfall – ich meine, der schönste Unfall meines Lebens, aber ein Unfall.«
    »Warst du denn kein bisschen in Georg verliebt?«
    »Das war alles kompliziert damals. Ich hatte mich gerade von Tom getrennt. Wir waren noch nicht geschieden, und ich hatte seine neue Freundin kennengelernt, die dann zu allem Überfluss auch noch schwanger war.« Bei dem Gedanken an Tom geriet Anna unweigerlich für einen Moment lang ins Stocken. Sie hatte lange gebraucht, um zu erkennen, dass es ein Fehler gewesen war, sich von ihm zu trennen. Sie hatten einander geliebt, und die Tatsache, dass sie ihr gemeinsames Kind verloren hatten, hatte sie eine Zeit lang taub und blind für das gemacht, was sie auf Dauer hätte verbinden können. Jetzt war es zu spät! Marie war nur wenige Stunden am Leben gewesen, und doch verging kein Tag, an dem Anna nicht an sie dachte. Sophie sprach sie nie auf dieses Kapitel in ihrem Leben an, denn offenbar spürte auch sie, wie schmerzlich es für Anna war. Dafür war Anna ihr sehr dankbar.
    »Georg und seine Frau Sabine hatten damals ihre

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