Gezaehmt im Bett einer Lady
Tür.
„Esmond?“, fragte Beaumont.
„Vielleicht“, erwiderte der Comte. „Das entscheide ich später, nachdem ich meinen Wein ausgetrunken habe.“ Er nahm neben Dain auf dem Stuhl Platz, den Vawtry frei gemacht hatte.
Nachdem die anderen außer Hörweite waren, erklärte Dain: „Mich geht es nichts an, und es ist mir auch egal, Esmond, aber ich bin neugierig: Warum sagen Sie Beaumont nicht einfach, dass er bei Ihnen an der falschen Adresse ist?“
Esmond lächelte. „Es würde keinen Unterschied machen, das kann ich Ihnen versichern. Mit mir hat er dasselbe Problem, denke ich, wie mit seiner Frau.“
Beaumont vögelte alles, dessen er habhaft werden konnte. Seine angewiderte Gattin hatte vor einigen Jahren schon entschieden, dass er seine Finger von ihr zu lassen hatte. Dennoch konnte er einfach nicht von ihr lassen. Beaumont war wie besessen von ihr, und Esmonds Interesse an ihr machte ihn schier wahnsinnig vor Eifersucht. Es war wirklich armselig, fand Dain. Und grotesk.
„Eines Tages werde ich vielleicht verstehen, warum Sie Ihre Zeit auf sie verschwenden“, sagte Dain. „Sie könnten jemanden haben, der Leila Beaumont sehr ähnlich sieht, wissen Sie, für nur ein paar Francs. Und dies hier ist genau der Ort, das zu finden, was man mag, nicht wahr?“
Esmond leerte sein Weinglas. „Ich denke, vielleicht sollte ich nicht wieder herkommen. Dieser Ort hier ... ich habe da ein schlechtes Gefühl.“ Er stand auf. „Ich denke, heute Nacht gehe ich lieber zum Boulevard des Italiens.“
Er lud Dain ein, ihn zu begleiten, aber Dain lehnte ab. Es war fast Viertel vor eins, und er hatte um ein Uhr eine Verabredung oben mit einer blonden Amazone namens Chloe.
Vielleicht hatte das von Esmond bekundete „schlechte Gefühl“ dafür gesorgt, dass Dains Sinne geschärft waren, oder vielleicht hatte er auch weniger Wein getrunken als sonst. Was auch immer der Grund war, der Marquess musterte seine Umgebung genau, als Chloe ihn in dem scharlachrot ausgekleideten Raum empfing.
Er entdeckte das Guckloch, als er gerade dabei war, seinen Rock abzulegen. Es befand sich mehrere Zoll unterhalb seiner Augen inmitten der Wand links neben dem Bett.
Er nahm Chloe an der Hand und führte sie an die Stelle genau vor dem Guckloch. Er trug ihr auf, sich zu entkleiden - ganz langsam.
Dann bewegte er sich sehr schnell - zur Tür hinaus und auf den Flur, wo er eine Tür aufriss, die zu einem Wäscheschrank zu gehören schien, und trat die Tür darin auf. Die Kammer dahinter war sehr dunkel, aber auch sehr eng, sodass er nicht weit greifen musste, als er hörte, wie der Mann darin sich bewegte - offenbar zu einer weiteren Tür. Aber nicht geschwind genug.
Dain zerrte ihn zurück, drehte ihn um und packte ihn am Knoten seines Halstuches, schubste ihn mit dem Rücken gegen die Wand.
„Ich muss Sie nicht sehen“, sagte Dain mit gefährlich leiser Stimme. „Ich kann Sie riechen, Beaumont.“
Es war nicht schwer, Beaumont aus der Nähe zu erkennen. Seine Kleidung und sein Atem verströmten gewöhnlich den schalen Geruch von Alkohol und Opium.
„Ich denke, ich werde unter die Künstler gehen“, fuhr Dain fort, während Beaumont um Atem rang. „Ich glaube, ich nenne mein erstes Werk ,Bildnis eines Toten“.“
Beaumont gab einen erstickten Laut von sich.
Dain lockerte seinen Griff ein wenig. „Sie wollten eine Bemerkung machen, Sie Schwein?“
„Sie ... können ... mich nicht... kaltblütig ... töten“, keuchte Beaumont. „Guillotine.“
„Ganz recht. Ich will ja nicht Ihres widerwärtigen Selbst wegen meinen Kopf verlieren, oder?“
Dain ließ das Halstuch los und schlug Beaumont mit der rechten Faust ins Gesicht, dann mit der linken in den Magen. Beaumont sackte zu Boden.
„Ärgern Sie mich nicht noch einmal“, sagte Dain, dann ging er.
Zur selben Zeit saß Jessica auf dem Bett ihrer Großmutter. Das hier war die erste Gelegenheit für eine längere Unterhaltung, ohne dass Bertie die ganze Zeit störte. Er war vor einer Stunde in irgendeine Lasterhöhle aufgebrochen, was Jessica zum Anlass genommen hatte, seinen besten Cognac zu ordern. Sie war gerade damit fertig, ihrer Großmutter von ihrer Begegnung mit Dain zu berichten.
„Animalische Anziehung, ganz offensichtlich“, sagte Genevieve.
Damit starb Jessicas winzige, aber verzweifelte Hoffnung - dass ihre körperlichen Beeinträchtigungen die fiebrige Reaktion auf die Ausdünstungen der Gosse vor Champtois’ Laden gewesen waren -einen schnellen,
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