Gezaehmt im Bett einer Lady
Stapel Truhen und dick eingewickelt in Bettvorhänge aus Samt.
„Das hier kann niemand anderes sein als die Mutter Seiner Lordschaft“, stellte Jessica fest und fragte sich, warum ihr Herz so heftig klopfte, als hätte sie Angst, was nicht der Fall war. „Das Kleid, die Frisur - letztes Jahrzehnt des achtzehnten Jahrhunderts, keine Frage.“
Die körperliche Ähnlichkeit musste nicht erwähnt werden. Die Dame war schlicht die weibliche Version des gegenwärtigen Marquess.
Das hier war auch das erste Porträt, das Jessica bislang gesehen hatte, das irgendeine Ähnlichkeit mit ihm aufwies.
Nach ihrem einsamen Frühstück - Dain hatte gegessen und war bereits verschwunden, als sie herunterkam - hatte Mrs Ingleby ihr eine erste Führung durch das riesige Haus gegeben und mit ihr einen Spaziergang durch die lange Galerie im zweiten Stock gemacht, wo sich die Familienporträts befanden. Bis auf den ersten Earl of Blackmoor, dessen schwerlidriger Blick Jessica an Dain erinnerte, hatte sie in keinem der Gemälde Ähnlichkeiten mit ihm entdecken können.
Nirgendwo unter diesen werten Herrschaften hatte sie eine Frau gefunden, die Dains Mutter hätte sein können. Mrs Ingleby hatte ihr, als sie sie gefragt hatte, mitgeteilt, dass es ihres Wissens kein solches Porträt gab. Sie war auf Athcourt, seit der gegenwärtige Marquess in Besitz des Titels war, als er den Großteil der bisherigen Dienerschaft ausgetauscht hatte.
Dieses Porträt war also noch zu Lebzeiten seines Vaters abgenommen und hier verstaut worden. Aus Trauer? fragte Jessica sich. War es für den verstorbenen Marquess zu schmerzhaft gewesen, das Bild seiner Frau anzusehen? Wenn, dann musste er ein Mann gewesen sein, der völlig anders war als der, den sie auf seinem Porträt gesehen hatte: ein gut aussehender Gentleman mittleren Alters, der in strenger und fast quäkerhafter Einfachheit gekleidet war. Die bescheidene Kleidung stand in heftigen Gegensatz zu seiner arroganten Miene. Hinter den gestrengen Zügen und den schmalen winterblauen Augen lebten bestimmt nicht die Freundlichkeit und der Sanftmut eines Quäkers.
„Ich weiß nichts über sie“, sagte Jessica, „außer den Tag, an dem sie geheiratet hat, und ihr Todesdatum. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie so jung war. Ich hatte angenommen, die zweite Ehefrau sei eine reifere Frau gewesen. Das hier ist ja nicht mehr als ein Mädchen.“
Und wer, fragte Jess sich ärgerlich, hat dieses hinreißende Kind an den grässlichen frömmelnden und zudem alten Eisblock gefesselt?
Sie lehnte sich zurück, erschreckt von der Heftigkeit ihrer Reaktion. Rasch erhob sie sich.
„Lassen Sie es nach unten in meinen Salon bringen“, trug sie der Haushälterin auf. „Sie dürfen es leicht abstauben, aber nicht weiter reinigen, bis ich die Gelegenheit hatte, es in besserem Licht eingehender zu betrachten.“
Mrs Ingleby stammte aus Derbyshire. Sie hatte nichts von alten Familienskandalen gehört, bevor sie nach Devon gekommen war, und weil sie Dienstbotenklatsch nicht duldete, hatte sie auch seitdem nichts darüber gehört. Lord Dains Mittelsmann hatte sie angestellt, nicht nur wegen ihres tadellosen Rufes als Haushälterin, sondern auch wegen ihrer strengen Prinzipien. Ihrer Meinung nach bedeutete der Dienst für eine Familie Vertrauen, das man nicht missbrauchte, indem man hinter dem Rücken des Arbeitgebers skandalöse Gerüchte verbreitete. Entweder waren die Bedingungen gut, oder sie waren es nicht. Wenn sie es nicht waren, kündigte man höflich und ging, ohne großes Aufhebens zu machen.
Ihre strikten Ansichten hielten allerdings den Rest der Dienerschaft nicht davon ab, Klatsch zu verbreiten, wenn sie ihnen den Rücken kehrte. Daher hatten die meisten von ihnen von der früheren Lady Dain gehört. Einer von ihnen war der Lakai, der gerufen wurde, um das Porträt nach unten zu tragen in den Salon der gegenwärtigen Lady Dain. Er teilte Mr Rodstock mit, wen das Gemälde zeigte.
Mr Rodstock war viel zu würdevoll, seinen Kopf gegen den Kamin zu schlagen, wie er es am liebsten getan hätte. Alles, was er tat, war, einmal zu blinzeln und dann seinen Untergebenen mitzuteilen, dass man ihn augenblicklich unterrichten möge, sobald Seine Lordschaft zurückkehrte.
Lord Dain hatte den Großteil des Tages in Chudleigh verbracht. Im „Star and Garter“ hatte er Lord Sherburne getroffen, der sich auf einer gemächlichen Reise südwärts befand, zu einem Ringkampf in Devonport.
Sherburne hatte vor
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