Gezähmt von sanfter Hand
auch gar nicht wissen. Nicht, ehe ich mich wieder erholt habe.«
Honoria grinste; Patience kicherte.
Catriona aber runzelte die Stirn. »Genau genommen erinnere ich mich vage – aber wirklich nur sehr vage, damit wir uns da richtig verstehen – daran, dass er irgendetwas davon gesagt hatte, dass er heute mit ›Cynster-Angelegenheiten‹ beschäftigt sei.« Nun öffnete Catriona wieder die Augen. »Ich dachte also, dass er etwas mit Gabriel zu besprechen hätte.«
Nun blickten sie alle zum Tischende und zu den vier leeren Plätzen hinüber, die zur Frühstückszeit normalerweise von den vier Cousins eingenommen wurden. Nach den Essensresten auf den Tellern zu urteilen war es offensichtlich, dass sie ihr Frühstück bereits zu sich genommen hatten.
Honoria legte abermals die Stirn in Falten. »In der Bibliothek sind sie auch nicht. Da habe ich schon nachgeschaut.«
Nun runzelte auch Patience irritiert die Stirn. »Was ich nicht verstehen kann, ist, warum Vane so früh aufgebrochen ist – er ist noch vor Sonnenaufgang hinuntergegangen.«
»Devil auch.«
Catriona dachte kurz nach, schüttelte dann aber den Kopf. »Und ich weiß es nicht mehr.«
Genau in diesem Augenblick aber erschien McArdle und kam langsam herangestampft. Seine steifen, schmerzenden Glieder machten ihn zu einem Spätaufsteher. Er steuerte auf das Tischen-de zu und blieb dann neben Catrionas Stuhl stehen. »Der Herr bat mich, Euch dies hier zu geben, Mistress.«
Nun öffnete Catriona die Augen vollends, nahm das einzelne, zusammengefaltete Blatt Papier entgegen und nickte McArdle zum Dank kurz zu; anschließend stapfte McArdle wieder davon. Für einen kurzen Augenblick schaute sie einfach nur auf das kleine Briefchen hinab; noch nie zuvor hatte Richard ihr geschrieben. Schließlich öffnete sie den Brief und ließ den Blick über die fünf Zeilen, die darin zu lesen waren, schweifen – dann blinzelte sie, und ihre Augen blitzten vor Zorn auf. Catriona presste die Lippen aufeinander und setzte ihre Teetasse mit einem sehr entschieden klingenden Klacken auf dem Unterteller ab.
»Was steht denn drin?«, fragte Honoria.
»Nun hört euch das an.« Catriona atmete einmal tief durch und begann zu lesen: »Liebe C – bitte richte H und P etwas aus. Wir sind aufgebrochen, um eine geschäftliche Angelegenheit zu Ende zu führen. Wir werden vier Tage fort bleiben. Macht euch keine Sorgen. R.« Damit hob Catriona den Blick zu Patience und Honoria. »Das ›keine‹ ist dreimal unterstrichen.«
Die Cynster-Damen schnaubten vor Wut und schworen Rache, dann erhoben sie sich alle drei gleichzeitig und stürmten hinaus zu den Ställen.
Catriona marschierte voran. »Huggins – wann ist der Herr aufgebrochen?«
Huggins richtete sich auf und setzte den Pferdehuf, den er gerade untersucht hatte, ab. »Ist kurz nach Sonnenaufgang ausgeritten, hat der Bursche gesagt.«
»Und die anderen?«, hakte Honoria nach.
Huggins berührte mit einer kleinen Verbeugung seine Kappe. »Sind mit ihm, Euer Gnaden. Es waren der Herr, Seine Gnaden, und die beiden anderen Cynster-Herren, Ma'am. Sie sind alle zu sammen losgeritten.«
»In welche Richtung?«, wollte Catriona wissen.
Huggins nickte in Richtung Osten. Catriona wandte sich um und folgte seinem Blick mit dem ihren, wenngleich ihr durch das Haus die Sicht versperrt wurde. Dann schaute sie wieder zu Huggins hinüber. »Sie sind aus dem Tal hinaus geritten?«
Huggins hob seine Brauen. »Das weiß ich nicht, aber sie haben die Straße genommen, die in diese Richtung führt.«
»Haben sie irgendwelche Vorräte mitgenommen?«, fragte Patience. »Satteltaschen, Decken?«
Huggins verzog nachdenklich das Gesicht. »Ich glaube, sie haben ihre eigenen Pferde gesattelt, Ma'am. So früh am Morgen treibt sich hier in den Ställen normalerweise nur ein schläfriger Stallbursche herum. Ich bezweifle, ob er was bemerkt hat.«
»Wie auch immer. Vielen Dank, Huggins.« Catriona bedeutete den beiden anderen wieder, ihr zu folgen. Gemeinsam überquerten sie den Hof und eilten zum Garten hinüber, wo sie, sobald sie erst einmal das Haus hinter sich gelassen hatten, im Licht der nun voll am Himmel stehenden Sonne das gesamte Tal überblicken konnten. Catriona deutete zum Eingang des Tales hinüber. »Wenn sie gegen Sonnenaufgang aufgebrochen sind, dann sind sie jetzt schon längst aus dem Tal hinaus.«
»Und weit außerhalb unserer Reichweite«, stellte Honoria finster knurrend fest.
Patience schaute mürrisch drein. »Was, um
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