Gezähmt von sanfter Hand
Himmels willen, haben sie denn bloß vor?«
»Und wohin, zum Teufel noch mal«, fügte Catriona in schneidendem Tonfall hinzu, »sind sie verschwunden?«
» Mistress! Kommt schnell!«
Drei Tage später, Catriona saß gerade mit einigen Arbeiten beschäftigt am Tisch in der Destillationskammer, erschien in der Tür ein aufgeregt auf und ab hüpfender Tom. Catriona schaute auf.
»Schaut Euch das an! Schaut Euch das an!« Über Toms Gesicht huschte ein Lächeln, dann bedeutete er ihr, wild winkend, ihm zu folgen, und rannte wieder in Richtung Eingangshalle davon.
Catriona wischte sich ihre Hände ab und machte sich auf, ihm zu folgen.
»Was ist denn los?« Patience kam aus der Bibliothek heraus, als Toms rasche Schritte durch die Eingangshalle schallten.
Catriona hob die Hände und zuckte einmal mit den Schultern.
»Irgendetwas ist da draußen los.« Catriona und Patience erblickten Honoria, die gerade die Treppe herabgeeilt kam. »Die Kinder sind alle in den Park hinuntergerannt. Da scheint irgendein Aufruhr im Gange zu sein.«
Sie schauten sich alle einmal an und eilten dann, so rasch wie der Stolz es ihnen erlaubte, zur Eingangstür. Dort angekommen, rissen sie die Tür weit auf und traten auf die Vortreppe hinaus.
Der Anblick, der sich ihren Augen dort bot, verriet ihnen zunächst noch nicht allzu viel – sie konnten gerade noch das letzte bisschen von Tom erkennen, als er die Auffahrt hinunter- und in den Park hinabstürmte. Seine Gefolgschaft war nirgends zu entdecken und war ihm wahrscheinlich schon vorausgeeilt. Von rechts und links kamen jeweils noch weitere Mitglieder des Haushalts um das Gebäude herumgeeilt, strömten aus den Küchen heraus, den Werkstätten, den Ställen und Schuppen, und liefen alle auf die Auffahrt zu.
McArdle kam die Treppe heraufgestapft und nickte in Richtung Park. »Wir haben offenbar ein paar Neuankömmlinge.«
Seine Gesichtszüge waren vollkommen entspannt, doch seine Lippen bogen sich in den Winkeln leicht nach oben; Catriona wollte ihn gerade einem Verhör unterziehen, als sie hinter ihrem Rücken eine Gestalt wahrnahm. Sie wandte sich um und erblickte die Herzoginwitwe.
Patience und Honoria wichen zur Seite, um der Herzoginwitwe Platz zu machen. Mit ihrer würdevollsten Stimme verlangte Helena zu wissen: » Was geht hier eigentlich vor?«
»Muuu-huuu!«
Das Muhen ließ sie alle mitten in der Bewegung innehalten und zu jener Stelle hinunterstarren, an der die Auffahrt in den Park überging. Dort kam zwischen den Bäumen ein riesiger, schwerer Bulle hervorgetrabt, und von seinem Nasenring baumelte ein langes Seil herab. Hinter ihm sprang und stolperte eine Bande von lachenden und kreischenden Kindern her sowie einige laut rufende Stallburschen und Landarbeiter. Der Bulle jedoch ignorierte sie einfach; dann fiel sein Blick auf die Ansammlung auf der Vortreppe, und er stampfte fröhlich weiter voran, warf den massigen Kopf hin und her und ließ seine Muskelpakete erzittern. Laut hallten seine zweigeteilten Hufe über die Pflastersteine, und er trabte bereits auf die Treppe zu, kam dann aber, seine Vorderbeine weit gespreizt, schlitternd doch noch zum Stehen. Der Bulle sah einmal zu den Damen hinauf, blickte dann unmittelbar zu Catriona hinüber, hob seinen riesigen Kopf und stieß ein markerschütterndes Brüllen aus. Anschließend schüttelte er noch einmal energisch den Kopf, blickte zu Boden und stieß einen herzhaften, seinen ganzen Körper durchbebenden Seufzer aus.
Die Gesellschaft auf der Treppe starrte den Bullen nur sprachlos an.
»Hab ihn!« Der älteste der Farmarbeiter stellte einen Fuß auf die Kordel und rollte sie anschließend zu einer kurzen Leine zusammen, um den Bullen damit fortzuführen. Zuvor aber ließ der Bursche seinen Blick noch einmal über das Tier wandern und schaute anschließend mit strahlenden Augen zu Catriona hinauf. »Er ist schon ein Prachtstück, nicht wahr, Mistress?«
»In der Tat.« Catriona kannte sich gut genug aus, um einen Preisbullen zu erkennen, wenn sie einen sah. »Aber wo …?« Sie hob den Blick, und noch mehr Tiere erschienen in ihrem Blickfeld. Vorneweg liefen zwei einjährige Bullen und trotteten fröhlich unter Gabriels wachsamem Blick daher. Ihnen folgte eine lange Reihe von Kühen und Färsen, die selbstzufrieden dahintrotteten, muhten und brüllten. Catriona hatte bereits aufgehört zu zählen, als am Ende der langen Prozession drei weitere Reiter in ihr Blickfeld glitten.
Je einer rechts und links ritten
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