Gezähmt von sanfter Hand
»Sylvester Sebastian für Maman – Devil für alle anderen.«
»Ich verstehe.«
»Devil trägt nun den Herzogtitel. Er lebt mit seiner Frau, der Herzogin Honoria, und ihren gemeinsamen Nachkommen auf Somersham.«
»Eine große Familie?«
»Nein, falls Ihr damit meint, ob ich noch andere Brüder oder Schwestern habe; ja, wenn Ihr wissen wollt, ob unser Clan, wie Ihr es wohl nennen würdet, groß ist.«
»Dann gibt es also viele Cynsters?«
» Mehr als genug, wie jede um die Tugend ihrer Töchter besorgte Mutter in der Stadt Euch versichern könnte.«
»Ich verstehe.« Catriona war einfach zu neugierig, um empört zu klingen. »Also habt Ihr – wie war das? Offenbar recht viele Cousins?«
Mit einer Ungezwungenheit, die Catriona nicht von ihm erwartet hätte, beschrieb Richard nun seine Familie – seine Onkel und Tanten mitsamt deren Kindern, angeführt von seinen vier Cousins. Nach einer kurzen Auflistung der Familie zählte er auch noch seine jüngeren Cousins und Cousinen auf. »Aber natürlich«, schloss er seine Beschreibung ab, »treffe ich mich in der Stadt für gewöhnlich nur mit Amanda und Amelia.«
Catriona suchte auf dem Stammbaum, den sie in Gedanken bereits aufgestellt hatte, nach Amanda und Amelia. »Die Zwillinge?«, riet sie.
»Hmm.«
Richard kräuselte die Stirn und starrte auf den Boden. Als er plötzlich nichts mehr sagte, hakte Catriona nach: »Warum machen Euch die beiden Sorgen?«
Richard schaute sie an. »Ich dachte nur gerade … Sowohl Devil als auch Vane, beides frisch verheiratete Gentlemen, werden nun nicht mehr sonderlich viel Zeit in der Stadt verbringen. Und mit mir hier oben …« Die Furchen auf seiner Stirn vertieften sich. »Sicher, da ist natürlich noch Demon, aber er wird wahrscheinlich auf seinem Gestüt nach dem Rechten sehen müssen, deshalb wird alles an Gabriel und Lucifer hängen bleiben.« Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Ich hoffe nur, dass Demon daran denkt, ihnen Feuer unterm Hintern zu machen, ehe er die Stadt verlässt.«
»Aber warum sollte er ihnen denn ›Feuer unterm Hintern machen‹? Eure Verwandten werden doch sicherlich gut auf die Zwillinge aufpassen, oder?«
Richards Gesichtsausdruck verhärtete sich, und erneut warf er ihr einen Blick zu. »Es gibt da so einige Gefahren in der Stadt, denen sich am besten ein Profistellt.«
Catriona riss die Augen auf. »Und ich hätte gedacht, dass Ihr eine dieser Gefahren darstellt.«
Richards Maske geriet ins Rutschen, und der Krieger kam zum Vorschein. »Deshalb bin ich mit den anderen genau die Art von Beschützer, die die Zwillinge am dringendsten brauchen.«
Catriona erkannte an seinem Gesichtsausdruck, dass er es todernst meinte. Und trotzdem … sie richtete ihren Blick nach vorne und gab sich die größte Mühe, keine Miene zu verziehen und ernst zu bleiben. Ein glucksendes Lachen entschlüpfte ihr.
Richard warf ihr einen Blick aus zu Schlitzen verengten Augen zu.
Sie machte rasch eine beschwichtigende Handbewegung. »Es ist bloß die Vorstellung – die Vorstellung von Euch und Euren Cousins, wie Ihr durch die Ballsäle schleicht und verstohlen über zwei junge Damen wacht.«
»Junge Cynster – Damen.«
»Von mir aus auch das.« Catriona neigte den Kopf ein wenig zur Seite und erwiderte Richards Blick. »Aber was ist, wenn die Zwillinge vielleicht gar nicht beschützt werden möchten – was ist, um es geradeheraus zu sagen, wenn sie die gleiche Neigung haben wie Ihr? Ihr stammt schließlich alle aus demselben Stall – und solche Vorlieben sind nicht nur Männern vorbehalten.«
Richard blieb plötzlich wie angewurzelt stehen und starrte Catriona an. Er schnaubte verächtlich, straffte die Schultern und setzte sich wieder in Bewegung. Erneut runzelte er die Stirn. »Dafür sind sie noch viel zu jung«, entgegnete er schließlich.
Während ihre Lippen immer noch leicht zuckten, ließ Catriona ihren Blick über die verschneiten Gipfel des Vorgebirges schweifen. Nach einer Weile meinte sie versonnen: »Ihr habt also eine große Familie und seid mitten in ihrem Schoße aufgewachsen – das also ist der Grund, weshalb Ihr einer Familie solch großen Wert beimesst.«
Catriona sah Richard zwar nicht an, konnte jedoch seinen Blick auf ihrem Gesicht spüren. Obwohl sie ihre Bemerkung wie eine Tatsache hatte klingen lassen, so war genau dies die Frage, die sie am meisten beschäftigte: Warum hielt ausgerechnet ein Mann wie Richard so viel von der Institution Familie?
Sie wanderten eine
Weitere Kostenlose Bücher