Gezeiten der Begierde - Jordan, N: Gezeiten der Begierde - To tame a dangerous lord/Courtship-Wars 5
wundervollen Körper einem anderen hingab, weckte ein Gefühl zwischen Zorn und Angst in Rayne, das er sogleich verdrängte. Er musste die Situation mit kühler Logik angehen, frei von Emotionen.
Mit zitternden Händen schenkte Rayne sich einen Brandy ein und setzte sich mit dem Glas auf das Sofa vorm Kamin.
Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst , dachte er. Er hatte einen Beweis gewollt, dass Madeline ihm etwas verheimlichte, und nun hatte er ihn. Sie war abgereist und hatte gelogen, was ihr Ziel betraf. Und er hätte nie davon erfahren, würde er sie nicht von seinen Bediensteten überwachen lassen.
Madelines heimliches Agieren sprach sie lauter schuldig als es Worte könnten – aber wessen schuldig?
Warum war sie nicht zu ihm gekommen? Wenn sie finanzielle Hilfe für ihren Bruder brauchte, wie Rayne angenommen hatte, sollte sie doch wissen, dass er sie ihr geben würden, selbst wenn er für Gerards Kavaliersdelikte bezahlen müsste.
Aber möglicherweise war ihr Bruder nicht das Problem. Madeline könnte sich mit Ackerby treffen wollen, nicht mit Gerard.
Eisige Furcht packte Rayne. War sie zu ihrem Liebhaber gefahren, so wie Camille? Vor zehn Jahren war er Camille zu einem Rendezvous mit ihrem Liebhaber gefolgt. So hatte er von ihrem Betrug erfahren.
Die beiden Fälle ähnelten sich unheimlich. Selbst wenn Madeline nicht auf ihren eigenen Vorteil bedacht
schien, wies immer mehr darauf hin, dass sie Rayne nur geheiratet hatte, um ihrem Bruder oder gar ihrem Geliebten zu helfen.
Rayne trank einen kräftigen Schluck Brandy, der ihm brennend die Kehle hinabrann. Er konnte den Gefühlstumult in seinem Innern nicht mehr bändigen … Verletztheit, Wut, bittere Enttäuschung, Eifersucht und ein Anflug von Panik.
Er verfluche sich, denn er hatte sich gefährlich verwundbar gemacht und die Bedrohung unterschätzt, die Madeline für ihn darstellte.
Und dafür musste er nun bezahlen.
Rayne lehnte den Kopf zurück. Es würde eine lange Nacht werden, in der er gewiss nicht viel Schlaf bekam.
Siebzehntes Kapitel
Liebe sollte nicht so sehr wehtun, Maman.
Als Madeline eine Kutsche in den Hof des Blue Boar Inn fahren hörte, schaute sie aus dem Fenster ihres Zimmers. Erschrocken und ungläubig blickte sie auf das Haviland-Wappen an der Wagentür.
Gütiger Himmel, Rayne! Was tat er hier?
Unglücklich beobachtete Madeline, wie ihr großer, starker Gemahl aus der Kutsche stieg und nach oben zu den Fenstern im ersten Stock sah. Hastig wich sie vom Fenster zurück.
Rayne musste wissen, dass sie hier war. Warum sonst sollte er ausgerechnet zu dem Gasthof kommen, in dem sie auf ihren unberechenbaren Bruder wartete?
Doch wie hatte er sie gefunden? Und was in aller Welt sollte sie tun? Der Wirt, Ben Pilling, würde ihm selbstverständlich sagen, dass sie hier war und welches ihre Zimmer waren.
Madeline würde nicht hier stehenbleiben und abwarten. Es wäre besser, nach unten zu gehen und sich Rayne zu stellen, bevor er zu ihr kam.
Sie nahm sich ihre Pelisse und ihren Handbeutel und stieg die Treppe hinunter in die Eingangshalle.
Wie erwartet, sprach Rayne gerade mit einem Mann, allerdings nicht mit dem Wirt, sondern einem Herrn mit braunen Haaren, der Madeline merkwürdig bekannt vorkam. Rayne trug noch seinen Reisemantel, hatte aber seinen Kastorhut und die Handschuhe abgelegt.
Im nächsten Moment drehte er sich um und sah zu Madeline, die auf der untersten Treppenstufe stand. Weder lächelte er noch sagte er etwas. Er sah sie einfach nur an.
Für einen flüchtigen Augenblick konnte sie Wut in seinem Blick erkennen. Dann aber wurde seine Miene wieder vollkommen verschlossen, und er schritt durch die Halle auf sie zu.
»Mylord, was führt dich her?«, fragte sie nervös.
»Dasselbe könnte ich dich fragen, meine Liebe.« Seine Stimme klang ruhig, fast seidig, und dennoch machte sie Madeline Angst.
Als sie schwieg, verhärteten sich Raynes Züge kaum merklich. »Wir sollten diese Unterhaltung lieber im Privaten führen, meinst du nicht auch?«
»Ja … natürlich. Ich habe Zimmer oben. Wenn du bitte mitkommen willst.«
Rayne nickte dem braunhaarigen Mann zu, nahm Madelines Arm und ging mit ihr nach oben. Als sie ihr Zimmer erreichten, ließ er sie als Erste hineingehen.
»Nun?«, fragte Rayne in demselben samtigen Tonfall, der Madeline erschaudern machte. »Möchtest du mir erzählen, was dich in einen Gasthof fünfzig Meilen weit weg von zu Hause bringt?«
»Es ist eine lange Geschichte.«
»Ich habe
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