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Gezeiten der Liebe

Gezeiten der Liebe

Titel: Gezeiten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Roberts
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Italien geflogen war. Bevor Seth angefangen hatte, sich Sorgen zu machen, daß Cam und Anna ihn und die Versprechen, die sie ihm gegeben hatten, vergessen würden.
    Doch er hatte sich grundlos gefürchtet. Sie kamen bald zurück.
    Natürlich sollten sie nicht wissen, daß er auf sie wartete und daß er so furchtbar aufgeregt war, weil sie jetzt jede Minute nach Hause kommen konnten. Eigentlich verstand
er gar nicht, warum er so aufgekratzt war. Sie waren nur wenige Wochen weggewesen, und meistens war Cam ohnehin eine Nervensäge.
    Und wenn Anna hier lebte, würden alle sagen, daß er auf seine Ausdrucksweise achten müsse, weil eine Frau im Haus war.
    Insgeheim machte er sich Sorgen, daß sich durch Anna alles verändern könnte. Auch wenn sie seine Betreuerin war, hatte sie es vielleicht irgendwann satt, ein Kind um sich zu haben. Sie hatte die Macht, ihn wegzuschicken. Noch mehr Macht als vorher, dachte er, weil sie es jetzt immerzu mit Cam tat.
    Er rief sich in Erinnerung, daß sie ihm gegenüber immer mit offenen Karten gespielt hatte, von dem Augenblick an, als sie ihn aus dem Unterricht geholt und sich mit ihm in die Cafeteria gesetzt hatte, um zu reden.
    Aber an einem Fall zu arbeiten und in ein und demselben Haus mit dem Fall zu wohnen, waren zwei Paar Schuhe, oder?
    Und vielleicht, nun ja, vielleicht, hatte sie nur deshalb mit offenen Karten gespielt und war nett zu ihm gewesen, weil sie mit Cam ins Bett steigen wollte. Weil sie ihn heiraten wollte. Jetzt, da sie seine Frau war, brauchte sie nicht mehr nett zu ihm zu sein. Sie konnte sogar in einem ihrer Berichte schreiben, daß er anderswo besser aufgehoben wäre.
    Tja, er würde sie sorgfältig im Auge behalten, dann würde er ja sehen. Er konnte immer noch ausreißen, wenn es brenzlig wurde. obgleich der Gedanke an Ausreißen ihm die übelsten Magenschmerzen bereitete.
    Er wollte hierbleiben. Er wollte im Garten rumtoben und mit den Hunden spielen. Aus dem Bett kriechen, wenn es noch dunkel war, und mit Ethan zusammen frühstücken und aufs Wasser rausfahren, um Krebse zu fangen. In der Bootswerkstatt arbeiten oder zu Danny und Will gehen.

    Richtiges Essen kriegen, wenn er Hunger hatte, und in einem Bett schlafen, das nicht nach dem Schweiß anderer Leute roch. Ray hatte ihm all dies versprochen, und obwohl Seth sonst nie jemandem traute, hatte er Ray vertraut. Vielleicht war Ray sein richtiger Vater gewesen, vielleicht auch nicht. Aber zumindest wußte Seth, daß er Gloria eine Stange Geld bezahlt hatte. Er bezeichnete sie in Gedanken jetzt als Gloria, nicht mehr als seine Mutter. Es half ihm dabei, mehr Abstand zu gewinnen.
    Jetzt war Ray tot, aber er hatte jedem seiner Söhne das Versprechen abgenommen, Seth in dem Haus am Wasser ein Heim zu schaffen. Seth dachte sich, daß ihnen diese Idee wohl nicht sonderlich gefallen hatte, aber versprochen hatten sie es trotzdem. und er hatte festgestellt, daß die Quinns immer Wort hielten. Dies war eine neue und wunderbare Erfahrung für ihn, daß jemand ein einmal gegebenes Versprechen trotz widrigster Umstände zu halten entschlossen war.
    Wenn sie es jetzt brachen, würde es weher tun als alles andere, was ihm passiert war, das wußte Seth.
    Also wartete er, und als er den Wagen hörte – das schier ungebändigte Dröhnen der Corvette –, drehte sich ihm vor Aufregung und Nervosität der Magen um.
    Simon bellte zur Begrüßung zweimal, und Foolish brach in lautes, wildes, halb ängstliches Kläffen aus. Als der schnittige weiße Wagen in die Einfahrt bog, rannten beide Hunde darauf zu, und ihre Schwänze wedelten wie Fahnen im Wind. Seth steckte seine feuchten Hände in die Taschen und schlenderte lässig zu ihnen hinüber.
    »Hallo!« Anna lächelte ihn strahlend an.
    Seth verstand durchaus, warum Cam so in sie verknallt war. Er hatte mehrmals insgeheim ihr Gesicht gezeichnet. Zeichnen mochte er lieber als alles andere. Sein noch ungeübtes Künstlerauge wußte die Schönheit ihrer Gesichtszüge zu würdigen – die dunklen, mandelförmigen Augen,
die reine, blaßgoldene Haut, der volle Mund, die nahezu exotischen Wangenknochen. Ihr Haar war windzerzaust, ein schwarzer lockiger Haarwust. Als sie aus dem Wagen stieg, glitzerte an ihrem Finger der Ehering aus Gold und Diamanten.
    Und dann drückte sie ihn plötzlich ganz fest an sich und lachte. »Was für ein tolles Empfangskomitee!«
    Obgleich ihm die Umarmung überraschenderweise gefiel und er sie gern länger genossen hätte, entwand er sich ihr.

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