Gezinkt
Handy läutete, und er entfernte sich ein Stück, um das Gespräch anzunehmen. »Ja?«
»Gott sei Dank gehst du ran«, sagte Steve Noveski atemlos. »Wo ist Pease?«
»Direkt vor mir«, antwortete Silverman seinem Partner. »Es geht ihm gut. Ein Team sucht in dem Hochhaus die Straße entlang nach Scharfschützen. Was ist los?«
»Wo ist dieser Reverend?«, fragte Noveski. »Er hat sich am Empfang nicht wieder ausgetragen.«
»Er ist hier bei mir.«
»Hör zu, Mike, ich habe mir überlegt – was, wenn gar nicht der Informant diese Nachricht aus der Bibel hinterlassen hat?«
»Wer dann?«
»Der Killer, den Doyle angeheuert hat.«
»Der Killer? Warum sollte der einen Hinweis hinterlassen?«
»Es ist kein Hinweis. Denk mal nach. Er hat diesen Bibelkram selbst aufgeschrieben und bei der Leiche hinterlassen, als ob es von dem V-Mann stammte. Der Killer ist davon ausgegangen, dass wir uns an einen Priester wenden werden, der uns helfen soll, daraus schlau zu werden – aber nicht an irgendeinen Priester, sondern an den von der Kirche, die dem Polizeirevier am nächsten liegt.«
Silvermans Gedanken gelangten im Eiltempo zu einem logischen Schluss. Doyles Auftragsmörder tötet den Priester und seine Frau in ihrem Ferienhaus am See und verkleidet sich als Reverend. Der Detective erinnerte sich nun daran, dass es in dem Kirchenbüro nichts gegeben hatte, was den Priester identifizieren konnte. Tatsächlich schien der Mann Schwierigkeiten zu haben, eine Bibel zu finden, und er hatte offenbar nicht gewusst, dass seine Schreibtischlampe ausgebrannt war. Und die ganze Kirche war menschenleer und voller Staub gewesen.
Er spann den logischen Fortgang der Ereignisse weiter: Doyles Männer beschießen das sichere Haus, die Polizei bringt Pease zum Revier, und gleichzeitig taucht der Reverend mit einer Geschichte über Gier, einen Immobilienhai und einen Scharfschützen auf – nur um nahe an Silverman heranzukommen... und an Pease!
Er verstand plötzlich: Es gab keine geheime Botschaft. Er ist auf dem Weg. Passt auf – Lukas 12:15. Es war bedeutungslos. Der Killer hätte jede Bibelpassage auf den Zettel schreiben können. Es ging nur darum, dass die Polizei mit dem falschen Reverend Kontakt aufnahm und ihm Zugang zum Arrest verschaffte, wenn Pease zur gleichen Zeit dort war.
Und ich habe ihn direkt zu seinem Opfer geführt!
Silverman ließ das Handy fallen und zog seine Waffe aus dem Holster. Dann rannte er den Flur entlang und stürzte sich auf den Reverend. Der Mann schrie vor Schmerz auf und schnappte nach Luft, als er zu Boden ging. Der Detective stieß ihm den Lauf seiner Waffe an den Hals. »Keine Bewegung.«
»Was tun Sie da?«
»Was ist los?«, fragte Peases Bewacher.
»Er ist der Killer! Er ist einer von Doyles Leuten!«
»Nein, bin ich nicht. Das ist verrückt!«
Silverman legte dem falschen Priester unsanft Handschellen an und steckte seine Pistole in den Holster. Er filzte ihn und fand keine Waffe, dachte sich aber, dass er vermutlich beabsichtigt hatte, einem der Polizisten die Waffe abzunehmen, um Pease und alle anderen zu töten.
Dann zerrte der Detective den Geistlichen auf die Beine und übergab ihn dem Aufnahmebeamten. »Bringen Sie ihn in einen Vernehmungsraum. Ich bin in zehn Minuten dort. Sorgen Sie dafür, dass er gefesselt bleibt.«
»Jawohl.«
»Das können Sie nicht tun!«, schrie der Reverend, als er fortgezerrt wurde. »Sie machen einen großen Fehler.«
»Schaffen Sie ihn raus«, bellte Silverman.
Pease sah den Detective verächtlich an. »Er hätte mich töten können, du Arschloch.«
Ein zweiter Wärter kam von der Aufnahme in den Korridor gelaufen. »Gibt es ein Problem, Detective?«
»Alles unter Kontrolle. Aber sehen Sie nach, ob die Arrestzelle endlich frei ist. Ich will den Mann hier so schnell wie möglich da drin haben.« Er zeigte mit einem Kopfnicken auf Pease.
»Wird gemacht«, sagte der Wärter und eilte zur Sprechanlage neben der Sicherheitstür, die in den Zellenblock führte.
Silverman schaute in den Korridor zurück, wo der Geistliche und sein Bewacher gerade durch die Tür verschwanden. Die Hände des Detective zitterten. Mann, das war knapp gewesen. Aber wenigstens war der Zeuge jetzt sicher.
Genau wie mein Job.
Natürlich würde er eine Menge Fragen beantworten müssen, aber …
»Nein!«, schrie eine Stimme hinter ihm.
Ein scharfer Klang, als würde eine Axt in einen Baumstamm fahren, hallte durch den Gang, dann ein zweiter, begleitet vom beißenden
Weitere Kostenlose Bücher