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Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Titel: Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frl. Krise
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gespaltene Persönlichkeit.
    Miss Jekyll and Miss Hyde.
    Am Wochenende bin ich Miss Jekyll.
    Ich bin den ganzen Tag ausgeglichen und gut gelaunt. Ich spreche durchgehend in normaler Lautstärke und schreie nie, schon gar nicht schreie ich jemanden an. Schimpfen? Ganz selten. Ich rege mich auch nie auf. Höchstens wenn ich etwas vermisse, zum Beispiel meine Scheckkarte. Aber da regt sich ja wohl jeder auf.
    Ich spreche mit allen in ganz vernünftigem Deutsch, mit Artikeln und so. Und mit etlichen Fremdwörtern.
    Ich verbiete niemandem etwas! Jeder, der mit mir zu tun hat, darf essen und trinken, wann er will, meinetwegen kann er/sie auch Kaugummi kauen und damit so dicke, fette Blasen machen, wie es nur geht.
    Ich habe gar nichts dagegen einzuwenden, wenn meine Gesprächspartner ohne Vorwarnung aufs Klo gehen, sollte es ihnen gerade danach sein, und dort so lange bleiben, wie es ihnen gefällt. Von mir aus darf jeder jede Kopfbedeckung auf sein Haupt setzen, selbst karierte Käppis. Auch drinnen. Da bin ich total tolerant.
    Mein Handy verschimmelt am Wochenende irgendwo in einer Handtasche, ich trage es nur ganz selten in der Hosentasche. Auch fuchtele ich nicht unqualifiziert damit herum und drohe gleich, die Polizei oder die Eltern anzurufen. Niemand kommt in Gefahr, von mir eines Besseren belehrt zu werden (okay, mein Männe sieht das vielleicht etwas anders), und niemand muss befürchten, von mir benotet zu werden. Überhaupt mische ich mich nicht ungefragt in das Leben fremder Menschen ein.
    Nein, ich bin einfach ich, eine nette, normale Miss Jekyll.
    Aber dann, in der Nacht zum Montag, irgendwann zwischen drei und sechs, wenn der Mondschein auf mein Bett fällt, findet die unheimliche Verwandlung statt:
    Aus Miss Jekyll wird Miss Hyde. Irgendwie unheimlich, oder?

Höchststrafe
    Schafft mir den herbei, der die Wandertage erfunden hat! Er soll das nächste Mal mit unserer Klasse gehen, damit er begreift, was er mit seinem Gewandere angerichtet hat, dieser Reformpädagoge.
    Wurde meine Klasse nicht neulich gelobt? Hatte ich nicht leichte euphorische Anwandlungen nach den letzten Sommerferien? Leute, vergesst das alles! Aber ich möchte nicht die ganze traurige Chronologie dieses Tages aufblättern. Nur ein paar kleine erschöpfte Bemerkungen.
    Lautstärke: Die Schüler und Schülerinnen meiner Klasse haben die sympathische Eigenschaft, jede Lebensäußerung in grenzwertig lauten Krach umzuwandeln. Es wird grundsätzlich nicht gesprochen, sondern geschrien, und man klopft nicht an Türen, sondern wummert daran. Bei einem Ausflug ist das praktisch – solange sich der Lehrkörper im Auge des Lärms befindet, weiß er, allen geht es gut.
    Fremde Menschen sehen das nicht so entspannt. Sie versuchen dann, zum Beispiel im Bus, sich bei mir zu beschweren. Aber ich verstehe sie zum Glück nicht – viel zu laut.
    Ampeln: Vom Verkehr und seinen Regeln machen unsere Schüler wenig Aufhebens. Sie ignorieren ihn einfach. Bei Rot marschieren sie über die Straße, bleiben mitten auf der Fahrbahn stehen, diskutieren die Tiefe der Pfützen und den besten Weg, sie zu umgehen, tippeln mit ihren Ballerinas unentschlossen hin und her und regen sich dann mörderisch auf und fahren den dicken Finger raus, wenn vorbeibretternde Autos sie nass spritzen. (Yepp!) Entgegenkommende ältere Damen werden umgerannt, und wenn die sich mühsam wieder aufrappeln, wird ihnen noch ein empörtes «Hallo? Geht’s noch?» nachgebrüllt.
    Hunger und Durst: Wenn einen Schüler die Lust auf eine Cola, ein Brötchen oder einen Döner überkommt, bleibt er sofort an Ort und Stelle stehen, um das Begehrte käuflich zu erwerben. Heute verloren wir auf dem Rückweg sieben Bagaluten bei Kaiser’s. Sie hatten sich – ohne Abmeldung, versteht sich – dorthin zurückgezogen, um eine Flasche Schaumwein zu erstehen. Wir anderen standen unterdessen im strömenden Regen an der Haltestelle und warteten und warteten und warteten. «Selbst schuld, hättet ja fahren können!»
    Spielplätze: Diese werden vom neunten Schuljahr gern angenommen. Am schönsten sind die Karussells, die man immer so mit einem Rad in der Mitte dreht. Es kotzt sich so gut danach …

Der Rucksack ruft
    Daniel hopste aus seinem Gondelsitz und zeigte unbestimmt auf den Berg. «Da oben», sagte er sinnend, «da liegt mein Rucksack. Der ist mir gerade runtergefallen, auf halber Höhe. Da oben.» Meine Kollegin und ich guckten uns an. Typisch Daniel! Nichts als Ärger hatte man mit dem

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