Ghost Lover
geraden Beinen. Daneben stand ein Louis-seize-Stuhl, das einzige Stück, das Ella zuordnen konnte. Die Chaiselongue sah aus, als hätte Madame Pompadour höchstpersönlich darauf geruht. Immerhin hellte das beigefarbene Polster mit dem goldenen Holzkorpus den Raum auf.
Ellas Finger glitten sacht über die glatte Tapete mit hellem Floralmuster.
Der Raum atmete Geschichte. Sie glaubte nicht, dass sie jemals wagen würde, auch nur ein Glas Wasser in diesem Raum zu sich zu nehmen.
„Ist es …“ begann sie, unsicher, weil sie nicht den falschen Eindruck erwecken wollte. „Die Möbel müssen ein Vermögen wert sein.“ Will Payton zuckte mit den Schultern. „Mag sein, über solche Dinge weiß Viscount Wyndham besser Bescheid.“
„Viscount Wyndham? Sie haben den Mann schon einmal erwähnt. Wer ist er?“
„Steven Stapleton, Viscount Wyndham. Das Haus hier war einst der Witwensitz.“
Ella sah Will interessiert an. Der Mann hatte die Hände vor seinem Bauch gefaltet und erwiderte ihren Blick.
„Wie kommt das Haus dann in den Besitz meiner Tante?“ Will zuckte die Achseln. „Edith und Dave haben es den Stapletons abgekauft. Vielleicht weiß Beth Genaueres. Sie ist in Maidenly Green aufgewachsen.“ Er wandte sich ab. „Kommen Sie, ich zeige Ihnen die Küche.“
Die Küche war ein moderner, sonnendurchfluteter Raum mit Tür zum Garten. Die Geräte sahen neu aus und die Möbel waren im englischen Landhausstil. In der Mitte des Raums stand ein viereckiger, massiver Holztisch, um den ebenso massiv wirkende helle Stühle verteilt waren.
Will wandte sich an Ella. „Warum sehen Sie sich nicht schon mal das obere Stockwerk an? Ich kümmere mich derweil um Strom und Wasser.“
Ehe Ella den Raum verließ, fiel ihr eine tapezierte Tür auf. „Wohin führt die Tür?“
Will sah auf. „Oh, in den Keller, auch ein Überbleibsel aus dem siebzehnten Jahrhundert.“ Er machte eine einladende Geste. „Wollen wir hinuntergehen?“
Ella schüttelte den Kopf und Will lachte. „Wenn Sie einmal die Neugier packt, vergessen Sie nicht, eine Taschenlampe mit hinunterzunehmen. Das Licht dort unten ist eine unzuverlässige Funzel.“ Die Treppe nach oben erwies sich nicht nur als steil, sondern auch als schmal und glatt und Ella hielt sich vorsorglich am Geländer fest. Das Holz verströmte den Geruch von Alter und sie hoffte, dass das kein Hinweis darauf war, dass die Stufen morsch wurden. Augenscheinlich war das Gebäude zwar in gutem Zustand, doch das konnte täuschen, wie sie aus ihrer Zeit mit einem Bauingenieur noch wusste.
Sie wandte sich dem ersten Zimmer zu und öffnete vorsichtig die Tür.
Vor ihr lag ein schlicht eingerichtetes Schlafzimmer mit einem Einzelbett, einem dreitürigen Kleiderschrank und einer Kommode, alles aus dunklem Holz. Einzig die Bettwäsche in cremegoldenem Muster und ein wollweißer Schafwollteppich brachten Licht in den Raum. Durch das Fenster waren die Wipfel des Waldes zu sehen.
Ella schloss die Tür vorsichtig. Der nächste Raum war das große Badezimmer, in dem außer Waschbecken, WC und einer riesigen Badewanne mit Klauenfüßen auch elfenbeinfarbene Möbel standen.
Naserümpfend strich Ella über die moosgrünen Fliesen. Sie öffnete den Spiegelschrank über dem Waschbecken und fand ihn wohlgefüllt. Seufzend schloss sie das Wandschränkchen wieder. Offenbar hatte sich noch niemand die Mühe gemacht, Tante Ediths Habseligkeiten aus den Schränken zu räumen.
Sie ging in den letzten Raum im Obergeschoss. Das musste Ediths Schlafzimmer gewesen sein. Durch eine große Balkontür flutete Sonnenlicht und Ella beschloss sofort, in diesem Zimmer zu schlafen. Der Raum schien aus dem siebzehnten Jahrhundert in die Gegenwart teleportiert worden zu sein. Das Bett war ein Mädchentraum aus der Werkstatt Chippendales. Der Stoff der Vorhänge war mit einem zarten Blätterdekor verziert, das sich in den Schnitzereien am Kopfteil des Bettes wiederholte.
Passend zum Bett standen ein Schrank, eine kleine Eckkommode und ein Sekretär im Raum. Ein Chippendalestuhl rundete die Einrichtung ab.
Beeindruckt schritt Ella zur Balkontür und erkannte, dass es keinen Balkon gab, stattdessen befand sich ein hüfthohes Gitter vor der Scheibe.
Sie öffnete die Tür, um zu lüften und hinauszusehen. Ihr bot sich ein traumhafter Blick auf den blühenden Garten. Gewiss ein Paradies für jeden Blumenliebhaber und Gärtner.
Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Raum zu, ging zum Bett und setzte sich prüfend
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