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Ghostman: Thriller (German Edition)

Ghostman: Thriller (German Edition)

Titel: Ghostman: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Hobbs
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Zielfernrohr eines ziemlich großen Gewehrs beobachtet. Die Kugel hatte ein mindestens fünf Zentimeter tiefes Loch in den Beton geschlagen.
    Der Scharfschütze.
    Marcus hatte nichts von einem Scharfschützen gesagt, aber in den Nachrichten im Flugzeug hatten sie von einem » dritten Mann« gesprochen. Er hatte über dreißig Meter hinweg von einem Ende der Parkgarage zum anderen geschossen. Mit solch einem Gewehr dürfte das ein Kinderspiel gewesen sein. Ich konnte mir vorstellen, dass er Moreno mit einem einzigen Schuss hatte erledigen können. Aus dieser Entfernung hätte ein ausgebildeter Scharfschütze sie beide mit verbundenen Augen erwischt. Die vielen weiteren Schüsse ließen vermuten, dass mein Schütze so etwas wie ein Amateur war. Mangelndes Handwerk hatte er durch den Kugelhagel kompensiert.
    Was ich nicht begriff, war das Timing.
    Der dritte Mann hatte auf Ribbons und Moreno erst geschossen, als sie fertig waren. Ein normaler Mensch hätte versucht, den Raub zu verhindern, während er noch im Gange war. Statt zu warten, bis praktisch alles vorbei war. Verdammt, sogar jemand, der ein Hühnchen zu rupfen hatte, hätte versucht, vorher dazwischenzufunken, denn nichts ist gefährlicher für Leib und Leben eines Gangsters als eine hohe Zahl von Toten. Ich überlegte kurz. Vielleicht hatte der Schütze ein paar Augenblicke gebraucht, um sein Gewehr schussbereit zu machen. Vielleicht hatte er keine gute Gelegenheit gehabt, bevor hier die Hölle losgebrochen war. Vielleicht hatte er nicht genau gewusst, was passieren würde. Vielleicht war sein Gewehr nicht geladen oder im Kofferraum gewesen, als Moreno zum ersten Mal feuerte. Aber keine dieser Erklärungen fühlte sich richtig an.
    Der Schütze musste gewusst haben, was passieren würde. Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass er einfach zur richtigen Zeit mit der richtigen Waffe am richtigen Ort gewesen war? Er musste Marcus’ Plan gekannt haben. Doch wie zum Teufel konnte das passieren? Marcus’ Pläne waren nur ein einziges Mal herausgekommen, und da war es meine Schuld gewesen.
    Ja, hier war mit Vorbedacht gehandelt worden. Effizient. Vielleicht war es sogar was Persönliches. Jemand hatte vorher von dem Überfall gewusst, er hatte sich den richtigen Winkel ausgesucht, um sich hier niederzulassen, und auf den exakt richtigen Augenblick für seinen ersten Schuss gewartet. Zu welchem Zweck? Das wusste ich nicht, aber ich konnte es mir denken. Der dritte Mann wollte das Geld, das Ribbons und Moreno soeben erbeutet hatten. Es war ein Doppelraub. Ribbons und Moreno machten die ganze Dreckarbeit, und der dritte Mann wollte mit den Einnahmen verschwinden.
    Hatte er sich die Mühe gemacht hinterherzufahren? Eher nicht. Zu riskant. Als Ribbons die Parkgarage verlassen hatte, war die Gelegenheit für den dritten Mann vorbei gewesen. Eine Verfolgungsjagd auf offener Straße war nicht mehr Teil des Plans. Wenn es zu lange dauerte oder schiefginge, könnten sie beide geschnappt werden. Die Cops mochten zwei Straßen weit weg sein, schön, aber nach so einer Schießerei würde für jeden Streifenwagen im meilenweiten Umkreis Alarmstufe Rot herrschen. Eine solche Verfolgungsjagd hätte außerdem erfordert, dass der dritte Mann seinen eigenen Fluchtplan aufgab. Nicht mal der beste Fahrer der Welt würde das riskieren.
    Ich schaute zu den Überwachungskameras hinauf. Sie waren seit mehreren Generationen veraltet. Ich hatte Bilder gesehen, die von Kameras dieser Ära aufgenommen worden waren. Die Nummernschilder dürften darauf aussehen wie Rorschachkleckse. Im Flugzeug hatte ich nichts davon gehört, dass die Polizei den Mann geschnappt hätte. Vielleicht war auch sein Fluchtwagen noch nicht gefunden. In dem Fall musste seine Flucht genauso gut geplant gewesen sein wie Ribbons’ und Morenos. Vielleicht sogar besser.
    Ich schloss die Augen und drängte mich in seinen Kopf. Für einen Moment wurde ich zu ihm und lebte durch seine Sinne. Ich spürte das Rauschen und den Druck des Gewehrkolbens an meiner Schulter. Ich stellte mir vor, wie ich versuchte, den keuchenden Atem anzuhalten, als ich Morenos Hinterkopf ins Fadenkreuz nahm. Während ich meine Herzschläge zählte und den Meereswind einkalkulierte. Wie ich auf den exakt richtigen Augenblick wartete, in dem Ribbons über die Betonabsperrung zurück in die Parkgarage kam. Wie ich abdrückte und wie meine Schulter den wuchtigen Rückstoß absorbierte. Ich sah, wie die rosarote Dunstwolke aufsprühte, als Moreno über

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