Ghostman: Thriller (German Edition)
Laufburschen, die ich kenne, machen selten Raubüberfälle.«
» Wie kommen Sie auf die Idee, dass wir so was planen?«
» Ich höre, Sie sind der Mann, mit dem man über Pässe reden muss.«
» Da hören Sie falsch.«
» Ach ja? Ich habe gehört, Sie haben da erstklassige Papiere. Das Beste, was man kriegen kann. Mit echten Hologrammen und allem Drum und Dran. Ich habe gehört, auf die Dinger würde sogar eine echte Passbehörde reinfallen.«
» Nein«, sagte ich. » So gut nicht.«
» Kommen Sie«, sagte Harrison. » Lassen Sie mich wenigstens mal sehen.«
Ich wollte nur, dass er die Klappe hielt. Mit ihm zu reden gefiel mir genauso wenig wie der ganze Deal hier. Alles an ihm widerte mich an– sein Job, sein Äußeres, sein Atem, sein verdammter Akzent. Ich wollte nur noch zurück in die Stadt und weitermachen. Kurz gesagt, ich habe nicht nachgedacht. Ich war abgelenkt von dem komischen Gefühl in meiner Magengrube.
Ich zog den Pass mit dem Namen Jack Delton aus meiner Jackentasche und reichte ihn ihm. Er rieb das Laminat mit den Fingern, um die Textur zu prüfen, und blätterte dann die Seite mit meinem Foto auf. Er betrachtete es aufmerksam, sa h mich an , um zu vergleichen, und schaute wieder in den Pass.
» Schöne Arbeit«, sagte er. » Spricht man das Dalton oder Delton?«
» Delton. Jack Delton.«
» Woher haben Sie den?«
» Von einem Jugmarker«, sagte ich. » Sind Sie fertig?«
Harrison reichte mir den Pass zurück und zwinkerte mir grinsend zu, als wären wir jetzt die besten Freunde. » Ja«, sagte er, » wir sind fertig. Wenn Sie mir einen von denen verkaufen wollen, rufen Sie mich an, okay?«
» Ja, klar.«
Ich behielt Harrison im Auge, als ich in den Wagen stieg. Mancini stieg nach mir ein, Hsiu als Letzte. Bevor sie die Tür zuschlug, verabschiedete sie sich von Harrison mit einem kurzen, halbfertigen Salut, als wollte sie sagen: War mir ein Vergnügen, Geschäfte mit Ihnen zu machen. Er salutierte zurück, und dann formte er Zeigefinger und Daumen zu einem L und zielte auf uns wie mit einer Pistole. Er ließ den Daumen herunterschnappen und sagte leise: » Peng.«
Ich wurde das komische Gefühl nicht los, dass wir einen schrecklichen Fehler begangen hatten, aber ich konnte nicht genau sagen, was es war. Hsiu startete den Motor und tat einen langen Seufzer, als sei sie froh, dass die Sache vorbei war. Mancini ballte und lockerte die Fäuste, bis er endlich stillsitzen konnte. Ich war ebenfalls froh, dass es vorbei war. Vielleicht ein bisschen zu froh.
Denn in diesem Moment wusste ich es.
Ich hatte ein hohles Gefühl in der Magengrube, weil etwas nicht stimmte. Die Erkenntnis fuhr mir wie eine .50er Kugel in den Schädel und zur anderen Seite wieder hinaus. Ich verfluchte mich selbst. Mit etwas mehr Cleverness hätte ich viel früher kapiert, was hier schieflief. Verdammt. Auf einmal war es ganz offensichtlich. Ich bemühte mich um Ruhe.
Ich tippte Hsiu auf die Schulter. » Moment mal. Ich bin sofort wieder da.«
Ich stieg aus und beschirmte meine Augen vor der Sonne. Als er mich zurückkommen sah, stieg Harrison aus seinem Wagen aus. » Problem?«, rief er.
» Nein«, rief ich zurück. » Ich wollte Sie nur was fragen.«
Schnell verringerte ich den Abstand zwischen uns. Harrison ging zwei Schritte nach hinten, lehnte sich an den Kofferraum seines Montego und stellte seine Chipstüte auf die Haube. Er lächelte, als ich herankam.
» Was ist?«, fragte er.
» Eins noch«, sagte ich.
» Ich tausche nichts um, wenn Sie darauf aus sind.«
» Darum geht’s nicht.«
Ich kam so nah heran, dass es ihm unbehaglich wurde. Aber er wich nicht zurück. » Hey, Mann, ich dachte, der Deal wäre klar.«
» Nur eine Frage«, sagte ich.
» Okay«, sagte er. » Worum geht’s?«
» Woher wussten Sie, dass ich einen Pass dabeihabe?«
Ich wartete nicht auf seine Antwort. Bevor er darüber nachdenken konnte, stürzte ich mich auf ihn und zog den Revolver aus seinem Hosenbund. Wir waren keine drei Handbreit voneinander entfernt, und deshalb sah ich den Ausdruck in seinem Blick, als ich die Waffe auf ihn richtete. Er wollte sie mir aus der Hand reißen, aber es war zu spät. Ich spannte den Hahn, drückte ihm die Mündung zwischen Bauch und Rippen und drückte ab. Er war so nah, dass ich seinen Atem riechen konnte, als ich ihn erschoss.
Peng.
Die Kugel riss ihn von den Beinen. Er brach zusammen und rollte bis in den kleinen Wassergraben am Straßenrand. Ich roch das Schießpulver und den
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