Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
abschließen, noch das andere wieder aufnehmen, als wäre nichts gewesen. Arbeit, das war es. Wenn sie ihre Gedanken in eine andere Richtung lenkte, würde sie vielleicht wenigstens für kurze Zeit alles andere vergessen können.
Nachdem sie sich angezogen und ihre Haare getrocknet hatte, holte sie in Ermangelung des Laptops, der noch bei Kate war, Block und Stift hervor und setzte sich an den Küchentisch.
Da sie nicht mehr wusste, wie ihre alte Textversion lautete, fing sie einfach von vorne an. Viel hatte sie sowieso noch nicht fertig gehabt. Bereits nach den ersten Sätzen merkte sie, dass sich ihre Wahrnehmung der Natur gewandelt hatte. Während die Beschreibungen vorher nur Worte gewesen waren, schienen sie jetzt … lebendig. So als wäre sie selbst im Park unterwegs und würde schildern, was sie gerade beobachtete. Und als würde ihr gefallen, was sie sah. Wie besessen schrieb sie weiter, und blickte erst wieder auf, als es im Zimmer dunkel wurde. Ein Blick auf die Uhr bestätigte ihr, dass sie mehrere Stunden in ihren Text vertieft gewesen war – und zu spät zu Kate kommen würde. Marisa warf den Stift auf den Tisch und schüttelte ihre schmerzende Hand aus. Solch eine produktive Phase hatte sie schon lange nicht mehr erlebt. Das ganze letzte Jahr über war ihr das Schreiben der Artikel schwergefallen, und sie hatte die Worte mehr oder weniger aus sich herausgequält. Sie waren trotzdem gut gewesen, aber eben nicht perfekt.
Später würde sie den Text in den Laptop eingeben und daran feilen, aber jetzt musste sie einkaufen und den armen Angus abholen. Seltsamerweise freute sie sich darauf, ihn wieder bei sich zu haben. Obwohl sie nie damit gerechnet hätte, hatte sich der alte Bloodhound in ihr Herz geschlichen. Hoffentlich nahm er ihr nicht allzu übel, dass sie ihn zurücklassen musste. Denn wenn Angus schmollte, dauerte es erfahrungsgemäß ziemlich lange, bis er sich wieder beruhigte.
Marisa lächelte traurig. Egal, es blieb ihr jetzt jede Menge Zeit, ihn zu verwöhnen, denn es wartete ja niemand auf sie. Mit einem Seufzer stand sie auf und holte ihr Portemonnaie und den Autoschlüssel aus der Garderobenschublade. Sie nahm sich eine frische Jacke aus dem Schrank und verließ rasch das Haus.
Eine halbe Stunde später hievte sie die Einkäufe mit einem Stöhnen in den Kofferraum und schloss die Klappe. Sie hatte viel zu viel eingekauft, aber es war ihr alles so lecker und verführerisch erschienen. Wahrscheinlich musste ihr Körper die ganze Energie ersetzen, die er in den letzten Tagen verbraucht hatte. Zumindest war sie so für die nächste Zeit erst einmal wieder versorgt.
Die Fahrt zu Kates Haus dauerte nur wenige Minuten, doch selbst die erschienen ihr noch zu lang. Sie brauchte dringend eine Ablenkung, sonst würde sie verrückt werden. Egal, was sie tat, alles erinnerte sie an Coyle. Wütend auf ihn und auf sich selbst schlug sie die Wagentür fester zu als nötig und rannte fast zum Haus. Trotzdem öffnete sich die Tür, bevor sie dort ankam, und Angus schoss heraus. Mit seinen fünfzig Kilo Lebendgewicht warf er sie fast um, als er sich auf sie stürzte und versuchte, ihr Gesicht zu lecken. Lachend wehrte Marisa ihn ab und schlang ihre Arme um seinen Hals.
„Was ist denn mit dem los? So habe ich ihn ja noch nie erlebt.“
Marisa sah bei Kates Frage auf. „Ich habe keine Ahnung, normalerweise ist er eher träge.“
Kate lächelte. „Anscheinend hat er dich vermisst.“ Sie hielt die Haustür auf. „Komm doch rein, es gibt keinen Grund, warum wir uns nicht wenigstens einen Kaffee gönnen sollten.“
Marisa richtete sich auf und wollte ablehnen, doch dann konnte sie es nicht, als sie Kates erwartungsvollen Gesichtsausdruck sah. „Aber nur kurz, der Artikel wartet auf mich.“
Kate folgte Marisa ins Haus und schloss die Tür hinter sich. „Wie lange brauchst du noch?“
„Ich denke, ich werde heute fertig.“ Auf Kates erstaunten Blick hin zuckte sie mit den Schultern. „Ich hatte vorhin einen kreativen Anfall und habe den gesamten Text in einem Rutsch runtergeschrieben. Eine sehr seltsame Erfahrung, fast als wollte er aus mir heraus.“ Verlegen strich Marisa eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. „Jedenfalls brauche ich ihn nur noch abzutippen und ein wenig zu glätten.“
„Das hört sich gut an. Erst recht ein Grund zum Feiern. Setz dich ins Wohnzimmer, ich hole den Kaffee.“ Kate verschwand in der Küche.
Zögernd betrat Marisa das gemütliche Wohnzimmer, das von einer
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