Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
im Haus, dicht gefolgt von seinem Kollegen. Sie zögerte nur einen Moment, bis sie ihnen folgte. Wie sollte sie ihnen die Anwesenheit von Coyle erklären? Ein weiteres Krachen ertönte. Es schien aus ihrem Schlafzimmer zu kommen. Mit erhobenen Waffen bewegten sich die beiden Polizisten durchs Wohnzimmer und dann in den Flur. Marisa blieb keine Zeit, sich darüber zu wundern, dass ihr Bettzeug nicht mehr auf dem Sessel lag, denn Ledbetter stieß ohne weiteres Zögern die Tür zum Schlafzimmer auf. Auf der Schwelle blieb Marisa verblüfft stehen, während die Polizisten den Raum durchsuchten. Ungläubig sah sie sich um.
Das Bett war ordentlich gemacht, die blutigen Laken verschwunden. Das Fenster war weit geöffnet, vermutlich hatte der Wind es zugeschlagen und damit das Geräusch verursacht. Vor allem aber fehlte Coyle. Der Raum schien seltsam leer und farblos ohne ihn, als hätte er nie existiert. Aber er musste irgendwo sein, schließlich war er nicht an ihnen vorbei gekommen. Angus schob sich an ihr vorbei und lief in den Raum, die Nase dicht am Boden.
Auch im Bad und in der Küche war alles sauber und ordentlich, kein Blutfleck in Sicht. Auf dem Küchentisch stand nur ein Gedeck, der zweite Hocker war ordentlich daruntergeschoben. Als hätte sie alleine gefrühstückt. Der Druck auf ihrer Brust nahm zu. Wo zum Teufel war Coyle? Langsam löste sie ihre verkrampfte Hand vom Türgriff und trat zurück. Dicht gefolgt auf die Erleichterung, dass die Polizisten ihn nicht entdeckt hatten, stieg heiße Wut in ihr auf. Sie hatte sich seinetwegen ihren Rücken ruiniert, auf ihr Bett verzichtet, kaum geschlafen – und das war der Dank? Dass er einfach so verschwand, ohne sich zu verabschieden! Auch wenn es vielleicht die beste Lösung war, sie war noch nicht bereit, das anzuerkennen.
Ungeduldig wartete sie darauf, dass die beiden Polizisten ihren Rundgang beendeten.
„Hier ist nichts.“
Marisa hob die Augenbrauen. Tatsächlich, Sherlock!
Ledbetter ließ sich von ihrem Blick nicht beirren. „Aber Sie sollten darüber nachdenken, sich bessere Schlösser einzubauen. Diese hier würden nicht mal ein Kind abhalten.“
„Wie Sie gesehen haben, gibt es hier nicht viel zu stehlen.“
Ledbetters Gesichtsausdruck wurde noch grimmiger. „Das gab es bei dem Toten auch nicht.“
Okay, der Punkt ging an ihn. „Ich werde darüber nachdenken.“
Er nickte knapp. „Gut. Wenn Sie noch etwas sehen oder hören, das irgendetwas mit dem Mord zu tun haben könnte, rufen Sie uns an.“ Er hielt ihr eine Visitenkarte hin.
Marisa nahm die Karte und steckte sie in die hintere Hosentasche. Vermutlich würde sie sie erst nach der nächsten Wäsche in der Maschine wiederfinden. „Können Sie mir sagen, wer das Opfer war?“
„Ted Genry. Kannten Sie ihn?“
Marisa schüttelte den Kopf. „Nein. Ich hoffe, Sie fassen den Mörder bald.“
„Wir bemühen uns.“ Während Markov zum Wagen zurückging, drehte Ledbetter sich noch einmal zu ihr um. „Und wenn Sie rausgehen, achten Sie auf wilde Tiere, es könnte wirklich sein, dass sich hier welche herumtreiben, die gefährlich sind.“
Marisa nickte und beobachtete, wie die Polizisten ins Auto stiegen und losfuhren, bevor sie die Tür schloss. Seltsam, sie lebte nun schon seit etlichen Monaten in diesem Haus, doch jetzt kam es ihr plötzlich leer vor. So als fehlte etwas, das vorher da gewesen war. Sie war eine Idiotin. Coyle war ein fremder und sehr seltsamer Mann, der gerade einmal ein paar Stunden hier gewesen war und noch dazu die meiste Zeit unter irgendeiner Droge – er nannte sie Betäubungsmittel – gestanden hatte. Er konnte gar keine Lücke hinterlassen, weil er nicht hierher gehörte. Wahrscheinlich war er bereits auf halbem Weg dorthin, wo er hergekommen war, ohne auch nur einen einzigen Gedanken an sie zu verschwenden. Warum sollte er auch? Er hatte jetzt vermutlich andere Probleme, zum Beispiel, wie er seiner Frau beibringen sollte, woher die Verletzungen kamen und wo er die Nacht verbracht hatte. Der merkwürdige Schmerz in ihrer Brust verschärfte sich.
Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, während sie zum Schlafzimmer zurückkehrte. Sie trat zum offenen Fenster, vor dem Angus schnuppernd die Nase in die Höhe hielt, und blickte hinaus. Wie erwartet sah sie nichts außer den Büschen, die nach wenigen Metern in dichten Wald übergingen. Die Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepresst schloss sie das Fenster mit einem Ruck. Wenn Coyle zurückkommen wollte,
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