Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
nicht gelingt, müssen wir weiter in die Wildnis, zu unserem Lager.“
„Was für ein Lager? Zeltet ihr …?“ Sie brach ab, als Coyle seinen Finger auf ihre Lippen legte.
„Später.“
„In Ordnung, aber dann will ich endlich eine Erklärung.“ Sie stand mühsam auf, die vollgesogene Jeans klebte an ihren Beinen. „Und zwar eine vernünftige, die ich auch glauben kann.“
„Natürlich.“ Coyle wandte sich ab, bevor sie seinen Gesichtsausdruck sehen konnte. Tatsache war, dass es keine Erklärung gab, die sie ihm glauben würde. Was er an ihrer Stelle auch nicht tun würde, wenn er ehrlich war. Vielleicht würde es ihm gelingen, sie in der Stadt in Sicherheit zu bringen und dann zu verschwinden, bevor er sie noch weiter in Gefahr brachte. Der Gedanke versetzte ihm einen Stich, doch er schob sein Unbehagen rasch beiseite, bevor er sich wieder zu Marisa umdrehte. „Fertig?“
„Wenn es sein muss.“
Ihre Fähigkeit, seine Stimmung immer wieder zu heben, war erstaunlich. Unter anderen Umständen hätte er sie wirklich gern näher kennengelernt. Sein Körper spannte sich an, als er sich daran erinnerte, wie er sie berührt hatte. Noch näher, sollte er wohl sagen. Viel näher. Doch das würde nie geschehen, auch wenn er es noch so sehr bedauerte. Kopfschüttelnd wandte er sich um und führte Marisa durch das dichte Gestrüpp, das am Ufer wuchs und in lichteren Wald überging. Bisher war es bergab gegangen, doch jetzt mussten sie den Hügel auf der gegenüberliegenden Seite erklimmen, der über Mariposa aufragte. Allerdings wuchsen ihre Chancen, je länger sie sich in dichterer Vegetation aufhielten, die sich zur Hügelkuppe hin deutlich lichtete, deshalb lief er schräg den Hang hinauf. Auch wenn er sich bemühte, einen Weg zu finden, der für Marisa im Dunkeln gut zu bewältigen wäre, stolperte sie immer öfter und konnte sich mehrmals erst im letzten Moment abfangen. Ihr Keuchen klang viel zu laut in seinen Ohren, aber er konnte sie kaum auffordern, nicht mehr zu atmen. Er sollte froh sein, dass sie bisher so gut mithielt, es konnte nicht einfach sein, einem Fremden zu vertrauen und im Dunkeln vor unsichtbaren Verfolgern zu fliehen.
Unvermittelt bekam Coyle einen Schlag in den Rücken und rutschte auf dem sandigen Untergrund aus. Automatisch rollte er sich ab und zog Marisa mit sich, die gegen ihn gefallen war. Er versuchte, ihren Körper mit seinem zu schützen, doch das war nicht so einfach. Steine und Zweige stachen durch seine Kleidung, rissen seine Wunden wieder auf. Schließlich kamen sie einige Meter weiter unten unsanft an einem Baumstamm zum Liegen. Einen Moment lang versuchte Coyle, wieder zu Atem zu kommen und in seinen Körper hineinzuhorchen, ob er irgendwelche schlimmeren Verletzungen davongetragen hatte. Da das anscheinend nicht der Fall war, hob er versuchsweise seinen Kopf. Ein Stöhnen erklang dicht an seinem Ohr. Marisa!
5
Marisa schlug die Augen auf und sah nichts als Schwärze. Ein Stöhnen drang über ihre Lippen, als sie langsam all die schmerzenden Stellen an ihrem Körper registrierte. Irgendetwas drückte auf ihren Brustkorb und hinderte sie daran durchzuatmen. Ihre Lunge drohte zu bersten, Panik stieg in ihr auf. Was war passiert? Wieso …? Das Gewicht über ihr bewegte sich, endlich strömte wieder Sauerstoff in ihre Lunge. Gierig atmete Marisa einige Sekunden nur ein, bevor ihr klar wurde, dass es Coyle gewesen war, der auf ihr gelegen hatte. Nun wanderten seine Hände über ihren Körper, was Gefühle in ihr auslöste, über die sie lieber nicht nachdenken wollte. Schon gar nicht, wenn sie hier auf dem Waldboden lag und ihr jeder Knochen im Leib wehtat.
„Marisa?“ Seine raue Stimme klang angespannt.
Sie benetzte ihre Lippen, brachte jedoch nur ein heiseres Krächzen heraus.
„Sag etwas. Bist du irgendwo verletzt?“
„Ich glaube … nicht. Nur … etwas außer … Atem.“
Seine Finger legten sich um ihr Gesicht. Sie spürte eine leichte Berührung an ihren Wangenknochen. „Das ist meine Schuld, ich bin auf dir gelandet.“
„Das habe ich … gemerkt.“
Marisa versuchte, sich aufzusetzen, doch er drückte sie sanft zurück. „Nein, bleib noch einen Moment liegen, bis du wieder genug Luft bekommst.“
Nur zu gern gehorchte sie. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, aber ob es von der Anstrengung kam, dem Schreck des Sturzes oder Coyles Nähe, konnte sie nicht sagen. Wahrscheinlich von allem etwas. Auch wenn ihr alles wehtat, bemerkte sie trotzdem den
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