Ghostwalker 03 - Raven, M: Ghostwalker 03
Fingern seine Stirn. „Das habe ich noch gar nicht gemerkt. Ist nicht weiter schlimm, nur …“
„Ein Kratzer, ja, ja. Torik wollte mir das auch schon erzählen, dabei habe ich gesehen, wie er regelrecht aufgeschlitzt wurde.“ Während sie redete, setzte sie den Rucksack ab und suchte einen Tupfer und die Salbe heraus.
Unglaublicherweise lachte Coyle leise. „Der Unterschied ist, dass meine Wunde wirklich nur ein harmloser Schnitt ist.“
„Das werde ich entscheiden.“ Klug wie er war, hielt ihr Bruder still, während sie sich um die Verletzung kümmerte. Schließlich trat sie zurück. „Es ist ein tiefer Schnitt, aber tatsächlich eher harmlos.“
„Habe ich doch gesagt.“ Coyle legte seine Hand an ihre Wange. „Ich hätte es mir nie verziehen, wenn dir etwas geschehen wäre. Und dir auch nicht. Es ist also gut, dass du dich nicht bei deinem Alleingang hast töten lassen.“
„Coyle …“
„Wir reden später darüber, im Moment haben wir beide etwas anderes zu tun.“
Seufzend gestand Amber sich ein, dass ihr Bruder mit Recht verärgert war. Sie hatte ihm versprochen, sich versteckt zu halten, stattdessen war sie mitten in den Kampf gestürzt, um Griffin zu retten. Das hätte tödlich enden können und Coyle hätte sich wieder die Schuld daran gegeben. „Es tut mir leid, dass du dir Sorgen gemacht hast, aber ich konnte Griffin nicht sterben lassen.“
Coyles Miene wurde sanfter. „Ich weiß.“ Damit verwandelte er sich und lief zu den anderen, die sich inzwischen an einer Stelle versammelt hatten. Amber folgte ihm langsamer, denn sie ahnte, was sie dort sehen würde. Zuerst wirkte es, als wollten die Männer ihr den Weg verstellen, doch dann wurde sie durchgelassen und sank neben Harmon auf die Knie. Er wirkte fast, als würde er nur schlafen, seine Augen waren geschlossen und das helle Fell unversehrt. Für einen winzigen Moment stieg die Hoffnung in ihr auf, dass Torik sich geirrt haben könnte, aber dann sah sie das Blut im Schnee. Langsam streckte sie die Hand aus und strich sanft über Harmons Kopf. Tränen liefen über ihre Wangen, doch sie bemerkte sie kaum. Eine tiefe Traurigkeit erfüllte sie. So ein sinnloser Tod. Warum konnten die Menschen sie nicht einfach in Ruhe lassen? Sie hatten ihnen nie etwas getan, sondern lebten einfach nur ihr Leben, ohne jemanden zu belästigen. Was gab Menschen das Recht, alles, was nicht in ihr Konzept passte, einfach zu töten?
Amber zuckte zusammen, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte. Coyle zog sie langsam von Harmon weg. „Komm, Griffin braucht dich jetzt.“
Nach einem letzten Blick ließ sie sich wegführen. Coyle hatte Recht, die Lebenden waren im Moment wichtiger. Um die Toten konnte sie immer noch trauern, wenn alle versorgt waren. „Geh ruhig zu den anderen zurück, ich komme zurecht.“
Coyle sah sie von der Seite an. „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich dich mit den Adlern allein lasse, so wie sie dich vor ein paar Tagen behandelt haben, oder?“ Ein Muskel zuckte in seiner Wange. „Außerdem braucht Harmon mich nicht mehr.“
„Es war nicht deine Schuld …“
Coyle unterbrach sie. „Ja, ich weiß. Aber das macht es trotzdem nicht leichter zu ertragen. Ich war so lange Ratsführer, ich betrachte es immer noch als meine Pflicht, darauf zu achten, dass es allen Mitgliedern der Gruppe gut geht. Und Harmon kannte ich sein ganzes Leben, er war ein guter Wächter, wenn auch manchmal etwas übereifrig.“ Er schwieg einen Moment. „Die Gruppe kann sich einen solchen Verlust nicht leisten. Wir haben sowieso schon zu wenige junge Leute, die unsere Gene weitertragen können. Und diejenigen, die da sind, werden vielleicht keinen Partner finden oder so wie wir keinen Nachwuchs in die Welt setzen.“ Er zuckte zusammen, als ihm klar wurde, was er gesagt hatte. „Entschuldige, ich wollte nicht …“
„Es ist die Wahrheit, warum solltest du sie nicht sagen? Sollte Finn Kinder bekommen, werden sie halbe Leopardenwandler sein, und ich werde aus offensichtlichen Gründen nie Kinder bekommen. Aber du und Marisa, ihr könntet Nachwuchs bekommen.“
Coyle schüttelte bereits den Kopf. „Ich werde sie nicht der Gefahr aussetzen, bei der Geburt zu sterben.“
„Hast du mit ihr schon darüber gesprochen?“
„Nein, das brauche ich auch nicht, meine Entscheidung steht fest. Ganz davon abgesehen sind wir auch schon relativ alt, was die Gefahr noch einmal erhöht.“
Amber hätte zu gern gewusst, wie Marisa darüber dachte, aber
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