Ghostwalker - Raven, M: Ghostwalker
dachte, euer Gebiet wäre in der McCullough Range. Ist das nicht ein wenig weit für einen Ausflug?«
Sawyers Miene wurde ernst. »Harken hat mich gebeten, euch im Auge zu behalten. Er hat befürchtet, dass euch jemand folgen und versuchen könnte, euch anzugreifen.«
Die lange aufgestaute Wut brach aus ihr hervor. »Und warum hat er uns dann nicht Bescheid gesagt? Ich kann uns durchaus selbst verteidigen, wenn ich weiß, dass es jemand auf uns abgesehen hat!« Sie senkte ihre Stimme. »Und wo warst du, als es darauf ankam? Ein toller Beschützer!«
Seine Augen verengten sich, ein Muskel zuckte in seiner Wange. Trotzdem klang seine Stimme ruhig, als er ihr antwortete. »Ich bin gerade erst angekommen, als dieser Caruso dich am Boden festgehalten hat.« Seine sonst so humorvolle und lockere Art war wie weggeblasen und zum ersten Mal konnte sie einen Hauch seines wahren Charakters erkennen. Ein Schauder lief über ihren Rücken, ihre Nackenhaare sträubten sich. Er war ein ernstzunehmender Gegner und sie sollte versuchen, ihn sich nicht zum Feind zu machen. Gleichzeitig fand sie diese Seite von ihm irgendwie … erregend.
Froh, dass sie Kleidung trug, setzte Keira sich gerader auf und räusperte sich. »Okay, Schuldzuweisungen bringen uns jetzt sowieso nicht weiter.« Vor allem, weil es ihre Aufgabe gewesen war, Isabel zu schützen, und sie versagt hatte. Es war nicht Sawyers Problem und trotzdem war er hier und versuchte, ihr zu helfen. Vermutlich sollte sie ihm danken, doch das brachte sie nicht über sich. »Konzentrieren wir uns darauf, Isabel wiederzufinden. Irgendeine Idee, wie wir das am besten hinkriegen?«
Sawyers Anspannung verringerte sich, seine Augen füllten sich wieder mit Wärme. Anscheinend hatte er zwischen den Zeilen gelesen und erkannt, dass Keira wütend auf sich selbst war und nicht so sehr auf ihn. »Ich glaube, die beste Chance ist es tatsächlich, die Autos oder deren Halter von der Polizei suchen zu lassen. Oder vielleicht hat Isabel auch ihr Handy bei sich. Kann man das nicht orten und damit ihren Aufenthaltsort ermitteln?« Er hob die Schultern. »Ich hatte bisher kaum Kontakt mit Menschen, daher kenne ich mich nicht so gut mit den technischen Möglichkeiten aus.«
Keira blickte ihn erstaunt an. Verdammt, warum war sie nicht selbst auf die Idee gekommen? Aufregung breitete sich in ihr aus. Als sie im Motelzimmer ihre Sachen zusammengesucht hatte, war ihr nirgends das Handy aufgefallen. Das hieß, dass Isabel es vermutlich bei sich hatte. Zumindest so lange wie ihre Entführer es nicht bemerkten. Rasch stand sie auf. »Das muss Caruso erfahren, damit er es an die Polizei weitergeben kann.«
Wissend lächelte Sawyer sie an. »Ich bin wohl doch nicht völlig unnütz, oder?«
Keira schnaubte nur und trat aus dem Gebüsch hervor. Hinter sich konnte sie ein Rascheln hören, als Sawyer sich verwandelte und ihr dann folgte. Als er ihr Bein im Vorbeilaufen streifte und über seine Schulter zu ihr zurückblickte, hoben sich ihre Mundwinkel.
3
Bowen wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seit er aus dem Wasser gekrochen und auf den kalten Felsen zusammengebrochen war. Sosehr er es auch versuchte, es gelang ihm nicht, Isabel aus seinen Gedanken zu vertreiben. Vor allem sein Verhalten ihr gegenüber drückte auf sein Gewissen. Vielleicht sollte er sie anrufen und ihr zumindest erklären, warum er sich nicht gemeldet hatte. Nach allem, was sie für ihn und seine Gruppe getan hatte, hatte sie es verdient, dass er ehrlich zu ihr war. Sie würde ihn verstehen, dessen war er sich sicher.
Glücklicherweise hatte sie nicht in dem Wagen von Marisa und Coyle gesessen, sonst wäre sie jetzt wahrscheinlich auch schwer verletzt oder vielleicht sogar tot. Ein Schauder lief bei dem Gedanken durch seinen Körper. Hoffentlich war sie so schlau, sich nie wieder in die Nähe der Wandler oder der Verbrecher zu begeben, die sie jagten. Marisa hatte ihm erzählt, dass Isabel studieren wollte. Sie würde dort neue Leute kennenlernen und hoffentlich nie wieder mit den Problemen seiner Spezies in Berührung kommen. Bowen ignorierte das schmerzhafte Ziehen in seiner Brust. Wichtig war nur, dass Isabel glücklich war und vor allem nie wieder in Gefahr geriet.
Zufrieden mit seiner Entscheidung machte Bowen sich langsam auf den Rückweg. Der dunkle Wald wirkte beruhigend auf ihn, wahrscheinlich weil er wusste, dass sich kein Mensch nachts jemals so weit hineinwagen würde. Er war fast bei der Hütte angekommen, als
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