Ghostwalker - Raven, M: Ghostwalker
Kehle zog sich zusammen, als er sich erinnerte, wie sie durch die verbrannte Vegetation gestochert hatten, um die Leichen ihrer Gruppenmitglieder, Familie und Freunde, zu finden. Einige waren sicher durch das Feuer so stark verbrannt worden, dass nur noch Asche übrig geblieben war, doch jetzt mussten sie sich fragen, ob es irgendwo noch weitere Gefangene gab, die in einem Labor vor sich hinsiechten.
Brick legte seine Hand auf Sawyers Schulter. »Ich weiß. Und mir ist auch klar, dass wir ohne die anderen Wandler kaum eine Möglichkeit gehabt hätten, sie zu retten.«
»Sollten sie noch einmal darum bitten, werde ich ihnen helfen.«
»Wir alle.« Brick blickte ihn forschend an. »Neela … «
Sawyer unterbrach ihn, weil er genau wusste, was sein alter Freund sagen wollte. »Ich werde mich um sie kümmern, keine Angst.« Mehr konnte er nicht versprechen. Schon früher hatte er versucht, Brick zu erklären, dass er Neela wie eine Schwester liebte, aber er war nicht sicher, ob das je bei seinem Stellvertreter angekommen war. Er war bereit gewesen, sie als Gefährtin zu akzeptieren, weil die Gruppe Nachwuchs brauchte, wenn sie weiter bestehen sollte, und vor allem weil es keine andere Frau gab, die ihm auch nur annähernd so viel bedeutet hätte. Doch seitdem er Keira kannte, wusste er, was ihm bei Neela gefehlt hatte.
Brick sah aus, als wollte er noch etwas sagen, doch in diesem Moment hörten sie ein Auto auf der nahen Straße abbremsen. Sawyer gab ein Zeichen, dass sie sich verteilen sollten, bevor er näher an die Straße heranrückte und durch die Büsche blickte. Erleichtert atmete er auf, als er sah, dass es Harkens Wagen war, der am Straßenrand angehalten hatte. Trotzdem wartete er, bis der Wandler ausstieg, bevor er das Zeichen gab, die Deckung zu verlassen. Interessanterweise folgte sogar Finn seinen Anweisungen, obwohl sie sich in der Nähe seines Gebiets befanden. Sawyer stellte fest, dass er Keiras Bruder mochte, der nicht glaubte, sich aufspielen zu müssen, um seine Macht zu beweisen. Seine ruhige, beinahe bedächtige Art stand in starkem Kontrast zu Keiras leicht aufbrausendem Temperament. Da allein der Gedanke an Keira einen scharfen Schmerz in seiner Herzgegend auslöste, konzentrierte Sawyer sich rasch auf die vor ihm liegende Aufgabe.
Der Anblick, der sich ihm im Jeep bot, fegte dann jedoch alle anderen Gedanken beiseite. Dicht gedrängt lagen Neela und Cade auf der Rückbank unter einer Decke, während sich der Leopard in den Fußraum gequetscht hatte und mit einem drohenden Fauchen sein Missfallen ausdrückte. Der Löwe lag ebenfalls abgedeckt im offenen Kofferraum des Fahrzeugs. Es schien nicht so, als hätte er sich während der ganzen Fahrt auch nur einen Zentimeter bewegt.
Nachdem er überprüft hatte, dass der Wandler noch lebte, trat Sawyer zurück und sah Finn über das Dach des Wagens hinweg an. »Und jetzt?«
Finn schnitt eine Grimasse. »Ich fürchte, wir müssen ihn tragen.«
33
Stunden später kamen sie völlig erschöpft beim Lager an. Obwohl sie aus einer Decke eine Trage gebaut hatten, war es eine Tortur gewesen, den Löwen durch den Wald zu schleppen. Er war zwar halb verhungert, wog aber immer noch zu viel für einen einfachen Transport. Der Leopard hatte erst gezögert, überhaupt mit ihnen zu kommen, doch nachdem Harken ihm versichert hatte, einen Weg zu finden, ihn nach Afrika zurückzubringen, wenn er sich erst im Lager aufpäppeln ließ, folgte er ihnen. Sawyer trug wieder Cade, während Brick Neela sicher in den Armen hielt. Er blickte mit einem so liebevollen Gesichtsausdruck auf seine Tochter herunter, dass Sawyer kaum hinsehen konnte.
Keira und ein weiterer Wächter waren ihnen entgegengekommen und hatten sie durch das Gebiet der Gruppe direkt zum Lager geleitet. Wäre er nicht so erschöpft gewesen, hätte Sawyer es sicher genossen, wieder in der Nähe so vieler Berglöwenwandler zu sein. Doch so konnte er nur Cade vorsichtig auf eine Liege betten und das Haus der Heilerin Fay wieder verlassen, bevor er sich draußen auf den weichen Waldboden fallen ließ. Den Rücken an einen Baumstamm gelehnt atmete er tief die saubere Luft ein. Es dauerte nicht lange, bis ein Schatten über ihn fiel. Mühsam öffnete er die Augen und blickte hoch.
Keira hockte sich vor ihn. »Wie geht es dir?«
Es wollte ihm kein Lächeln gelingen. »Ich könnte jetzt ein paar Tage schlafen.«
»Dann mach das doch. Du kannst dich gerne in meinem Bett ausruhen.« Röte stieg in ihre
Weitere Kostenlose Bücher