Ghostwalker - Raven, M: Ghostwalker
Mädchen befreit wurde. Irgendwie hatte sie das irrationale Gefühl, Isabel würde von ihr erwarten, sie persönlich zu befreien. Ganz zu schweigen von Caruso.
Dawn rieb über ihre Stirn, als sie sich daran erinnerte, wie schwierig es gewesen war, ihn dazu zu bewegen, den Flughafen zu verlassen. Hoffentlich war er ihrem Rat gefolgt und zum Motel zurückgefahren.
Obwohl sie darauf gewartet hatte, zuckte sie zusammen, als ihr Handy klingelte. Rasch nahm sie das Gespräch an. »Detective Jones hier.«
»Petrovsky, SFPD . Wir haben das Handy des Mädchens gefunden. Es befand sich in einem Müllcontainer. Ich kann Ihnen sagen, mein Kollege war nicht besonders erbaut darüber, im Abfall wühlen zu müssen, um es herauszufischen.« Die raue Stimme gehörte eindeutig einem Raucher.
Dawns Hand ballte sich zur Faust, um ihre Anspannung zu kontrollieren. »Und das Mädchen?«
Ein langer Atemzug. »Sie ist weg. Wenn sie überhaupt je hier war. Vielleicht hat ihr Entführer sie ganz woanders hingebracht und nur das Handy ins Flugzeug gelegt.«
Möglich war es vermutlich, aber Dawn glaubte nicht daran. Warum das so war, konnte sie gar nicht sagen, ihr Instinkt sagte einfach deutlich, dass sich Isabel jetzt in San Francisco aufhielt. »Was ist mit dem Piloten des Flugzeugs? Hat er eine Aussage gemacht?«
Petrovsky grunzte abschätzig. »Das Flugzeug gehört einem Charterunternehmen, der Pilot weiß nicht, wer es gemietet hat, er fliegt es einfach nur. Wir werden uns bei dem Unternehmen umhören.« Ein Husten drang durch die Leitung. »Der Pilot sagte, es wäre ein Mann an Bord gewesen und einige Kisten als Ladung. Die wurden inzwischen abgeladen – wohin sie gebracht wurden, weiß er natürlich auch nicht. Genauso wenig wie den Namen des Passagiers oder wie er aussah. Anscheinend hat er es sich angewöhnt, nichts zu wissen, nichts zu sehen und nichts zu fragen. Dafür verdient er auch ordentlich.« Abscheu klang in seiner Stimme mit.
Frustriert fuhr Dawn mit der Hand durch ihre kurzen Haare, die sowieso schon in alle Richtungen abstanden. Von hier aus konnte sie noch nicht einmal die Leute selbst befragen und entscheiden, ob sie die Wahrheit sagten. Dazu musste sie in die Gesichter blicken und jede Regung analysieren. Abrupt richtete sie sich auf. »Danke, Detective Petrovsky. Halten Sie mich auf dem Laufenden, was die Ermittlungen angeht?«
»Natürlich.«
Dawn verabschiedete sich von ihm und beendete das Gespräch. Einen Moment lang blieb sie wie erstarrt stehen, während sie wieder in die Vergangenheit eintauchte. Auch zwanzig Jahre später konnte sie sich noch genau an den Tag erinnern, an dem ihre jüngere Schwester Natalie verschwunden war. Damals war sie selbst noch Studentin gewesen und hatte völlig hilflos darauf vertrauen müssen, dass die Polizisten ihre Arbeit taten. Aber das Gefühl, nicht genug getan zu haben, das Gefühl, für Natalies Schicksal verantwortlich zu sein, die nicht wieder aufgetaucht war, hatte sie nie ganz verlassen. Und deshalb war sie fest entschlossen, den Fall um die entführte Isabel aufzuklären, ganz egal, was es kostete.
Ohne eine Sekunde zu zögern, ging sie zu einem der Ticketschalter und buchte den nächsten Flug nach San Francisco. Es war klar, was ihr Boss dazu sagen würde: außerhalb ihrer Jurisdiktion, aber sie konnte die Sache nicht den Detectives aus San Francisco überlassen. Auch wenn sie das Ticket selbst bezahlen musste, war ihr das egal. Jetzt zählte es nur, das Mädchen zu retten. Doch zuerst musste sie Caruso informieren und danach ihren Chef. Der wäre sicher nicht begeistert, aber zur Not würde sie sich einfach einen Urlaubstag nehmen. Mit einem tiefen Seufzer wählte sie zuerst die Nummer des geringfügig kleineren Übels.
»Ja?« Sie konnte die Anspannung in Carusos Stimme hören, als er sich meldete.
»Detective Jones hier. Das Handy Ihrer Tochter wurde in San Francisco am Half Moon Bay Airport lokalisiert.«
Einen Moment lang herrschte Stille, dann drang ein raues Flüstern an ihr Ohr. »Und Isabel?«
Ein Druck entstand in ihrer Brust. Am meisten nahmen sie an ihrem Job die Gespräche mit den verzweifelten Angehörigen mit, die zwischen Hoffnung und Angst schwankten, ein Gefühl, an das sie sich noch gut erinnerte. »Leider haben die Kollegen dort sie noch nicht gefunden. Sie war weder in der Nähe des Handys noch in dem Flugzeug. Wahrscheinlich wurde sie gleich nach der Landung woanders hingebracht.« Heftiges Atmen war die einzige Antwort und Dawn
Weitere Kostenlose Bücher