Ghouls in Manhattan
Ihnen als Dauergast ein kleines Präsent zu überreichen.«
»Ein Geschenk?«
»Ja.«
»Moment bitte.«
Ich gab Jo ein Zeichen, daß er sich ebenfalls in den toten Winkel stellte.
Und das war sein Glück, denn die Antwort war für Lady X typisch.
Sie schoß.
Die Schüsse klangen nur gedämpft auf, doch plötzlich zeigte die Tür Löcher, und das Blei jaulte hindurch, bevor es gegen die Wand klatschte.
»Zimmer-Service!« schrie sie.
»Das ist mein Service, ihr verfluchten Hundesöhne.« Eine weitere Garbe folgte. Sie zerhämmerte allerdings auch das Türschloß — unser Glück.
Längst hatten wir unsere Waffen gezogen. Suko hielt auch das Schwert in der Hand. Ich gab ihm ein Zeichen, und er warf es mir rüber.
Geschickt fing ich es auf und drückte mit der Spitze die Tür nach innen.
Als Antwort ratterte wieder eine Garbe. Weitere Kugeln durchschlugen das Holz, und die Splitter fegten uns um die Ohren. Danach war es still.
Wir hörten auch keine Schritte. Ich wagte es und stieß die Tür auf.
Diesmal schoß niemand. Hatten sich die anderen vielleicht zurückgezogen?
Es fiel mir schwer, im Flur zu lauern. Am liebsten wäre ich vorgestürmt, doch die Vernunft gebot es, sich erst einmal zurückzuhalten.
Suko stand neben mir. Gegenüber schaute ich in das angespannte Gesicht von Jo Barracuda. Er hielt einen Revolver in der Hand.
Allerdings seine normale Dienstwaffe, keine mit Silberkugeln geladene.
Das war schlecht.
Ich machte ihn flüsternd darauf aufmerksam und warf ihm meine Beretta zu.
Er fing sie geschickt auf.
Über eine Minute hatte sich nichts getan. Wir hörten auch keine Geräusche, und ich konnte mir nicht vorstellen, daß Dr. Tod und die Mitglieder seiner Mordliga so lange warten wollten. Dafür waren sie einfach nicht die Typen.
»Gebt mir Feuerschutz«, sagte ich zu meinen Begleitern, zog den Kopf in den Nacken, atmete noch einmal tief durch und stürmte dann vor. Mit dem Arm wuchtete ich die Tür vollends auf, dann hechtete ich in den Raum, berührte den Boden, rollte mich über die Schulter ab und stand.
Blitzschnell beschrieb ich einen Halbkreis.
Ich befand mich in einem leeren Flur. Links ging eine Tür ab und auch am Ende des Flurs.
»Kommt!« rief ich den beiden Freunden zu.
Suko und Jo erschienen. Ich hatte inzwischen die nahe Tür aufgedrückt und schaute in ein gelb gekacheltes, allerdings leeres Bad. Niemand hielt sich dort versteckt.
Der Chinese deckte mit schußbereiter Waffe den Weg zur anderen Tür hin ab.
Sie stand offen.
Leicht schwang sie hin und her, tickte einmal gegen die Wand und dann wieder zurück.
Ich trat sie auf.
Gegenüber lag das offene Fenster. Jetzt war mir klar, warum wir keinen gesehen hatten. Dr. Tod und Lady X hatten das Weite gesucht. Ich durchquerte den Raum, schaute aus dem Fenster in den Hinterhof und sah keine Spur von unseren Gegnern.
Sie waren schlauer gewesen. Die Chance, sie zu finden, war verschwindend gering, denn von hier bis in das Menschengewimmel des Theatre District war es nur ein Katzensprung. Dort konnten sie untertauchen.
»Was machen wir jetzt?« fragte Jo.
»Ruhig!« zischte ich.
Wir standen lauschend. Und jetzt hörten auch die anderen beiden die Schreie.
»Die können noch nicht weit sein«, sagte ich und startete…
Es war mir zu umständlich, den normalen Weg zu gehen, deshalb sprang ich aus dem Fenster hinunter in den Hof. Zum Glück war es nicht sehr tief.
Das Schwert ließ ich während des Sprungs fallen, es landete dicht neben mir auf dem Boden. Ich kam federnd auf, glitt in die Hocke und schaute in die Runde.
Die Ausfahrt war gar nicht zu verfehlen. Gemeinsam mit Suko hetzte ich darauf zu. Jo Barracuda folgte nur wenige Schritte hinter uns. Soviel ich noch behalten habe, war es die 53. Straße West, in der wir landeten. Da der Broadway nur knappe siebzig Yards entfernt lag, war der Betrieb entsprechend. Und aus Richtung Broadway waren auch die Schreie aufgeklungen.
Wenig später hatte ich die Einmündung zum Broadway erreicht und rannte nach Norden, wo der Columbus Circle liegt.
Ich muß seltsam ausgesehen haben, weil ich mein Schwert in der Hand hielt, denn einige Passanten schauten mich verständnislos an. Andere wiederum nahmen an, daß ein neuer Film gedreht wurde. Das war mir lieb. Zudem wurde in New York jeden Tag irgendwo und irgend etwas gedreht.
Ich rannte jetzt an den Wolkenkratzern vorbei, wo die Automobilfirmen Lincoln und Mercury ihre Filialen hatten. Als ich mich auf der gleichen Höhe
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