Ghouls in Manhattan
Barracuda schüttelte den Kopf. »Das begreife ich alles nicht. Wir haben es in New York auch schwer, gegen das Verbrechen anzugehen, aber hier arbeiten die Gangster mit normalen Mitteln, wenn ich das mal so ausdrücken darf. Doch bei euch wird Magie ins Spiel gebracht. Ist man da nicht wehrlos?«
»Fast«, erwiderte ich. »Es ist leider nicht möglich gewesen, nahe genug an sie heranzukommen, hätten wir vielleicht etwas ausrichten können. Ist dir aufgefallen, daß der Samurai nur einen Arm hat?«
»Ja.«
»Den Verlust des anderen verdankt er mir und verfolgt mich seitdem mit glühendem Haß.«
»Irgendwie verständlich.«
»Du sagst es.«
Wir hielten uns nicht länger in der Station auf, sondern gingen nach oben.
Hier sah es schlimm aus. Polizeikräfte hatten einen Teil des Broadways abgesperrt. Der Autoverkehr war völlig zum Erliegen gekommen, und noch immer trafen Streifenwagen ein. Auch die Feuerwehr war vertreten.
Ein Schaumteppich wurde über das noch glühende Autowrack geblasen.
Zum Glück hatte kein weiteres Fahrzeug Feuer gefangen. Der Fahrer des verbrannten Wagens war nur noch eine verkohlte Leiche. Er war nicht rasch genug weggekommen.
Auch ein Opfer, das ich der Mordliga zur Last legte. Irgendwann würde ich Dr. Tod und Vasallen die Rechnung präsentieren. Vorgenommen hatte ich mir dies fest, aber nicht ausführen können. Bisher waren die anderen immer schneller gewesen.
Jo hatte sich von uns getrennt. Er hockte in einem Streifenwagen und telefonierte. Suko und ich lehnten an der Hauswand. Noch immer hielt ich das Schwert in der Hand. Mit der freien zündete ich mir eine Zigarette an. Der Glimmstengel schmeckte wie altes Stroh. Nach zwei Zügen schleuderte ich ihn weg.
Die Sonne war verschwunden. Dafür hatte die Schwüle zugenommen, und die Dämmerung kam.
Ich schaute in den Himmel, von dem in diesen Straßenschluchten immer nur Ausschnitte zu sehen waren.
Sie wurden langsam grau.
»Denkst du das gleiche, was ich denke?« fragte der Chinese leise.
»Vielleicht.«
»Ich denke an die Zombies, die Dunkelheit, an die Nacht. Das ist ihr Metier, da kommen sie aus ihren Löchern, und sie werden ihre Opfer finden. Manhattan ist voll…«
Nicht, daß man Suko als einen Pessimisten oder Schwarzseher bezeichnen konnte, denn mit diesen seinen Worten hatte er den Nagel auf den Kopf getroffen.
Die Zombies würden kommen. Und mit ihnen die verfluchten Ghouls und auch Xorron, deren Herr und Meister. Wenn man sich das vor Augen hielt, konnte man selbst als Optimist schwermütig werden…
***
Über Generationen hinweg hatten sie in der feuchten kalten Erde gelegen und auf den Tag ihrer Befreiung gewartet. Der war nun eingetreten. Endlich waren sie frei.
Frei und trotzdem gefangen. Denn da gab es einen, der sich ihrer Hilfe bedienen wollte und ihnen die Befehle gab, was den Untoten und den Ghouls überhaupt nicht paßte.
In der Kanalisation hielten sie sich versteckt, abermals unter der Erde, aber nicht verflucht oder eingeengt, sie konnten existieren und sich bewegen.
Bisher hatte Xorron sie noch zurückhalten können. Je mehr Zeit verging, desto unruhiger wurde die Armee des Schreckens. Sie wollten raus, an die Oberwelt, wo es mittlerweile Nacht wurde. Denn die Dunkelheit lockte sie. Ihre Unruhe steigerte sich, sie hielt es nicht mehr unter der Erde.
Die Zombies machten den Anfang. Langsam schraubten sie sich in die Höhe und wankten in einen Tunnel hinein, durch den ein stinkender Abwasserstrom floß.
Ein schauriges Bild hätte sich dem Betrachter geboten. An der Wand entlang schlichen die halbverwesten Gestalten, nur hin und wieder vom bläulich schimmernden Lampenschein getroffen, der auch Reflexe auf der Wasseroberfläche verursachte und kleine Wellenkämme hin und wieder aufblitzen ließ. Das Wasser war schaumig, eine widerliche Unratkloake, die sich durch das künstlich angelegte Kanalbett wälzte.
Der Weg an den Seiten war schmal, und so kam es, wie es kommen mußte. Ein Zombie kippte ins Wasser. Sofort überspülten ihn die dreckigen Wellen, die Kraft des Wassers riß ihn mit, und er ruderte wie ein Schwimmanfänger mit den Armen, die sporadisch aus der widerlichen Brühe auftauchten, bevor sie verschwanden.
Die anderen standen da und glotzten, wie ihr Artgenosse zurückgetrieben wurde.
Irgendwie gelang es ihm, sich an einer breiten Spalte im Gestein an der Seitenwand des Kanals festzuklammern. Das strömende Wasser riß dem Zombie zwar die Beine hoch, aber es schwemmte ihn nicht
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