Ghouls in Manhattan
besseres Versteck geben als in den Abwasserkanälen?« Darüber hatten wir auch schon gesprochen.
Während ich ein wenig skeptisch war, ließ sich Suko von seiner Meinung nicht abbringen.
»Aber wir können nicht das Abwassernetz durchsuchen lassen«, sagte Jo. Er saß hinter dem Lenkrad.
Ich hatte neben ihm Platz genommen. Mein Blick glitt Richtung Süden.
Dort sah ich die hellerleuchtete Fassade des Broadway Theatre.
Welches Musical dort lief, konnte ich nicht lesen. Die Schrift flimmerte zu sehr. Neben dem Theater ragte ein Hotel in die Höhe.
Es war etwas kühler geworden. Manchmal strich ein frischer Wind durch die Straßenschluchten, fuhr auch in den Wagen und streichelte unsere Gesichter.
Dieses verdammte Warten machte mich nervös. Ich spürte eine innere Unruhe wie selten zuvor. Man durfte erst gar nicht darüber nachdenken, was alles geschehen konnte, wenn die Zombies freie Bahn hatten. Es würde eine Massenpanik geben. In der South Bronx hatte man die Sache im Griff. Dort waren die Straßen leer, aber hier schäumte das Leben über.
Wir hingen unseren Gedanken nach. Ich sah Betrieb und registrierte ihn kaum. Mittlerweile hatte ich mich an die Menschenströme gewöhnt. Auch fühlte ich eine gewisse Müdigkeit. Das Wetter haute mich regelrecht um.
Am liebsten hätte ich mich in eine Wanne mit kaltem Wasser gelegt und geschlafen. Am gesamten Körper gab es keine trockene Stelle. Man schwitzte im Sitzen.
Dann kam der Anruf.
Sofort war Jo Barracuda voll da und hob ab. Er lauschte. Ich schaute ihn von der Seite an und bemerkte, wie so etwas wie Spannung sein Gesicht überzog, »Ja, Abe, ich habe verstanden. Wir kümmern uns darum.« Er legte auf.
»Was war los?« fragte ich.
Jo stieß schon den Wagenschlag auf. »Die Zombies sind gesehen worden!«
»Was?« fragte ich.
Und Suko schrie: »Wo?«
Er erzählte es uns, als wir neben dem Fahrzeug standen. »Nicht einmal weit von hier. Ein Kanalarbeiter ist mit ihnen zusammengetroffen. Sein Kollege ist tot, er selbst konnte fliehen.«
Endlich eine Spur!
Uns hielt nichts mehr. Gemeinsam liefen wir los. Wir waren schneller als die meisten Spaziergänger und konnten auch keine Rücksicht auf sie nehmen. Da der Vorfall ganz in der Nähe geschehen war, verzichteten wir darauf, den Wagen zu nehmen. Die Stadt unterhielt in der Nähe des Columbus Circle ein Depot, dessen Besatzung für die Reinigung der unterirdischen Abwasserkanäle zuständig war. Sie hatten einen Teil des Broadway zu kontrollieren, und bei einem dieser Kontrollgänge war es geschehen.
Der G-man wußte, wo das Depot lag. Als wir den Raum betraten, wurden wir von einem Vorarbeiter empfangen.
»Wo ist der Zeuge?« fragte Jo und hielt seine FBI-Marke hoch.
»Im Nebenraum.«
Zwei Atemzüge später rissen wir schon die Tür auf und sahen einen bleichen Mann, der auf einem Feldbett lag. Er war mit seinen Nerven völlig am Ende.
Man hatte ihm etwas zu trinken gegeben. Ich roch seinen Atem, als ich neben ihm in die Knie ging.
Der Mann murmelte Gebete. Es war ein Mischling, ich nahm an, daß er aus der Karibik stammte. Er hatte seine Hände fest in das Laken gekrallt, das über ihm lag. Die Worte drangen zischend und flüsternd aus seinem Mund. Er sprach von Voodoo, lebenden Toten und auch von der allgemeinen Apokalypse.
»Was haben Sie gesehen?« fragte ich.
»Die lebenden Toten. Sie haben Sam gekriegt und ihn getötet…«
»Wo waren sie?«
»Im Kanal.«
»Sind die Monster da geblieben?«
»Ich weiß es nicht, Mister. Aber der Weltuntergang ist nah. Das sind die Vorboten gewesen. Wenn die aus der Erde steigen und ihre Särge verlassen, dann flieht und betet…« Er hustete. »Ich werde beten, Mister.«
Der Mann stand unter einem Schock, das war völlig klar. Nur — was sollte ich machen? Er würde mir kaum eine konkrete Antwort geben können.
»Wie viele waren es denn?« fragte Suko.
»Viele, sehr viele. Sie waren überall.«
Diesmal hatte ich das Gefühl, der gute Mann verwechselte einiges.
»Mehr als zehn?«
»Kann sein.«
Damit war uns auch nicht geholfen. »Wo haben Sie genau die lebenden Toten getroffen?«
»Das habe ich gesagt. Geht jetzt, laßt mich allein, ich muß beten. Hört ihr nicht die Trommeln?«
Wir warfen uns die entsprechenden Blicke zu. Nichts zu machen. Dieser Mann gehörte in ein Krankenhaus.
Wir verließen den Raum. Der Vorarbeiter stand am Telefon und hielt den Hörer in der Hand. Er reichte ihn Jo Barracuda entgegen. »Für Sie, G-man.«
Barracuda
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