Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter
Eiscremestand in Regenbogenfarben sahen. Maria schloss die Jungs in ihre Knuddelarme und überschüttete sie mit Liebe und Zuneigung. Auch Lynne entdeckte uns und kam winkend und lächelnd auf uns zugelaufen. Die beiden zogen sich immer gegenseitig auf, wobei Maria stichelte, dass Lynne vom vielen Yoga immer dünner wurde, worauf diese ihr zum Scherz deren Vorliebe für Kuchen und Schokolade unter die Nase rieb. Der heutige Tag machte keine Ausnahme.
»Ich bin noch nicht fertig mit Knuddeln«, warnte Maria Lynne, als die sich näherte.
Und ergänzte mit einem Augenzwinkern an die Jungs: »Und mein Knuddeln mögen sie lieber als deins, weil an mir viel mehr dran ist!«
Lynne rollte die Augen, und sofort entspannte ich mich. Ich war ein wenig in Sorge gewesen, wie es wohl wäre, allein hierherzukommen. Kate und ich waren immer gern hier gewesen, weil es ein so entspannender Rückzugsort war, weit weg von der deprimierenden Welt der Kinderkrebsstationen, die einen auslaugte. Man konnte einen Kaffee trinken und mit anderen Eltern plaudern, und als Reef seine Behandlung bekam, war dieser Ort ein Gottesgeschenk, denn hier konnte er draußen spielen, ohne das Risiko, sich zu infizieren, wie das auf einem öffentlichen Spielplatz der Fall gewesen wäre.
»Wie geht es Kate?«, erkundigte sich einer der anderen Väter.
Diese Frage überraschte mich, weil ich davon ausging, dass alle über ihr Hinscheiden Bescheid wussten. Kate und ich hatten alles zusammen gemacht, und für mich war die Tatsache, dass sie nicht wie üblich an meiner Seite war, Aussage genug.
»Wir haben Kate leider vor ein paar Wochen verloren«, antwortete ich.
Er sah mich beschämt an. Die meisten anderen Eltern hatten ein behindertes Kind. Dies war kein Zufluchtsort für kranke Eltern und Witwer, und es war ihm anzusehen, wie schwer er sich damit tat, meine Worte zu verdauen.
»Es tut mir so leid«, sagte er.
»Uns auch«, erwiderte ich und lächelte ihn aufmunternd an. »Danke, dass Sie sich nach ihr erkundigt haben, Sie konnten das nicht wissen.«
Ich setzte mich ans Ende einer Bank und fühlte mich nur als halber Mensch. Kate und ich waren das perfekte Team, ein Paar, das sich ergänzte, genauso wie Maria und Lynne als Arbeitskolleginnen ein perfektes Paar sind. Jetzt musste ich die andere Hälfte mit übernehmen, und das war ein seltsames Gefühl.
Die Jungs hatten einen fantastischen Tag, ihre Augen glänzten, während sie sich an den tollen Dingen ergötzten, die vor ihnen ausgebreitet waren. Diesen Glanz in ihren Augen hatte ich schon mal gesehen, zusammen mit Kate. »Mummy war ganz glücklich über das Funkeln in Reefs und Finns Augen, als wir in Lappland waren«, hatte sie geschrieben. Auch mir war der Glanz ihrer Augen nicht entgangen, als wir in Lappland waren, und ich freute mich auch heute daran. Was für ein Glück, dass ich ihnen noch immer in die Augen schauen konnte. Das sagte ich mir, als an diesem Tag der Raum neben mir leer blieb.
Kate hatte im Dezember 2009 darauf bestanden, dass wir mit den Jungs nach Lappland fuhren, obwohl sie nach einem Jahr Krebstherapie noch immer sehr geschwächt war.
»Bist du dir sicher, Kate, dass wir diese Reise machen sollen?«, hatte ich sie gefragt. »Ich weiß, wir haben sie geplant und freuen uns schon seit einer Ewigkeit darauf, aber wir können das auch nächstes Jahr nachholen.«
Kate hatte sowohl ihre Chemotherapie als auch ihre Bestrahlungen abgeschlossen und außerdem noch an einem Medikamentenversuch teilgenommen. Auch lag unsere fantastische Reise zum Disneyland in Florida erst einen Monat zurück. Wir waren so froh, dass sich unser Leben nicht mehr länger um Krankenhaustermine drehte, aber dennoch war Kate noch nicht wieder ganz hergestellt und noch lange nicht über dem Berg. Als Folge der Krankheit und all der Medikamente, die sie bekommen hatte, war sie erschöpft und zerbrechlich. Der Rücken tat ihr weh, und sie hatte einen schlimmen, lästigen Husten. Es lag auf der Hand, dass noch eine lange Genesungszeit vor ihr lag.
Wie bei den meisten Krebspatienten würde es fünf Jahre dauern, bis man bei Kate rein praktisch gesehen von Remission sprechen konnte oder hoffen durfte, das magische Wort »Entwarnung« zu hören. Selbst Reef hatte dieses Stadium damals noch nicht ganz erreicht, und er war Kate ein paar Jahre voraus. Wir wussten nur, dass Kates Behandlung abgeschlossen war, sie schien erfolgreich gewesen zu sein, und Kate hoffte, schon bald kräftig genug für die
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