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Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Titel: Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: St John Greene
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wusste.
    Und dennoch war es nicht ganz einfach, mich allein fertigzumachen und dann auch noch allein zum Klub zu fahren. Auf dem Weg dorthin drehte ich im Auto die Musik laut und versuchte auf diese Weise den leeren Platz an meiner Seite zu füllen. Als ich endlich ankam und zur Party stieß, dröhnte mir der Kopf, und ich machte wohl einen ziemlich ferngesteuerten Eindruck. Ich hatte nicht darüber nachdenken wollen, dass ich ohne Kate hier war, wollte einfach nur den Abend überstehen und es mit viel Glück schaffen, einen Abend lang meiner Vollzeittrauer zu entkommen. Doch mein Kopf hatte andere Pläne, und mein Unterbewusstes spielte mir einen Streich.
    »Was willst du trinken?«, fragte Matt.
    An diese Frage meines Bruders werde ich mich immer erinnern und nie vergessen, dass ich mich daraufhin umdrehte und Kate fragte, was sie gern trinken würde. Ich war überzeugt davon, dass sie dabei war und neben mir an der Bar des Nachtklubs stand. Kates Silhouette hob sich vor dem Hintergrund der Discolichter und des Trockeneisnebels ab, dessen war ich mir ganz sicher. Es war schön, sie wiederzusehen oder wenigstens ein Trugbild von ihr, die Vision, die ich in den leeren Raum neben mir projiziert hatte.
    Mein Bruder war natürlich entsetzt über meinen Irrtum, aber der Abend wurde dadurch nicht verdorben. Ich beeilte mich, ihm zu versichern, dass es mir gutging, und ich zog weiter und mischte mich unter die Partygäste. Ich lächelte und plauderte, und es gelang mir auch, mit den peinlichen Situationen umzugehen, die sich ergaben, wenn Leute mich sahen und nicht wussten, was sie sagen oder tun sollten. Ich hatte meine Frau verloren, aber nicht meine Persönlichkeit, sagte ich mir, während ich das Eis brach und ihnen zeigte, dass ich noch immer der alte Singe war, immer offen für einen Lacher und ein Schwätzchen.
    Ich weiß, dass es einige Leute erstaunte, mich so bald nach dem Verlust von Kate auf einer Party zu sehen, ich glaube, jene, die wussten, dass ich zugesagt hatte, rechneten damit, dass ich mich in eine Ecke hockte und Trübsal blies oder heulte. Auf der Heimfahrt war ich recht zufrieden mit dem Verlauf des Abends, und das sagte ich Kate auch, als ich mich in dieser Nacht auf Zehenspitzen ins Zimmer der Jungs schlich und im Dunkeln mit der Sammlung seltsam geformter Schatten oben auf dem Schrank sprach.
    Ich erzählte ihr, wie geschockt mein Bruder darüber gewesen war, dass ich sie an meiner Seite geglaubt hatte. Und ich erklärte ihr, dass ich an der Bar davon ausgegangen war, sie wie üblich an meinem Arm zu haben, es mich aber nicht aus der Fassung gebracht hatte, als der Groschen dann gefallen war. Stattdessen hatte ich mich im Stillen darüber gefreut, sie zu sehen. Außerdem erzählte ich ihr, wie mich beim Anblick der tanzenden Teenager Erinnerungen an unsere frühen gemeinsamen Tage überschwemmt hatten, an denen wir bei unseren Mitternachtspicknicks in Priddy miteinander verschmolzen waren. Schließlich teilte ich Kate auch noch mit, dass ich mit den Jungs zum Tummelplatz von Priddy Pools gehen würde, um dort nach Käfern und Reptilien und Kröten zu suchen. Wir wollten uns dort in die kleinen Grasmulden legen, die sich in die Landschaft eingegraben hatten, weil Mummy das so gern tat.
    »Ich werde mir auch Mühe geben, eines Tages eine neue Frau zu finden«, sagte ich, ohne recht daran zu glauben. »Ich verspreche dir aber nichts. Auf jeden Fall wird es bis dahin noch sehr, sehr lange dauern.«

KAPITEL 4
»Mummy war ganz glücklich über das Funkeln in Reefs und Finns Augen, als wir in Lappland waren«
    Ein paar Wochen nach Kates Trauerfeier kehrten wir für einen vom North-Somerset-Behindertenteam organisierten Familienspaßtag nach Plantations in Kingston Seymour zurück. »Bleib in Kontakt mit Maria und Lynne vom Behindertenteam«, hatte Kate mich gebeten, und das hatte ich auch vor.
    Maria und Lynne sind ein hervorragendes Team, und Kate hatte sich gut mit den beiden verstanden. Als es Kate sehr schlecht ging, brachten die beiden manchmal die Jungs zur Schule, was mich entlastete, weil ich dann früher zur Arbeit gehen oder Kate zu einem Termin im Krankenhaus bringen konnte. Beide hatten sehr viel Humor, der immer wieder durchblitzte, egal wie krank oder behindert die Kinder in ihrer Obhut waren.
    »Hallo Singe, hallo Reef, hallo Finn!«, begrüßte Maria uns fröhlich, als wir eintrafen.
    Die Jungs machten Stielaugen, als sie die riesige Hüpfburg, den bunt gekleideten Zauberer und den

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